"Es ist die Formel 1. Wenn du vorsichtig bist, bist du im Nirgendwo. Du musst dich anstrengen, zuversichtlich sein und hoffen, dass nichts schief geht." Das waren am Donnerstag noch die Worte von Logan Sargeant, der, nachdem er in Australien zum Zuschauen verdammt war, in Suzuka wieder angreifen wollte. Doch auch in Japan sollte sich der Katastrophen-Saisonstart des jungen US-Amerikaners fortsetzen.

Sargeant crasht auch in Japan: Ein dummer Fehler

Es dauerte gut 30 Minuten, ehe Logan Sargeants Hoffnungen bereits im 1. Freien Training wieder erschüttert wurden. Am Ausgang von Kurve 7, also nach der berühmten S-Sektion des ersten Sektors, verschätzte sich der Williams-Fahrer am Scheitelpunkt und rutschte über das Kiesbett in der Reifenbarriere. Er schlug mit der Vorderachse ein und kam nach einem Dreher im Kiesbett zum Erliegen.

"Ich habe das Auto an einem Punkt platziert, von dem ich nicht wusste, dass ich dort war. Es ist ein dummer Fehler, der mir nicht passieren sollte, vor allem im FP1", gab Sargeant anschließend zu. "Zum Glück war es nicht derselbe Fehler wie letztes Jahr, ich habe nicht zu viel gewollt. Dennoch habe ich dem Team einen Schaden hinterlassen. Aber es hätte auch schlimmer ausgehen können."

Auch für Williams-Teamchef James Vowles ist der Unfall von diesem Jahr nicht mit dem der vergangenen Saison zu vergleichen, als Sargeant im Qualifying in der letzten Kurve in der Wand einschlug. "Es war eine ganz andere Art von Fehler, und zwar ein frustrierender, denn er war nicht am Limit dessen, was das Auto leisten konnte. Da war viel mehr Kurvenpotenzial drin", erklärte Vowles. "Er wusste einfach nicht, wo das Auto auf der Strecke lag im Vergleich zu dem, wo er es erwartet hatte."

Das Training musste mit einer roten Flagge unterbrochen werden. Während Sargeant den Walk-of-Shame zurück an die Box machte, fürchteten seine Mechaniker bereits das Schlimmste. Der 23-jährige war ohnehin schon mit dem zusammengeflickten Unfall-Chassis von Alexander Albon aus Australien unterwegs. Williams hatte auch in Japan kein drittes Chassis dabei. Das soll erst in Miami fertig sein. Bei einem heftigeren Schaden hätte Sargeant mitunter das zweite Mal in Folge beim Rennen zuschauen müssen - diesmal nach einem eigenen Fehler.

Williams-Duo Logan Sargeant und Alexander Albon im Paddock
Beinahe musste Logan Sargeant erneut im Rennen zuschauen, Foto: LAT Images

James Vowles gibt Entwarnung: Williams-Chassis intakt

Zwischen dem 1. und dem 2. Freien Training konnte Williams-Teamchef James Vowles Entwarnung geben. "Das Chassis ist zum Glück in Ordnung, aber ich würde sagen alles andere ist es nicht", erklärte Vowles auf der Teamchef-Pressekonferenz. Unbedeutend ist der erlittene Schaden allerdings nicht. "Die komplette Radaufhängung und das Getriebe ist kaputt. Es ist ein großer Schaden."

Die Williams-Mechaniker konnten Sargeants FW46 nicht rechtzeitig für das 2. Freie Training reparieren. Erneut war für den US-Piloten zuschauen angesagt. Ein kleines Trostpflaster dürfte sein, dass im FP2 ohnehin kaum gefahren wurde. Durch wechselhaften Bedingungen nahm die Königsklasse des Motorsports kaum an der zweiten Trainingseinheit teil. Sargeants Teamkollege Albon brachte am Ende vier Runden und keine Rundenzeit zu Stande.

Nach Demütigung in Australien: Hat Williams Sargeant das Selbstvertrauen genommen?

Dass die Entscheidung, Sargeant das Auto trotz fehlerloser Vorstellung in Australien abzunehmen, schwer für ihn war, gab der junge US-Amerikaner bereits in Melbourne zu und bezeichnete die Entscheidung seines Teams als den härtesten Moment in seiner Karriere. Auch in der Formel-1-Welt schieden sich die Meinungen, ob Williams die richtige Entscheidung getroffen hatte. Die Befürchtung: Logan Sargeants Selbstvertrauen könnte angesichts des klaren Statements seines eigenen Teams nun komplett im Keller sein. Ist der Unfall von Japan eine Folge des erschütterten Selbstbewusstseins, oder ein 'typsicher' Sargeant-Fehler?

"Es [das Selbstvertrauen, d. Red.] war auf keinen Fall zerstört", verneinte Sargeant vehement. "Wenn überhaupt, bin ich nach einer Woche Pause hier angekommen und habe mich so frisch und bereit wie noch nie gefühlt. Der Unfall hat nichts damit zu tun. Es war ein Fehler bei der Sicht."

Auch Teamchef Vowles sieht keine Selbstvertrauens-Probleme bei seinem Schützling. "Wir haben ihn ohne eigenes Verschulden in eine sehr schwierige Situation gebracht, mit der er umgehen musste", erklärte Vowles zunächst. "Aber er war in dieser Woche und auch gestern Abend, als ich ihn gegen 21 oder 22 Uhr anrief, in einem sehr guten Geisteszustand. Er wollte einfach nur wieder ins Auto steigen und losfahren, aber nicht mit der Absicht, der Welt zu beweisen, dass er einen Stammplatz verdient hat, sondern einfach mit seiner normalen Einstellung."

Für den Teamchef hätte der Unfall in Japan auch ohne die Australien-Vorgeschichte passieren können. " Ich glaube also nicht, dass wir hier eine Reaktion von jemandem gesehen haben, der nicht in Melbourne gefahren ist. Ich denke, es war eher eine Situation, die jederzeit hätte eintreten können."

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