Valtteri Bottas war in Silverstone einmal mehr der tragische Held der Formel-1-Saison 2018. Der Mercedes-Pilot hatte abermals den Sieg vor Augen und stand am Ende doch wieder mit leeren Händen da. Platz vier war nach viel Führungsarbeit inklusive harter Gegenwehr im Kampf mit Sebastian Vettel für ihn nur enttäuschend.

"Ich habe wirklich alles versucht um vorne zu bleiben und musste mit Runden wie im Qualifying pushen. Ich habe mein Bestes gegeben, doch es war nicht genug", war Bottas angesichts des Ausgangs seines Rennens untröstlich. Nach China, Bahrain und Aserbaidschan war es bereits das vierte Mal in diesem Jahr, dass ihm der Sieg knapp durch die Lappen ging. In Frankreich und Österreich nahmen ihm zuletzt eine Kollision mit Vettel und ein Getriebeschaden früh alle Chancen auf ein Top-Resultat.

In Silverstone hatte Bottas nach den Trainings und dem Qualifying eigentlich nicht unbedingt zum engeren Favoritenkreis gezählt. Mit einem starken Start brachte er sich jedoch gleich zu Beginn in die Verfolgerposition hinter Vettel. Zunächst konnte er die Pace des Ferrari-Piloten nicht mitgehen. Gegen Rennhalbzeit begann das nach der Starkollision zwischen Räikkönen und Hamilton einzige verblieben Mercedes-Eisen im Kampf um den Sieg aber Druck zu machen.

Silverstone 2018: Wieder Strategie-Fehler von Mercedes? (07:12 Min.)

Bottas und Mercedes zocken sich zur Führung: Kampf mit Vettel gutes Racing

Die durch den Unfall von Marcus Ericsson in der 31. Runde ausgelöste Safety-Car-Phase gab Bottas und seinem Team die Chance, mit einem Reifenpoker die Führung von Vettel zu übernehmen. Während Ferrari sich für einen zweiten Boxenstopp und den Wechsel zurück auf Soft-Reifen entschied, blieb Bottas auf seinem in der 21. Runde aufgezogenen Medium-Reifen draußen.

Bottas meisterte sowohl den ersten Restart als auch den zweiten nach dem Unfall zwischen Grosjean und Sainz. Die ersten Angriffe Vettels wehrte er mit einer von ihm selten gesehenen Aggressivität erfolgreich ab. "Es war eigentlich ein guter Kampf und gutes Racing... bis er vorbeigegangen ist", so Bottas, der sich in der 46. Runde bei der Anfahrt auf Brooklands den Angriffen Vettels geschlagen geben musste.

Bottas steht zur Mercedes-Strategie: War unsere einzige Chance

"Zu Anfang lief es gut, ich hatte alles unter Kontrolle. Aber dann waren es fünf Runden zu viel", so Bottas, dessen deutlich älteren Reifen am Ende schlichtweg die Puste ausging. "Ich hatte keine Chance. Es hat sich wie auf Eis gefahren." Nachdem Vettel durch war, dauerte es auch nicht lange bis Teamkollege Hamilton und der zweite Ferrari von Räikkönen ihn kassierten.

Die Kritik an der Entscheidung von Mercedes, Bottas beim Safety-Car nicht für einen zweiten Reifenwechsel an die Box zu holen, ließ nicht lange auf sich warten. Doch Bottas sah dieses Mal keine Fehlentscheidung seines Kommandostandes. "Wir mussten das Risiko eingehen, wenn wir die Führung haben wollten. Es war unsere einzige Chance. Und als wir die Entscheidung getroffen haben, war ich derselben Meinung wie das Team", so der 29-Jährige.

Er und seine Strategen hatten dem Medium-Reifen auch ohne entsprechende Erfahrungswerte die restliche Renndistanz zugetraut: "Wir hatten im Training keinen Longrun mit dem Medium gemacht. Laut unseren Berechnungen war es aber möglich, das Rennen zu Ende zu fahren." Letztendlich war Bottas mit dem auch durch die Kämpfe mit Vettel überstrapazierten Reifen auf verlorenem Posten.

Valtteri Bottas hat in der Formel-1-Saison 2018 einfach kein Glück, Foto: Sutton
Valtteri Bottas hat in der Formel-1-Saison 2018 einfach kein Glück, Foto: Sutton

Bottas beteuert: Keine Mercedes-Teamorder für Hamilton

"Ich habe versucht mich gegen alle zu verteidigen, aber ich konnte nichts mehr tun", so Bottas, der entgegen aller Spekulationen auch erklärte, dass es keinerlei Teamorder im Sinne Hamiltons gab. "Es gab keine Taktik, wir sind normal gegeneinander gefahren. Ich habe gegen ihn verteidigt, aber der Unterschied bei den Reifen war zu groß." Da machte es auch keinen Unterschied, dass Hamilton sich offenbar eine gelbe Flagge zunutze machte.

"Während einer doppeltgeschwenkten gelben Flagge hat er weniger verlangsamt als ich, hat zur mir aufgeschlossen und mich überholt. Aber meine Reifen waren sowieso am Ende und es war nur eine Frage der Zeit. Also kein Drama," so Bottas, der am Ende zumindest gerne den zweiten Platz mitgenommen hätte, der für ihn hinter Vettel bis zum Safety Car eigentlich sicher schien. "Das Risiko (bei der Strategie, Anm. d. Red.) hat uns heute viele Positionen gekostet. Ich wäre sonst locker Zweiter geworden."

Bei den bisherigen Enttäuschungen in dieser Saison hatte Bottas jeweils noch versucht, die positiven Aspekte des Wochenendes mitzunehmen. In Silverstone konnte ihn aber auch seine starke Rennpace und die tolle Performance im Zweikampf gegen Vettel nicht trösten. "Es ist ziemlich hart", so Bottas über seine Pechsträhne. "Es wäre schön gewesen, heute mal Erster zu werden."