Ach, was hat uns dieser Junge in den letzten Jahren Spaß bereitet. Max Verstappen verlieh der Formel 1 in den letzten Jahren das gewisse etwas. Auch wenn Mercedes vorne an der Spitze Kreise um die anderen fuhr, für Aufsehen sorgte der junge Niederländer im Red Bull.

Seine Attacken riskant, oftmals an der Grenze der Legalität. Genau damit spaltete er das Fahrerlager: Genial oder gefährlich? Wunderkind oder Bad Boy? Er selbst wollte sich übrigens nicht anmaßen, sich selbst Wunderkind zu nennen. In unserer Magazin-Geschichte entschied er sich für Bad Boy.

Das Image ist auch durchaus gewollt. Dr. Helmut Marko, sein größter Fan und Förderer, sagte mir einst: "Der Verstappen erzieht sich seine Gegner." Das mag für einige stimmen, aber nicht für alle. Ein Lewis Hamilton lässt sich auf der Strecke nicht erziehen. Das hat man beim China GP gesehen.

Den missglückten Überholversuch an Hamilton fand ich nicht schlimm. Ich fand ihn mutig und geil. Besonders clever mag er nicht gewesen sein, aber nach dem Restart wusste noch niemand so genau, wie groß der Vorteil der frischen, weichen Reifen sein würde. Also wollte er die Gelegenheit beim Schopfe packen - irgendwie verständlich. Im Nachhinein hätte er sicher an anderer Stelle angegriffen.

Beim Zwischenfall mit Sebastian Vettel war das freilich anders. Er wusste schon, wie viel schneller er war. Den Ferrari-Piloten dann so rauszukegeln war einfach dumm.

Das Werk von Sebastian Vettel: Der kaputte McLaren von Jenson Button, Foto: Sutton
Das Werk von Sebastian Vettel: Der kaputte McLaren von Jenson Button, Foto: Sutton

Ist Verstappen jetzt deshalb ein Idiot? Nein. Das wusste auch Sebastian Vettel, der ihm nach seiner Entschuldigung nur bedingt böse war. Vettel selbst weiß, wie sich so etwas anfühlt. Man erinnere sich an Spa 2010, als Vettel Jenson Button abschoss. Oder Malaysia 2016, als er Nico Rosberg wichtige Punkte im WM-Kampf kostete.

Fehler passieren - allerdings nicht in dieser Häufung. China mag ein Ausrutscher gewesen sein, aber das ungestüme Rennen in Australien und der etwas zweifelhaft erklärte Abflug im Bahrain-Qualifying waren zu viel.

In den letzten Jahren, das betonte auch Dr. Marko, durfte er Fehler machen. In Red Bulls Position ging es nicht darum, Punkte zu sammeln, sondern einzelne Erfolge. In diesem Jahr geht es aber sehr wohl um etwas: Red Bull hat Chancen, um die WM mitzukämpfen. Und dann muss man sein Risikomanagement auch auf die geänderte Situation anpassen.

Daniel Ricciardo sieht seinen Teamkollegen als Wunderkind - und als tickende Zeitbombe, Foto: Motorsport-Magazin.com
Daniel Ricciardo sieht seinen Teamkollegen als Wunderkind - und als tickende Zeitbombe, Foto: Motorsport-Magazin.com

Zuletzt sah es fast so aus, als würde Daniel Ricciardo im Schatten seines Wunderkind-Teamkollegen stehen. Jetzt stiehlt Ricciardo plötzlich Verstappen die Schau. So schnell geht es in der Formel 1. Kleine Randnotiz: Ricciardo votierte bei seinem Kollegen für Wunderkind, nicht für Bad Boy. Fügte aber noch an: Er ist eine tickende Zeitbombe.

Fehlt Max Verstappen das WM-Format?

Die Frage im letzten Jahr hieß oftmals: Ist Verstappen schon WM-tauglich? Außer Jacques Villeneuve haben nicht viele daran gezweifelt. Nun fast die ganze Formel-1-Welt. Aber ähnliche Diskussionen gab es damals auch bei Sebastian Vettel. Nach seinem Button-Abschuss wurde er übrigens noch Weltmeister. Obwohl er zu diesem Zeitpunkt im Schatten von Mark Webber stand.

Irgendwie erinnert mich vieles von Max Verstappen an Sebastian Vettel. Nur, dass Verstappen noch eine Nummer extremer zu sein scheint. Vielleicht geht das komplett in die Hose - vielleicht holt das Katapult aber auch erst richtig aus.

Formel 1 2018: Rennanalyse China GP (35:19 Min.)