Lewis Hamilton ist längst Weltmeister doch für Renault geht es beim Formel-1-Finale 2019 in Abu Dhabi noch um alles. Durch Pierre Gaslys Big Point in Brasilien liegen die Franzosen in der Weltmeisterschaft nur noch acht Punkte vor Toro Rosso. Nach schwachen Trainings droht das Team rund um Nico Hülkenberg und Daniel Ricciardo Platz fünf in der Weltmeisterschaft beim letzten Rennen zu verlieren.

"Wir müssen uns das am Sonntag verdienen", sagt Hülkenberg, der dieses Wochenende sein letztes Rennen für Renault und gleichzeitig vielleicht auch seinen letzten Grand Prix überhaupt bestreiten wird. Der Emmericher landete im ersten Training auf Platz zehn, doch in der zweiten Session stürzten er und sein Team ab.

Als schnellerer der beiden Piloten in Gelb fuhr Hülkenberg auf Position 15. Auf den Best of the Rest in Form von Romain Grosjean fehlten ihm fünf Zehntelsekunden - im Mittelfeld eine Welt. "Der Morgen lief sehr gut und ermutigend, aber am Nachmittag haben wir es verloren und nicht mehr wiedergefunden. Als die Sonne unterging, ging unsere Form auch unter", so Hülkenberg mit reichlich Galgenhumor.

Die Temperaturunterschiede zwischen der Session bei Tageslicht und der bei Nacht waren für den R.S.19 zu viel. "Wir haben eigentlich nicht allzu viel geändert und am Nachmittag war die Form, die Balance und die Harmonie die wir hatten weg. Es ist ein bisschen mysteriös", ist Hülkenberg verwundert.

Ricciardo hadert mit Temperaturen in der Nacht

Riccardo hatte einen noch schwierigeren Freitag als sein Garagennachbar. Im ersten Training flog ihm zunächst die Power Unit um die Ohren. "Das war nicht der tollste Freitag. Das Problem morgens, es ist das letzte Rennen, die Laufleistung ist an der Grenze. Aber es ist okay, wir haben unseren Rennmotor noch", so der Australier.

Im FP2 büßte er als 16. drei Zehntel auf Hülkenberg ein und verlor damit noch mehr den Anschluss. "Ich würde sagen, ich habe aus dem Reifen nicht alles herausgeholt", sagt er gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Ich bin meine schnellste Runde im zweiten Versuch gefahren, und das sollte eigentlich nicht der Fall sein."

Die am Abend mit 27 Grad Celsius kühleren Asphalttemperaturen bereiteten ihm mehr Probleme als dem Teamkollegen: "Es war seltsam. Normalerweise hast du mehr Grip, wenn es kalt wird. Besonders auf der Hinterachse. Aber ich hatte mehr Übersteuern, es hat sich nicht wie erwartet entwickelt. Das war eine Überraschung."

Seine schnelle Runde auf dem Soft-Reifen ist für ihn damit kein Gradmesser: "Ich habe den Reifen auf der Out-Lap nicht gut genug bearbeitet. Er hat sich zum Start der Runde nicht bereit angefühlt. Da ist also noch Zeit drin, aber wir können nicht hoffen, dass uns das sechs oder acht Zehntel bringt."

Formel 1 Q&A: Gelingt Nico Hülkenberg ein F1-Comeback? (20:31 Min.)

Kampf gegen Toro Rosso: Renault-Piloten sehen sich in der Pflicht

Bei Hülkenberg passte das Gefühl auf dem weichen Reifen besser, doch zufrieden war er genauso wenig. "Die harten Reifen ins Arbeitsfenster zu bekommen war für mich nicht so einfach. Auf den roten war es besser. Aber die Stoppuhr lügt nicht und die sah nicht allzu gut aus", so der 32-Jährige.

Um Toro Rosso, die im FP2 mit beiden Autos in die Top-10 fuhren, Konkurrenz zu machen, muss bei Renault nach diesem katastrophalen Freitag dringend etwas passieren. "Wir haben eine Pflicht zu erfüllen und es ist schon etwas Anspannung dabei", gibt Ricciardo zu. "Die sahen heute auch nicht so schlecht aus."

Er hofft darauf, die Zeit auf eine Runde mit seinen Erkenntnissen aus dem FP2 im entscheidenden Moment im Qualifying zu finden: "Wir können sicher etwas im Setup finden. Wahrscheinlich müssen wir es aufteilen, 50 Prozent über das Setup und 50 Prozent beim Reifenaufwärmen."

"Es ist nur Freitag und unser Auto hat Potential. Wir müssen nur verstehen, was passierst ist, und das geraderücken", ist auch Hülkenberg optimistisch, dass Renault sich vor einer Niederlage gegen Toro Rosso retten kann. Allerdings sieht er noch eine Baustelle mehr als Ricciardo. "Bei den Longruns habe ich keine großen Sorgen", sagt der siebenfache Grand-Prix-Sieger.

Renault-Piloten fürchten schwaches Qualifying

"Wir müssen an beidem arbeiten", widerspricht Hülkenberg, der neben der Rennpace auch Wert auf ein starkes Qualifying legt. "Ich denke nicht, dass der Reifenabbau auf Soft so übel ist. Und normalerweise ist ein Start außerhalb der Top-10 nur dann ein großer Vorteil."

Zweikampfspezialist Ricciardo würde es trotz der von ihm gepriesenen Rennpace ebenfalls bevorzugen, wenn er nicht im Q1 ausscheidet. "Wenn wir uns irgendwo hinten qualifizieren, wird es am Sonntag auch dann nicht reichen, wenn wir auf dem Longrun schneller sind. Wir müssen mehr Pace auf eine Runde herausholen, um vor Toro Rosso zu bleiben."

Diese Art der Challenge, beim 21. Rennen der Saison noch etwas zu verlieren zu haben, hat für den Honey Badger trotz der Frustration nach den Trainings durchaus ihren Reiz: "Ich mag es, im letzten Rennen noch etwas zu haben, wofür ich kämpfen muss, anstatt nichts mehr zu haben, worum es geht. Das hält uns bei Laune."