Vollgas ohne Ende: Beim Frankreich GP in Le Castellet startete die Formel 1 in ihre heißeste Phase der Saison 2018. Triple-Header-Time! Nach dem Rennen auf dem Circuit Paul Ricard, dem F1-Comeback nach zehn Jahren Pause, geht es für Sebastian Vettel & Co jetzt sofort weiter zu Red Bulls Heimrennen in Spielberg.

Damit nicht genug: Nach dem Österreich GP am kommenden Wochenende verstreicht erneut nur eine Woche bis es auch in Großbritannien heißt: Lights out! Heimrennen für Lewis Hamilton in Silverstone. Drei Grands Prix also binnen drei Wochen. Vom Rennsonntag in Frankreich bis zum Start in Silverstone vergehen sogar nur 15 Tage. So intensiv, so stressig war die Formel 1 noch nie.

Es ist der erste Dreifach-Event der F1-Geschichte, bisher gab es einzig Double-Header - wie auch zwei Wochen nach dem Triple schon wieder mit den Grands Prix von Ungarn und Deutschland auf dem Hockenheimring. Zur Ruhe kommen vor der Sommerpause ist also gar nicht für Fahrer und Teams. Genau das bedeutet jedoch auch: Jetzt kann sich alles (vor)entscheiden. Für Vettel, Hamilton und Ricciardo. Für Ferrari, Mercedes und Red Bull.

Doch wie ist die Ausganglage bei den drei Top-Teams? Welche Erwartungen, Hoffnungen machen sich die Fahrer und Teamchefs für die kommenden drei Rennen, die Möglichkeit 75 WM-Punkte in nur drei Wochen zu machen? Motorsport-Magazin.com mit dem ultimativen Ausblick.

Mercedes: Triple-Header mit frischer Power hungriger denn je

Der Weltmeister nimmt die volle Ladung F1 zum Anlass, den - trotz WM-Führung - bislang als nur durchwachsen empfundenen Saisonstart wieder auszumerzen. "Der Große Preis von Frankreich stellt das erste Rennen des 'Triple-Headers' dar, der alle Formel 1-Teams bis an die Grenzen der Belastbarkeit bringen wird. Gleichzeitig bietet er aber auch die Gelegenheit, um innerhalb von drei Wochen jede Menge Punkte einzufahren - und genau das haben wir uns vorgenommen", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Österreich GP (06:33 Min.)

Doch wie sind die Voraussetzungen, dieses Ziel zu erreichen? Auf dem Papier erst einmal ziemlich gut. Paul Ricard, Red Bull Ring, Silverstone - allesamt Power-Strecken. Vorteil gegenüber Red Bull. Aber auch gegen Ferrari? Möglich. Denn noch dazu gibt es auf allen drei Kursen durchaus schnelle Kurven, die Vollgas gefahren werden. Das bringt einer besseren Power Unit fast noch mehr, gerade bei den Silberpfeilen mit dem so effizienten Mercedes F1 W09 EQ Power+.

Noch dazu brachte Mercedes das in Kanada noch ausgefallene Motoren-Upgrade in Frankreich an den Start, das auch noch in einer besseren Version als es in Kanada möglich gewesen wäre, so die Silberpfeile. Obendrein liefert Pirelli auf zwei der drei Strecken (Paul Ricard, Silverstone) wegen des sanften bzw. neuen Asphalts erneut seine spezielle, minimal dünnere Reifenmischung. Mit dieser hatte Mercedes beim bislang einzigen Einsatz in Barcelona dominiert. Allerdings stehen sowohl in Frankreich (weicher) als auch Großbritannien (härter) gegenüber Spanien andere Härtegrade zur Verfügung. Das könnte das Bild verändern, zumal die Konkurrenz, allen voran Ferrari, bei Testfahrten nach dem Spanien GP ohnehin noch einmal nachjustieren konnte, um die großen Probleme zu verstehen und zu lösen. In Frankreich jedenfalls war Mercedes die Nummer eins, was insgesamt auf eine Kombination der Dinge zurückzuführen ist (Reifen, neue Power Unit, Aero-Updates, Strecke).

Streckenlayouts, Reifen, Motor-Upgrades - für Mercedes scheint beim Triple-Header also jede Menge zu sprechen. Doch rosig sieht es dennoch nicht zwingend aus. Mehr denn je gilt es 2018, die tatsächliche Performance auch perfekt umzusetzen. Diese schmerzvolle Erfahrung machten die Silberpfeile inzwischen bereits mehrfach, etwa in Kanada. "Für Frankreich sind wir jetzt ganz klar nicht die Favoriten, das ist Fakt", formulierte Valtteri Bottas ungewohnt scharf. "Ich bin das Gegenteil von zuversichtlich. Das war ein großer Weckruf für jedes einzelne Teammitglied", mahnte Wolff in Montreal mit Blick auf die nun kommenden Rennen.

Eine Woche später klingt der Österreicher wieder etwas positiver: "Wir haben das Wochenende ausgewertet und verstanden, warum wir uns dort nicht besser geschlagen haben." Doch Wolff stellt klar: "Das ändert nichts daran, dass wir dort Punkte haben liegen lassen. Diese Saison erlebt einen intensiv geführten Wettkampf und wir müssen an jedem Wochenende in Topform sein, um Rennen zu gewinnen und am Ende um die Weltmeisterschaft mitzukämpfen", weiß Toto Wolff.

In Frankreich gelang das Mercedes schoneinmal mustergültig. Darauf ausruhen wird man sich jedoch mitnichten. "Die Ergebnisse der letzten Rennen zeigen, dass es auf die Details ankommt - in dieser Saison mehr denn je. Sowohl in Montreal als auch in Le Castellet nahmen kleinste Unterschiede Einfluss auf das Ergebnis. Um zu gewinnen, musst du jedes noch so kleine Detail richtig hinbekommen", mahnt Toto Wolff abermals, auch vor dem Rennen in Spielberg.

"Auf dem Papier sollten wir uns in Österreich in einer guten Ausgangslage befinden. Wir hatten das schnellste Auto in Frankreich und wir haben in der Vergangenheit gute Leistungen in Spielberg gezeigt. Aber in diesem Jahr darf man nichts als selbstverständlich ansehen. Dafür liegt die Performance der drei Top-Teams viel zu eng zusammen"

Ferrari-Ass beim Triple-Header: Unser Auto geht überall

Die Scuderia lag vor dem Triple-Header in der Team-WM zwar hinter Mercedes, verlor in Frankreich noch etwas weiter an Boden, doch bei den Fahrern hatte Sebastian Vettel durch den Sieg in Kanada die Spitze wieder erobert. In Frankreich aber gleich wieder verloren, jedoch nicht durch mangelnde Performance des Ferrari, sondern einen Fehler am Start. "Das ist ein netter Nebeneffekt, aber der Sieg ist heute wichtiger. Aber wenn du gewinnst, holst du eben auch mehr Punkte. Aber es sind noch viele, viele Rennen", kommentierte Vettel noch in Kanada. Genauso wenig ging für den Ferrari-Piloten dann in Frankreich beim erneuten Verlust der WM-Spitze die Welt völlog unter.

"Nicht alles ist verloren", meint auch Liberty Medias Ross Brawn. "Sogar weit davon entfernt, besonders, weil das Auto gezeigt hat, dass es auf dem höchsten aller Level sehr konkurrenzfähig ist. Aber die Wahrheit ist eben auch, dass Ferrari gegen einen so starken Rivalen wie Mercedes 100 Prozent abliefern muss, um eine Chance zu haben, auf Dauer zu gewinnen."

Genau das weiß auch Vettel, denkt trotz des großen Batzens zu holender Punkte im Tripe-Header weiter langfristig. "Wir hatten einige Verbesserungen, aber wir brauchen weiterhin noch mehr. Es wird jetzt ein hartes Rennen und wir müssen in einer Position bleiben, in der wir kämpfen können. Wir haben in Monaco gesehen, dass wir auch dort stark sein konnten. Das Wichtigste ist, dass das Auto überall funktioniert hat, wohin wir gekommen sind", erklärt Vettel.

Der Deutsche sieht sich mit Ferrari also auch in Sachen Aero-Effizienz kampfbereit gegen Mercedes. Doch vor allem die Konstanz, die Stärke auf jeder Strecke bislang (mit Ausnahme von Barcelona vielleicht), ist es, was die Konkurrenz vor Ferrari warnen lässt. "Ferrari war sehr konsistent", mahnt etwa Lewis Hamilton. "Wir waren etwas langsamer als Ferrari", bestätigt Bottas, hat damit jedoch vorrangig Montreal im Kopf. Noch dazu sei Ferrari in Sachen Benzinverbrauch starker gewesen. Beim Triple-Header-Auftakt in Frankreich sah das aber wieder anders aus, Motor-Update, anderer Reifen, Strecke und Co. sei Dank.

Konkret vorhersehen könne er das allerdings nicht. Genauso wenig Landsmann Kimi Räikkönen. Zumindest wegen der für Ferrari in Spanien so heiklen dünneren Reifen macht sich der Iceman jedenfalls mal so gar keinen Kopf für Frankreich und Silverstone. "Ich weiß nicht einmal, welche Reifen wir dort haben", tut der Finne das Thema ab. "Es hängt sowieso mehr vom Wetter und Streckenbelag ab, von vielen Dingen." Und Teamchef Maurizio Arrivabene? Klingt wie Mercedes-Pendant Wolff, nur ohne Drama: "Wir sind alle mehr oder weniger zusammen. Es ist dieses Jahr ein großer Kampf. Wir müssen die Füße auf dem Boden halten und arbeiten."

Formel 1 2018: Frankreich Grand Prix Analyse (34:57 Min.)

Power-Strecken: Fällt Red Bull beim Triple-Header zurück?

Der großen Ablenkung vom sportlichen Geschehen hat sich Red Bull mit der Bekanntgabe der Motorenzukunft mit Honda schon vor dem Triple-Header elegant entledigt. Doch sieht es dennoch weniger gut aus für die Truppe aus Milton Keynes als bei den jüngsten Events auf den Straßenkursen von Monaco und Montreal? "Da waren Risiko und Genugtuung viel großer", deutet Daniel Ricciardo erst einmal nur an.

Das wahre Problem bringt Teamkollege Max Verstappen dann konkreter auf den Punkt. "Soweit ich es sehe, ist es eine Power-Strecke mit langen Geraden", so der Niederländer über den Triple-Auftakt Frankreich. In Spielberg ist das nicht anders. Auch in Silverstone gibt es zumindest zwei lange Geraden und viele Vollgas-Ecken.

Verstappen erwartet also das übliche: Red Bull wird wegen Renault-Nachteil wieder mehr verlieren als das starke Chassis ausgleichen kann. Wobei das zuletzt in Kanada - ebenfalls Power-Strecke - eigentlich ganz gut gelang. Überraschend fuhr Verstappen im Qualifying vorne rein, vor einen Mercedes, vor einen Ferrari. Ohne Party-Modus.

"Was an Motorleistung noch fehlt, gleichen wir Chassis-mäßig aus", meinte deshalb Motorsportberater Dr. Helmut Marko im Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Chassis-mäßig sind wir vorne!" Auch Daniel Ricciardo gibt sich plötzlich auch für Power-Strecken optimistisch. "Es ist normalerweise eine starke Mercedes-Strecke. Deshalb ist es für uns ein kleiner Sieg, ihnen ein paar Punkte wegzuschnappen und sehr ermutigend für die nächsten Rennen", so der Australier.

Die Konkurrenz hat das ebenfalls registriert, sorgt sich jedoch nicht dramatisch. "Ich denke wir waren bei der Rennpace schon ganz eng zusammen mit Red Bull, vielleicht etwas schneller", widerspricht Bottas Helmut Marko. Auch Hamilton sieht in Red Bull noch keinen Gegner wie Ferrari. Weil die Bullen bislang die größte Ferrari-Stärke vermissen ließen. "Es ist sehr eng. Red Bull ist hier da auch dabei", so Hamilton über das größere Auf und Ab, je nach Strecke, bei Red Bull.