Daniel Ricciardo ist in der Formel-1-Saison 2018 eine der Schlüsselfiguren auf dem Fahrermarkt. Sein Red-Bull-Vertrag läuft Ende des Jahres aus und der Australier wird für 2019 sowohl mit Mercedes als auch mit Ferrari in Verbindung gebracht. Bisher gab sich der Honey Badger gelassen, was eine Zukunftsentscheidung angeht. Doch obwohl die Saison mit drei Rennen wahrlich noch jung ist, wollen die Teams schon bald Gewissheit über die Pläne der Piloten haben.

Insgesamt sind noch vier der Top-Cockpits bei Mercedes, Ferrari und Red Bull für 2019 unbesetzt. Fix sind unter dem Strich nur Sebastian Vettel und Max Verstappen, die bereits im Vorjahr langjährigere Vertragsverlängerungen abschlossen. Bei Mercedes soll der Verbleib von Lewis Hamilton nur noch Formsache sein. Unklar ist dafür, wie es mit Kimi Räikkönen und Valtteri Bottas weitergeht. Ricciardo wird deshalb regelmäßig in eines der beiden Cockpits hereinspekuliert.

"Ich denke, der einzige Grund weshalb alle so viel darüber reden, ist, dass Max seinen Vertrag so früh verlängert hat. Das war etwas untypisch", so Ricciardo im Gespräch mit der britischen Times über die hohe Aufmerksamkeit, die ihm in der Silly Season dieses Jahr zuteil wird. Obwohl er sich deshalb ständig denselben Fragen stellen muss, kann er dieser etwas Positives abgewinnen:"Andererseits, hätte er das nicht gemacht, würde jetzt niemand darüber reden." Über ihn geredet wurde vor allem in China.

Bei seiner Fahrt zum völlig überraschenden Sieg hatte Ricciardo seine Qualitäten wieder einmal auf beeindruckende Weise zur Schau gestellt. In Sachen Pace hinkt er dem Teamkollegen seit 2017 etwas hinterher, muss im Qualiying regelmäßig Niederlagen hinnehmen. Mit seiner Rennintelligenz schafft er es dennoch, am Sonntag regelmäßig Glanzlichter zu setzen. Nach seinen in Shanghai gewohnt konsequent vorgeführten Überholmanövern streute auch Mercedes-Teamchef Toto Wolff dem 28-Jährigen wieder einmal Rosen.

"Daniel ist einer der sehr guten Fahrer und das hat er heute wieder bewiesen. Er war sehr effizient. Er hat auf seine Chancen gewartet und war aggressiv, wenn es nötig war. Es war ein sehr gutes Rennen von ihm", so der Österreicher, der laut Ricciardo - übrigens genau wie Ferrari - noch nicht für Vertragsgespräche an ihn herangetreten ist. "Nein, das sind nur Gerüchte", wiegelt der sechsmalige GP-Sieger ab. Er selbst soll in diese Richtung aber auch noch nicht aktiv geworden sein.

Formel 1 2018: Rennanalyse China GP (35:19 Min.)

Ricciardo: Wenn Mercedes oder Ferrari mich wollen, müssen sie kommen

"Ich habe ehrlich gesagt noch nicht darüber nachgedacht. Ich habe das Gefühl... wenn sie wollen, dass ich für sie fahre, sollten sie mit mir in Kontakt treten", so Ricciardo, der sich allerdings unbesorgt gibt, dass dies noch nicht eingetreten ist: "Ich bin nicht überrascht oder besorgt." Ricciardo selbst lässt bisher völlig offen, wo er sich 2019 gerne fahren sehen würde. Vor einiger Zeit hatte er erklärt, früher ein großer Ferrari-Fan gewesen zu sein. Gleichzeitig versicherte er in Shanghai: "Ich schwöre, dass ich noch nirgendwo unterschrieben habe. Selbst bei Ferrari nicht."

Der Australier mit italienischen Wurzeln im Cockpit der Scuderia, an der Seite von Ex-Red-Bull-Teamkollege Sebastian Vettel - das passt irgendwie. Ricciardo scheint mit seinem aggressiven Stil einer zu sein, der bei den Tifosi ähnlich gut ankommen könnte wie einst Gilles Villeneuve oder Jean Alesi. Er selbst betont jedoch, dass die Tradition und der Mythos Ferrari - oder auch Silberpfeil - für ihn keine Rolle spielen.

"Nein, ich will nur das schnellste Auto", so Ricciardo, der nach sieben Jahren Red-Bull-Zugehörigkeit, zwei davon bei Toro Rosso, erstmals in seiner Formel-1-Karriere frei entscheiden kann, wo er seinen nächsten Vertrag unterschreibt. "Wenn ich das schnellste Auto bekommen kann, was auch immer es ist, hat das wirklich Priorität", bekräftigt er. Dem aktuellen Kräfteverhältnis oder dem der letzten Jahre nach, würde das Mercedes oder Ferrari bedeuten.

Ferrari und Mercedes wissen um die Qualitäten Ricciardos, Foto: Sutton
Ferrari und Mercedes wissen um die Qualitäten Ricciardos, Foto: Sutton

Ricciardo: Unterschreibe nur Zweijahresvertrag bis 2020

"Die Leute sagen dann immer: Du willst also Red Bull verlassen?", sagt Ricciardo, der sogleich klarstellt: "Aber ich will Red Bull nicht verlassen. Wenn wir dieses Jahr gewinnen, dann bleibe ich bei Red Bull. Ganz einfach. Es geht im Moment wirklich nur um die Performance." Der Strahlemann aus Perth weiß, dass sein nächster Vertrag in der Formel 1 für seine Karriere richtungsweisend sein wird.

Wo ihn sein Weg hinführt, weiß er also noch nicht. Worüber er sich jedoch jetzt schon im Klaren ist, ist die Vertragsdauer: "Ich will keinen zu langen Vertrag unterschreiben, denn ich weiß nicht, wo der Sport hingeht - oder wo ich persönlich hingehe. Das Leben schreitet sehr schnell voran. Vielleicht ändern sich die Dinge. Ich will mich nicht für vier Jahre oder so verpflichten und dann irgendwann denken: Oh, ich will das eigentlich gar nicht mehr machen."

Ricciardo hat klare Vorstellungen, wie sein nächster Vertrag aussehen soll: "Idealerweise verfolge ich einen Zweijahresvertrag. Ich denke, damit würde ich mich definitiv wohlfühlen." Das letzte Jahr wäre demzufolge die Saison 2020, bevor die Formel 1 ihr Gesicht abermals verändern wird. "Das dritte Jahr wäre dann die Regeländerung. Das will ich abwarten und dann schauen, was passiert", erklärt er.

Red Bull ab 2019 mit Honda? Ricciardo hält es für möglich

Was er bei den derzeitigen Vertragsverhandlungen wohl in jedem Fall abwarten wird, ist Red Bulls Motorenwahl für 2019. Die Ehe mit Renault scheint sich abermals - und dieses Mal unter Umständen endgültig - dem Ende zuzuneigen. Mit Honda hat der Energy-Drink-Hersteller beim Juniorteam Toro Rosso bereits einen anderen Motorenlieferanten platziert - und das mit Erfolg, wie der vierte Platz von Pierre Gasly in Bahrain zeigte. "Das ist ermutigend für Honda. Es hilft sicherlich ihren Chancen, für Red Bull attraktiv zu sein", so Ricciardo.

In China ging die Renault-Power-Unit in Ricciardos RB14 am Samstag in Flammen auf. Neben dem Performance-Nachteil gegenüber Mercedes und Ferrari bereitet auch die Zuverlässigkeit weiter Sorgen. "Das sind wir aus den letzten Jahren ja leider gewohnt", gibt Ricciardo zu Protokoll. "Aber klar gibt es Optionen für das Team, was die Motoren nächstes Jahr angeht. Es ist kein Geheimnis, dass es das Team ermutigt zu wechseln, wenn Toro Rosso weiter so weit vorne fährt."

Bis Red Bull hier eine Entscheidung fällt, wird aber wohl noch etwas Zeit ins Land gehen. "Sie werden noch ein paar mehr Rennen warten, bis Europa auf jeden Fall. Dann ist der Trend bei der Performance klarer erkennbar." Ricciardo selbst hat mit der Wahl des Motors aber ohnehin nichts am Hut. "Diese Diskussionen beschäftigen uns Fahrer nicht. Mit mir hat es sowieso nichts zu tun, da ich für das nächste Jahr nicht beim Team unter Vertrag stehe." Ricciardo hat mit Max Verstappen an seiner Seite ohnehin ganz andere Prioritäten.

Verstappen bereitet Ricciardo bei Red Bull eine schwere Zeit, Foto: Red Bull
Verstappen bereitet Ricciardo bei Red Bull eine schwere Zeit, Foto: Red Bull

Verstappen-Gefahr: Ricciardo konzentriert sich auf seine Stärken

Seit seinem Wechsel zu Red Bull im Jahr 2014 genießt Ricciardo einen ausgezeichneten Ruf. Nachdem er im ersten Jahr für das Team seinen Stallgefährten Sebastian Vettel relativ klar in den Schatten gestellt hatte, wurde ihm auf Anhieb der Ruf eines Top-Piloten zuteil. Mit Max Verstappen hat er seit 2016 aber die härteste Nuss seiner Karriere zu knacken. Nachdem er 2017 vom Niederländer abgehängt wurde, gab Ricciardo selbst zu, unter dem Druck des Shooting Stars in der zweiten Saisonhälfte eingeknickt zu sein.

Für 2018 war das nicht die beste Ausgangslage, doch Ricciardo lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. "Ich bin nicht besorgt, was das angeht. Klar will ich perfekt sein, sowohl das Qualifying als auch das Rennen gewinnen. Ich will bessere Samstage haben und weiter vorne im Grid starten - und ich weiß, das ich das kann", stellt er klar, dass er sich von etwaigen Defiziten gegenüber dem Teamkollegen nicht ablenken lassen will: "Ich zerbreche mir nicht den Kopf darüber, bis ich an einen Punkt komme, an dem es meinen Sonntag ruinieren könnte."

Das Rennen ist seit jeher Ricciardos Kapital. Nur selten lässt er sich Chancen auf Podeste oder Siege durch die Lappen gehen. "Die Sonntage genieße ich jetzt mehr als je zuvor", will er sich lieber auf seine Stärken konzentrieren. "Ich liebe das Racing einfach. Alleine um den Kurs zu brettern, Qualifying, das ist schon cool. Da gibt es den Druck, die hohe Intensität. Aber mich reizt das nicht so. Aber Sonntag ist der Thrill für mich größer als je zuvor."

Ricciardo will Resultate für sich sprechen lassen

Ein Verbleib bei Red Bull ist für Ricciardo ohne Frage eine Option. Dass Verstappen seinen Vertrag bis einschließlich 2020 verlängert hat und als Lieblingskind von Dr. Helmut Marko und Red Bull gilt, macht ihm ebenfalls nichts aus. "Max bekommt viel Aufmerksamkeit und hatte ein tolles Saisonende 2017. Er wird viel gelobt, aber ich hatte nie Angst, dass es eine Nummer eins und eine Nummer zwei gibt", versichert er.

"Wenn sie das sagen würden, wäre das nichts, was ich wollen würde. Ich glaube sowieso nicht, dass es passiert. Mein Job ist sicherzustellen, dass sie nicht einmal darüber nachdenken - und das schaffe ich mit Resultaten." Der Sieg in China war zweifelsohne ein wichtiger Erfolg, um sich für die Vertragsverhandlungen in Position zu bringen. "Die beste Position, in der ich sein kann, ergibt sich aus meinen Resultaten. Je besser die sind, desto besser sind meine Optionen."

Dass die Gerüchte um seine ungeklärte Zukunft sich auf seine Performance auswirken könnten, fürchtet er nicht. "Nein, überhaupt nicht. Um Resultate zu holen, muss ich mich auf das konzentrieren, was ich mache. Jedes Jahr fokussiere ich mich auf das was ich mache und versuche, das Beste aus mir herauszuholen. Daran ändert sich nichts", versichert Ricciardo.