Viele Wegbegleiter und auch Menschen, die Ayrton Sennas Leben nur kurz streiften, haben versucht, sich trotz der Tragödie in Imola 1994 das Gute zu bewahren und an den positiven Erinnerungen festzuhalten. "Er war ein ganz einfacher und ruhiger Mann. Er mag auch ein begnadeter Rennfahrer gewesen sein, aber noch viel besser war er als Mensch", erinnert sich Anna Luisa Tosoni, Besitzerin des Hotels Castello in Castel San Pietro Terme.

Es ist jenes Hotel, in dem Ayrton Senna zwischen 1989 und 1994 immer abstieg, wenn er zum Grand Prix in Imola reiste. Nur zehn Kilometer entfernt vom Autodromo, lockte der moderne Hubschrauberlandeplatz des Anwesens seinerzeit die F1-Teams an. Senna war erst mit McLaren, später mit Williams Gast und verbrachte hier, in Zimmer 200, seine letzte Nacht - Eine mehr als traurige, da in der Qualifikation zum Rennen am Samstag doch Roland Ratzenberger in der Villeneuve-Kurve tödlich verunglückt war.

Der schockierte Senna war auf Grund der dramatischen Umstände und des großen Presseandrangs an jenem 30. April am Abend erst später als geplant ins Hotel zurückgekehrt. In der Lobby traf der Brasilianer dabei auf das frisch getraute Brautpaar Tinarelli, das ausgelassen feierte und von der Tragödie auf der Rennstrecke noch nichts mitbekommen hatte.

Die letzten Stunden einer Legende

Trotz seiner Trauer und Bestürzung ließ es sich der Williams-Pilot nicht nehmen, den Eheleuten zu gratulieren und kurz für ein gemeinsames Erinnerungsfoto zu posieren, ehe er auf seine Suite verschwand, um noch lange mit seiner damaligen Freundin Adriane Galisteu in Portugal zu telefonieren. Heute erinnern unzähliger Zeitungsausschnitte, Erinnerungen und Fotos an den Besuch des Weltstars.

Zwischen Senna und Tosonis Ehemann Valentino, der bereits vor über zwanzig Jahren verstarb, hatte sich mit der Zeit eine Freundschaft entwickelt. Der Hotelier sprach fließend Portugiesisch, was beim Brasilianer Senna natürlich Heimatgefühle weckte. "Er war eine ganz liebenswürdige und auch großzügige Person", erinnert sich Anna Luisa Tosoni. "Wann immer er gekommen ist, hat er uns Karten für das Fahrerlager mitgebracht, obwohl wir ihn nie darum gebeten haben. Selbst als ich wegen der Geburt meines ersten Kindes im Krankenhaus lag, hat er trotz seines vollen Terminkalenders am Rennwochenende noch daran gedacht, mir einen großen Blumenstrauß zu schicken."

Hotelbesitzerin Anna Luisa Tosoni erinnert sich noch gut an Senna, den Weltstar zum Anfassen, Foto: Frederik Hackbarth
Hotelbesitzerin Anna Luisa Tosoni erinnert sich noch gut an Senna, den Weltstar zum Anfassen, Foto: Frederik Hackbarth

Da die Faszination für ihren prominenten Gast auch drei Dekaden nach seinem Tod nicht abgenommen hat und immer noch viele Senna-Fans zum Hotel pilgern, hat Tosoni eine Gedenkstelle für den dreifachen Weltmeister errichtet, wo Erinnerungsstücke ausgestellt sind. Darunter ein maßstabsgetreues McLaren Honda-Modell, das Senna selbst den Kindern der Hotelbesitzerin geschenkt hat.

Das Zimmer 200, in dem Senna seine letzte Nacht verbracht hat, trägt mittlerweile den Namen Ayrton Senna Suite. "Es ist ein Raum, den viele Fans sehen wollen und noch immer buchen, um sagen zu können: Ich war dort", heißt es auf der Webseite des Hotels. "Es besteht kein Zweifel, dass im Laufe der Zeit eine untrennbare Verbindung zwischen Imola, dem großen Weltmeister und der Suite 200 entstanden ist. Unsere Absicht ist es jedoch nicht, aus dem Zimmer einen heiligen Tempel zu machen, sondern lediglich eine weitere Möglichkeit zu schaffen, sich an die Einfachheit eines spezieller Mannes zu erinnern."