Milliardär Lawrence Stroll rettet Force India aus der Insolvenz, übernimmt als Kopf eines Konsortiums mehrerer Investoren mit sofortiger Wirkung den britisch-indischen Formel-1-Rennstall. Die Nachricht selbst überraschte in der F1-Welt kaum jemanden, stand Stroll neben zwei anderen Konstellationen ganz weit oben auf dem Zettel der Favoriten.

Was verblüffte war das Timing. Schon am Dienstag verkündete der Insolvenzverwalter die Botschaft - keine zwei Wochen nachdem Force India Insolvenz angemeldet hatte. Plötzlich ging alles ganz schnell. Genau das sollte nun auch bei den nächsten von vielen Seiten erwarteten Schritten erfolgen.

Jacques Villeneuve: Lance Stroll soll sofort zu Force India wechseln

Das meint zumindest Jacques Villeneuve mit Blick auf den nur noch als Frage des 'Wanns' - nicht des 'Obs' - einzuschätzenden Wechsel Lance Strolls von Williams zu Force India. Geht es nach dem Kanadier sollte sein Landsmann und Sohn des Milliardärs noch in der laufenden Saison die Lager wechseln.

"Lance sollte die Saison bei Force India beenden. Er sollte nicht warten. Er sollte schon in Belgien Ende des Monats fahren", sagte der Formel-1-Weltmeister von 1997 dem 'Le Journal de Montreal' in seiner Heimat. Dort verfügen allerdings Sergio Perez - der die Insolvenz erst ermöglich, wie man in diesem Fall sagen muss - und Mercedes-Junior Esteban über Verträge bis Saisonende beim Mercedes-befeuerten Mittelfeldteam Force India.

Villeneuve: Was sind schon Verträge in der Formel 1?

Für Villeneuve kein Argument. Es handele sich eben um die Formel 1. "Und in der F1 kann alles passieren. Wir haben das schon in der Vergangenheit gesehen. Fahrerwechsel während der Saison sind machbar", meint Villeneuve. Zuletzt hatte Villeneuve den 19-Jährigen noch scharf kritisiert - nicht nur einmal.

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Doch jetzt so etwas wie ein Lob für Villeneuves Maßstäbe. "Selbst wenn er seine Höhen und Tiefen hatte seit er in die F1 kam, hat er vergangenes Jahr noch immer gute Rennen gezeigt. Es gab ein paar Funken. Das konnte er dieses Jahr nicht", so Villeneuve mit Blick auf die extremen Probleme bei Williams mit dem diesjährigen Boliden FW41."

Villeneuve: Force India in allen Belangen besser als Williams

Auch deshalb solle Stroll am besten sofort zu Force India wechseln. "Das Auto ist besser", sagt Villeneuve. Damit nicht genug: "Und er könnte bereits für nächstes Jahr vorarbeiten und den Ingenieuren von Force India Richtungsvorgaben für seinen Fahrstil unterbreiten." Ähnliches hatte erst im Vorjahr Carlos Sainz bei Renault vorgemacht, mehrfach betont, wie groß der Vorteil sei, nicht erst beim Wintertest auch noch mit Team und Abläufen warm werden zu müssen.

Force India hält Jacques Villeneuve unterdessen grundsätzlich für das inzwischen sehr viel bessere Umfeld als Williams. Das Traditionsteam, immerhin Villeneuves WM-Team - der letzte große Erfolg der Truppe aus Grove liegt somit mehr als 20 Jahre zurück -, sieht der Kanadier nicht nur mit einem, sondern gleich zwei weinenden Augen. Für die Zukunft sieht Villeneuve schwarz für die weißen Renner - gerade weil jetzt auch noch Stroll so gut wie garantiert von Bord geht.

Stroll, Martini, TV-Gelder: Williams vor riesigem Finanzloch

"Nicht nur der Verlust von Lawrence, sondern auch des Sponsors (Titelsponsor Martini zieht sich Ende 2018 zurück, Anm. d. Red.), sind vielleicht der letzte Sargnagel", so Villeneuve mit der ihm üblichen Härte. "Und das Team verliert auch noch jede Menge aus den TV-Rechten, weil sie ganz am Ende der Konstrukteurs-WM sind", ergänzt Villeneuve. Ein gewaltiges Finanzloch wird sich also auftun. "Selbst Paydriver werden da kein Geld mehr ausgeben wollen", fürchtet Villeneuve. Williams liege im Sterben.

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Ganz anders Force India "Sie sollten es mit ihrer Entwicklung jetzt leichter haben", so Villeneuve über die neuen Zeiten ohne Schulden, dafür mit frischem Geld. "Force India ist ein Team, das dieses Jahr nur keinen Fortschritt mehr gemacht hat, weil es sich das nicht leisten konnte", so Villeneuve. Die Strukturen seien aber viel besser als bei Williams. "Es ist ein Rennteam geblieben, anders als Williams", ergänzt Villeneuve über die Diversifikationen Groves in andere Sparten.

Villeneuve: Stroll kann Force India mehr helfen als Williams

Lawrence Stroll könne zudem bei Force India mehr bewirken als bei Williams, meint Villeneuve. "Er hat immer geholfen, dass Marken wachsen. Das ist eine seiner Stärken. Er konnte das bei Williams nicht, weil er eben nicht der Besitzer war. Bei Force India wird man seinen Einfluss mehr spüren, dort wird er die Entscheidungen treffen."

Noch dazu blieben durch die Rettung des Teams jetzt alle Mitarbeiter erhalten. Die erwiesen sich in der vergangenen Jahren tatsächlich als größte Stärke des Teams. Mehr als vielleicht alle anderen holte Force India so aus seinen beschränkten finanziellen Möglichkeiten. Villeneuve: "Das Talent und die kompetenten Köpfe bleiben. Sie wissen, dass die Zukunft vielversprechend ist."