Schlimmer hätte sein Heimrennen in Silverstone für Lewis Hamilton nicht beginnen können. Nach einem durchwachsenen Start beim Großbritannien bekommt es der Mercedes-Fahrer schon nach drei Kurven richtig dick, bekommt es mit Kimi Räikkönen zu tun. Der Ferrari-Pilot hatte sich beim Anbremsen der Vale verschätzt, Hamilton hinten links erwischt. Unfall! Der Mercedes dreht sich weg, Hamilton fällt zurück auf P17.

Glück im Unglück: Groß beschädigt ist der Silberpfeil nicht, dank starker Pace und auch etwas Rennglück mit zwei Safety Cars gelangt Hamilton sogar zurück in den Kampf um den Sieg, wird am Ende noch Zweiter. Damit büßt er jedoch sieben Punkte auf Sieger und Titelrivale Sebastian Vettel ein. Entsprechend gigantisch ist trotz der Schadensbegrenzung der Frust nach Rennende.

Hamilton an Ferrari: Interessante Taktik …

Das obligatorische Interview gleich im Grid lässt Hamilton sausen. Auf dem Podium wird das dann nachgeholt. Dem Briten ist der Ärger noch immer anzusehen. Und auch einen Seitenhieb auf Ferrari kann sich der Weltmeister nicht verkneifen. "Interessante Taktik von dieser Seite" so Hamilton mit einem Seitenblick auf die Ferrari-Fahrer. "Aber wir werden tun, was wir können, um sie zu bekämpfen und uns in den nächsten Rennen verbessern."

Hamilton bleibt vorsichtig: Kein klarer Absichtsvorwurf

War das eine ganz schwere Anschuldigung an Ferrari und Kimi Räikkönen? Sprich: Sieht Hamilton in dem Crash mit dem Iceman Absicht? Schützenhilfe für Vettel? Später gibt sich Hamilton auf Nachfragen in der Pressekonferenz dazu vorsichtig. "Alles, was ich sagen würde, ist, dass es jetzt zwei Rennen war, in denen ein Ferrari einen Mercedes abgeschossen hat. Valtteri und ich waren in beiden Situationen die Verlierer", sagt Hamilton mit Blick auf den Vettel-Abschuss Bottas' in Frankreich.

Wolff: Entweder Absicht oder Unvermögen

"Aber ich habe kein Problem mit Kimi", ergänzt der Mercedes-Fahrer schnell. Teamchef Toto Wolff muss sich im britischen Sky UK ebenfalls dieser Fragestellung widmen. Sein Urteil lässt zumindest Interpretationsspielraum: "Es war ein Rennzwischenfall mit Räikkönen. In Le Castellet war es das erste Mal, dass wir rausgenommen wurden, jetzt ist es das zweite Mal. Das sind viele Konstrukteurspunkte. Um es mit James Allisons (Mercedes' Technischer Direktor, Anm. d. Red.) Worten auszudrücken: Es ist entweder Absicht oder Unvermögen. Das muss jeder selbst beurteilen." Später ledert er in seiner Medienrunde für die schreibende Zunft weiter: "Ich kann mit der Strafe kein bisschen leben. Aber das ist, weil ich mit dem Vorfall nicht leben kann, denn du willst in der ersten Runde nicht so rausgenommen werden."

Kimi Räikkönen selbst unterdessen nahm auf jeden Fall mal die Schuld voll und ganz auf seine Kappe. "In der dritten Kurve hat mein Rad blockiert, ich war hintendran und habe Lewis dann leider hinten am Eck getroffen und mir auch selbst das Auto beschädigt. Es war mein Fehler, die habe ich verdient", gesteht der Finne. So sahen es auch die Stewards. Es setzte eine Zeitstrafe und zwei Strafpunkte.

Kimi Räikkönen nimmt Schuld auf seine Kappe

"Die zehn Sekunden habe ich eingesteckt und dann weiter gekämpft. Manchmal läuft es so. Ohne den Fehler und die Strafe wäre es noch besser gelaufen. Ich habe es einfach versucht und dann noch das Beste herausgeholt. Aber manch einer sieht das vielleicht anders", so der Finne zu seinem Comeback mit starken Fights gegen die Red Bull und Bottas.

Silverstone 2018: Wurde Hamilton absichtlich abgeschossen?: (06:33 Min.)

Sein Teamchef sieht es jedenfalls genauso. "Für heute war die Strafe okay, damit können wir leben", so Maurizio Arrivabene bei RTL. Auch das kann man etwas falsch verstehen. Aber mal ehrlich: Ein Absichtlicher Abschuss? Daran glaubt so richtig eigentlich niemand. "Es ist total dumm zu denken, dass irgendetwas absichtlich passiert ist. Das ist Quark. Ich denke nicht, dass es die Intention gab und ich denke, dass es unnötig ist, darüber überhaupt zu sprechen", sagt etwa Sebastian Vettel. "Wo gehobelt wird, fallen Späne. Man kann nicht von Absicht sprechen." Auch Räikkönen selbst meint schlicht nur, solche Dinge würde eben im Rennsport mal passieren.

Vettel & Bottas: Sowas machst du nicht absichtlich

"Es war definitiv nicht Absicht. So fährt heute niemand mehr Rennen", winkt auch Weltmeister Jenson Button bei Sky UK ab. "Es ist eben nicht leicht mit einem Formel-1-Auto zu überholen und sie versuchen, diese Manöver in Runde eins immer hinzubekommen und machen dabei eben mal Fehler", so der Brite.

Bezüglich der Schuldfrage selbst ganz abseits von aller kruden Absichtstheorie sind sich die Experten genauso einig. "Der Startunfall war 100 Prozent Kimis schuld. Die zehn Sekunden Strafe sind gerechtfertigt. Lewis hatte etwas durchdrehende Räder, hat ihm aber genug Platz gelassen und Räikkönen ist kerzengerade wie ein Torpedo einfach in ihn rein. Zack! Das war ein Desaster. Da dachte man, es sei komplett vorbei", so Nico Rosberg bei RTL. "Die Reaktion von Lewis überrascht mich aber", ergänzt der Ex-Teamkollege des Briten.

Und Chefkritiker Jacques Villeneuve. Interessiert sich einmal mehr vor allem für das Strafmaß. "Ich verstehe nicht, warum es diesmal 10 Sekunden sind! Das letzte Mal waren es 5, jetzt 10! Es gibt keine Konstanz!", poltert der Kanadier.