Ein dermaßen angespanntes Verhältnis zwischen einem frisch gebackenen Weltmeister und seinem Arbeitgeber hat die MotoGP wohl noch nie erlebt: Fabio Quartararo krönte sich Ende Oktober in Misano erstmals zum Champion der Königsklasse, seither hat sich sein Verhältnis zu Yamaha aber zunehmend verschlechtert.

Schon direkt nach seinem Titelgewinn zeigte sich Quartararo dem japanischen Hersteller gegenüber kritisch. Er hielt fest, dass die Yamaha wohl nicht das beste Motorrad der MotoGP sei. Man müsse sich nur die Ergebnisse seiner Kollegen auf der M1 ansehen, so Quartararo. Gerade einmal drei Podiumsplatzierungen gelangen den sieben weiteren Yamaha-Fahrern Maverick Vinales, Franco Morbidelli, Valentino Rossi, Andrea Dovizioso, Cal Crutchlow, Jake Dixon und Garrett Gerloff in der Saison 2021.

Quartararos Unzufriedenheit wuchs zuletzt beim Jerez-Test Mitte November weiter an. Während man etwa im Ducati-Lager über eine weitere Verbesserung der im Saisonfinish 2021 schon beinahe perfekten Desmosedici GP jubelte, zeigte sich Quartararo von der Arbeit Yamahas enttäuscht. "Vor uns liegt noch viel Arbeit, denn bislang konnte ich keinen Fortschritt erkennen", sagte Quartararo nach dem ersten Testtag und wiederholte seine Ausführungen am Tag darauf beinahe wortgleich. "Ehrlich gesagt hätte ich mir etwas mehr erwartet. Wir haben aber praktisch das exakt gleiche Motorrad zur Verfügung, wie im Misano-Test. Hoffentlich bringt Yamaha die besten Sachen erst in Sepang. Ich hoffe, dass es dort viel, viel besser wird."

Fabio Quartararo: Ich kenne meinen Wert

Der amtierende Weltmeister machte keinen Hehl daraus, dass der Winter 2021/2022 für eine weitere Zusammenarbeit mit Yamaha eine entscheidende Rolle spielt. "Ich bitte Yamaha um wichtige Dinge. Wenn sie das nicht vollständig umsetzen können, will ich zumindest eine kleine Verbesserung sehen und das Gefühl haben, dass sie es versuchen. Wenn sie aber in eine ganz andere Richtung arbeiten, dann kann das einen Einfluss auf meine Zukunft bei Yamaha haben. Ich kenne meinen Wert."

Fabio Quartararo unzufrieden: Verlässt er Yamaha? (10:16 Min.)

Den kennt auch Yamaha und würde seinen Superstar am liebsten sofort für zwei weitere Saisons binden. "Meiner Meinung nach ist es immer besser, wenn man komplizierte Verhandlungen während der Saison vermeiden kann. Deshalb werden wir bei Yamaha hier auch nicht zögern", erklärt Motorsportchef Lin Jarvis gegenüber 'Marca'. Bis Ende 2022 läuft der aktuelle Kontrakt, eine Verlängerung würde also wohl die Jahre 2023 und 2024 betreffen. "Zwei Jahre sind bei Yamaha die normale Laufzeit", so Jarvis. Zuletzt verlängerten ja etwa Marc Marquez bei Honda für vier und Brad Binder bei KTM für drei Jahre.

Doch auch mit dem Vorschlag eines neuen Zweijahres-Deals stößt Yamaha aktuell bei Quartararo auf taube Ohren. "Vor dem Sepang-Test im Februar will ich meinen Vertrag auf keinen Fall verlängern. Ich will vorher die Entwicklung des Motorrads sehen. Ob es sich verbessert hat oder eben nicht", so Quartararo.

Bestes Projekt Quartararos Ziel

Sollte diese angepeilte Verbesserung ausbleiben, muss Yamaha mit einem Abgang des Franzosen rechnen. "Ich bin für alles offen und werde mir die Angebote aller Hersteller anhören", stellte Quartararo nun in einem Interview mit der offiziellen Website der MotoGP klar. "Ich bin ein offener Typ und das gilt auch für die Leute in meinem Umfeld. Mir geht es dabei nicht darum, auf zwei unterschiedlichen Motorrädern Weltmeister zu werden. Das ist nicht mein Ziel. Ich will einfach nur im besten Projekt sein."