Die bereits angespannte Material-Situation bei Williams verschärft sich weiter. Nachdem man in Australien aufgrund eines mangelnden Ersatzchassis Logan Sargeant bereits zum Zuschauen verdammte und dieser im 1. Freien Training des Japan GP mit einem weiteren Unfall für die nächste Schrecksekunde sorgte, musste das britische Traditionsteam bereits in der ersten Runde Rennens den nächsten Schlag im Kampf gegen den Materialmangel einstecken.

Ricciardo crasht mit Albon - Sargeant verhindert Katastrophe

Bereits nach vier Kurven krachte es bei Williams erneut. Alexander Albon riskierte auf den schnelleren Reifen einen Überholversuch an der Außenseite von Daniel Ricciardo. Der übersah allerdings den heranrauschenden Williams-Fahrer. Albon wurde von der Strecke gedrängt und es kam zur Berührung. Beide Fahrer flogen in den Reifenstapel auf der rechten Seite ab, blieben dabei allerdings unversehrt.

Sofort war klar, dass Albon nicht mehr an dem Rennen würde teilnehmen können. Seine komplette vordere Radaufhängung war gebrochen und im Reifenstapel verschwunden. Ein Kameraschwenk in die Williams-Garage verdeutlichte die aktuell angespannte Situation. Reihenweise hatten die Mechaniker ihre Arme über dem Kopf, konnten es nicht fassen, dass schon wieder eines ihrer Autos zerstört worden war. Williams-Teamchef James Vowles und Alexander Albon versuchten sich angesichts des Schadens nach dem Rennen einer ersten Analyse ob der Tragweite des Unfalls.

"Der Einschlag an sich war mit relativ niedriger Geschwindigkeit, aber es geht um die Art und Weise, in der ich die Reifenwand getroffen habe", erklärte Albon nach dem Rennen. "Normalerweise haben wir diese Plastikbarrieren, aber diese war viel tiefer und sie hat ziemlich heftig abgebremst. Es sieht so aus, als ob vorne rechts wieder ein kleiner Schaden entstanden ist. Das ist natürlich ein kompletter Zufall, aber mal sehen, wie schlimm es ist", ergänzte sein Teamchef James Vowles.

Beinahe hätte der verbleibende Williams-Pilot in Rennen, Logan Sargeant, die Katastrophe für das Team perfekt gemacht. In Runde 42 verschätzte sich der US-Amerikaner am Eingang von Kurve 9 und machte einen Ausflug in das Kiesbett. Sargeant kam gerade noch rechtzeitig vor der Bande zum Stehen und fuhr im Rückwärtsgang auf die Strecke zurück. Bitter für den angezählten Jungspund, da dieser bis dahin ein durchaus solides Rennen fuhr. Doch der Ausritt in den Kies ruinierte seine Chancen auf ein Top-10-Ergebnis.

James Vowles frustriert: Williams-Unfälle machen alles zunichte

Doch auch ohne die komplette Katastrophe ist die Lage bei Williams aktuell andere als rosig. Teamchef James Vowles traf über die Winterpause eine riskante Entscheidung. Das britische Traditionsteam steckte alle Ressourcen in die Entwicklung des FW46, stellte den Boliden erst kurz vor dem Start der Testfahrten fertig. Ein Ersatzchassis blieb dabei auf der Strecke. Die Entscheidung rächte sich das erste Mal in Australien, durch die kontroverse Entscheidung Alexander Albon das intakte Chassis von Logan Sargeant zu geben. Doch mittlerweile ist klar: Kein Ersatzchassis geabaut zu haben, wird sich auf die ganze Williams-Saison 2024 auswirken.

Dadurch, dass die Ingenieure in Grove zunehmend mit dem Zusammenflicken des aktuellen und dem Aufbau eines neuen Chassis alle Hände voll zu tun haben, bleiben die Upgrades auf der Strecke. "Wir können nicht so viele Updates für das Auto bringen. Wir müssen diese Ressourcen wieder aufstocken und wieder in Gang kommen", erklärte ein sichtbar frustrierter Vowles nach dem Japan GP. "Du arbeitest so hart daran, das Auto so früh in der Saison zu verbessern, und zwei Unfälle machen das alles für dich zunichte."

Der kaputte Williams FW46 von Alex Albon kehrt auf dem Abschlepp-Laster zurück in die Australien-Boxengasse
Hoher Teileverschleiß bei Williams, Foto: Williams F1

Er fuhr fort: "Wenn ein Team drei schwere Unfälle hat, bei denen so ziemlich die gesamte Ausrüstung des Autos zerstört wird, ist das enorm. Wenn man das über die Saison hinweg betrachtet, kann man damit umgehen. Aber wenn es nur ein paar Rennen betrifft, ist es schwierig. Die letzten zwei Wochen waren sehr hart."

Williams weiter ohne Ersatzchassis: Wie ist die Lage für den China GP?

In zwei Wochen geht es für den Formel-1-Tross nach über vier Jahren wieder zurück nach China. Für Williams wird die Zeit zwischen den beiden Asien-Rennen zu einer Zerreisprobe. Das britische Traditionsteam hat weiterhin kein einsatzfähiges Ersatzchassis. Das soll erst ein Rennen später in Miami fertiggestellt sein - so zumindest die Wasserstandsmeldung vor dem Albon-Crash.

Fatal ist, dass die beschädigten Teile von Albons Unfall-Chassis wohl nicht wiederverwertet werden können. "Hoffentlich können wir einige dieser Teile wiederverwerten, aber sie sind so gut wie verloren", gab Vowles zu. Einen Hoffnungsschimmer gab es allerdings doch. Eine ersten Analyse nach soll das Albon Chassis nicht irreparabel beschädigt worden sein. Das Albon-Chassis wird zur Reparatur zurück in die Fabrik gebracht.

"Für mich sieht es so aus, als ob es repariert werden könnte, aber das war nur auf den Bildern zu sehen", sagte Vowles. "Wir stellen im Hintergrund so schnell wie möglich Ersatzteile her, aber letztendlich wird es einen Einfluss auf die Leistung haben."

"Es ist kein Geheimnis, dass wir es im Moment schwer haben, mit der Vergangenheit, die wir hinter uns haben. Das wird uns mit Sicherheit schaden", sprach auch Alexander Albon, der seinen Mechaniker erneut einiges an Arbeit aufhalste. "Jeder im Team schuftet und vollbringt wahre Wunder, damit die Autos rechtzeitig gebaut, vorbereitet und fertig werden. Darauf müssen wir uns jetzt leider auch noch ein bisschen länger verlassen."