Ein Podium in der Rookie-Saison? Das schafften in der Formel 1 zuletzt Lance Stroll 2017 und Kevin Magnussen 2014. Beinahe gelang Oscar Piastri beim Heimrennen seines McLaren Teams in Silverstone genau dieses Kunststück. Der Australier war lange Zeit auf Kurs zum dritten Platz. Dann fackelte ausgerechnet Magnussens Bolide ab und die Rennleitung rief das Safety-Car auf die Strecke. Piastri hatte seine Reifen bereits gewechselt, einige Konkurrenten noch nicht. Und jetzt fragt sich jeder: Hätte der Australier ohne das Safety-Car auf dem Podium gestanden?

Piastri startete den Großen Preis von Großbritannien von Platz drei aus. Gemeinsam mit Lando Norris erwischten beide McLaren-Fahrer einen sehr guten Start, aber nur Norris konnte an Max Verstappen vorbeiziehen. Eine halbe Runde später scherte Piastri vor Copse aus, der zweifache Weltmeister hielt den Atem an: "Bitte, bitte untersteuere nicht", dachte sich Verstappen in diesem Moment, wie er im Cooldown-Room später erzählte. Doch Verstappen ließ Platz und Piastri zog ebenso zurück.

Verstappen überholte wenige Runden später Norris und Piastri begann sich hinter seinem Teamkollegen einzugrooven. In Runde 29 lag der Australier 3,2 Sekunden hinter Norris und steuerte Ende der Runde die McLaren-Box an, um von den Medium-Reifen auf die harte Reifenmischung zu wechseln. Die Boxenstopps von Fernando Alonso, Lewis Hamilton, Norris und Verstappen, die in Runde 32 vor Piastri lagen, standen noch aus und bereinigt war der Australier Dritter.

Hamiltons Vorsprung reichte gerade so

Doch dann brannte Magnussens Ferrari-Motor, eine (Virtual)-Safety-Car-Phase folgte und das eigentlich 19 Sekunden lange Boxenstopp-Delta betrug nur noch 9 Sekunden. Hamilton lag indes aber 10 Sekunden vor Piastri. Der Australier sah den Lokalmatadoren vor seiner Nase aus der Box fahren und der dritte Platz war verloren. Ohne die Neutralisierung wäre Piastri also wohl vor Hamilton gelandet. Stattdessen wurde Piastri "nur" Vierter.

Ebenfalls bitter: Ein Safety-Car per se hätte nicht das Ende der Podest-Träume bedeutet. Auf frischen Reifen war Piastri pro Runde eine Sekunde schneller als Hamilton. Ein Safety-Car-Einsatz zwei Runden später und Hamilton hätte sich hinter Piastri einreihen müssen. Dann allerdings hätte sich Piastri auf älteren harten Reifen gegen Hamilton auf frischen weichen Reifen durchsetzen müssen. Dem erfahrenen Teamkollegen war das auf frischen harten Reifen nur unter Schwerstarbeit gelungen.

Brown: Piastri hatte Podium mehr als verdient

Piastri war sich nach dem Rennen bewusst, dass er am ganz großen Coup vorbeigeschrammt war: "Es ist bittersüß. Aber mit einem vierten Platz wegen eines ungünstigen Safety-Cars unzufrieden zu sein, so ein Dilemma habe ich gerne." McLaren-CEO Zak Brown zeigte angesichts des Pechs viel Mitgefühl: "Er hätte das Podium so verdient gehabt. Das war einfach schade. Aber wenn ich mir ansehe, wie er fährt, dann hat er noch eine Menge Podestplätze vor sich", ermutigte Brown seinen Youngster.

Trotz ausreichender Gründe war Piastris Stimmung aber alles andere als getrübt: "Letztes Wochenende war ich im alten Auto einer der Langsamsten. Das neue Auto ist um Welten besser. Um die Top-Drei zu kämpfen, davon hätte ich am letzten Wochenende nur träumen können."

30 Punkte und rundum glückliche Gesichter bei McLaren, Foto: LAT Images
30 Punkte und rundum glückliche Gesichter bei McLaren, Foto: LAT Images

Aufmunternde Worte fand auch der eigene Teamkollege für die Leistung des 22-Jährigen: "Oscar war das gesamte Wochenende in einer top Verfassung. Außerdem war er nicht nur hier stark. Seit Tag eins liefert er ab." Gemeinsam sammelten die McLaren-Piloten 30 Punkte und zogen in der Konstrukteurs-WM an Alpine vorbei. "Er pusht mich extrem und das ist auch gut für das Team, weil er so die Messlatte höher legt", lobte Norris die Leistung von Piastri.