Nach Jolyon Palmers Abschied rückt das Formel-1-Team von Renault beim USA GP mit einer neuen Fahrerpaarung aus. Nico Hülkenberg bekommt mit Carlos Sainz an der Seite in den letzten vier Saisonrennen einen Vorgeschmack auf das, was ihn 2018 erwartet. Für den Spanier wiederum wird der etablierte Hülkenberg zum Gradmesser, der wegweisend für seine Zukunft in der Königsklasse sein wird.

Bei Renault war teamintern 2017 alles klar. Vom ersten Rennen an war Hülkenberg bei den Franzosen der Chef im Ring. Im Qualifying-Duell landete Palmer gegen den Deutschen keinen Stich und verabschiedete sich mit einer 16:0 Niederlage vom Team aus Enstone. Nach Punkten stand es 34:8 für Hülkenberg. Mit Sainz auf der anderen Seite der Garage erwartetet ihn ab Austin zweifelsohne ein anderes Kaliber. Der Spanier war bei Toro Rosso die klare Nummer eins.

Gegen seinen Stallgefährten Daniil Kvyat legte er seit Barcelona 2016 eine ähnlich dominante Vorstellung hin, wie es Hülkenberg bei Renault tat. In dieser Saison holte Sainz für Toro Rosso 48 Zähler, der Russe nur magere vier. Bei vielen Fans und Experten gelten Hülkenberg und Sainz als Piloten, die längst eine Chance mit konkurrenzfähigem Material verdient hätten, bisher aber von den Top-Team übergangen wurden.

Fernando Alonso ist seit langer Zeit der Ansicht, dass Hülkenberg zu den stärksten Fahrern in der Formel 1 zählt. Landsmann und Kumpel Sainz steht beim spanischen Superstar ebenfalls hoch im Kurs. Tatsächlich hatte Alonso die Beiden schon als Renault-Duo vorgeschlagen, als man ihn 2016 nach einer möglichen Fahrerpaarung für das Team fragte. Ungefähr ein Jahr später treten die Franzosen nun mit seinem persönlichem Dream-Team an.

Der Schlagabtausch der beiden Underdogs verspricht viel Spannung und mit dem vorgezogenen Debüt geht das teaminterne Tauziehen nun schon in dieser Saison los. Sainz weiß, welch große Herausforderung ihn nun erwartet. "Er hatte 16 Rennen mit einem Auto, das ich noch nie gefahren bin. Ich werde eine Weile brauchen, um mich anzupassen", so der 23-Jährige.

"Natürlich ist es mein Ziel, seine Pace so schnell wie möglich zu erreichen. Aber das wird nicht von alleine passieren. Du musst dafür hart arbeiten. Es geht darum, sämtliche Daten zu analysieren und zu lernen, wie man das Auto fahren muss", erklärt Sainz weiter. So oder so geht für ihn mit dem Wechsel zu Renault ein langersehnter Traum in Erfüllung.

Nico HülkenbergCarlos Sainz
Rennen13156
Siege00
Podiums00
Bestes Rennergebnis4 (3 Mal)4 (1 Mal)
Punkte396112
Schnellste Runden20
Führungsrunden430
Ø Rennplatzierung9,59,8
Pole Positions10
Bester Startplatz15 (1 Mal)
Ø Startposition10,212

Von Toro Rosso zu Renault: Carlos Sainz' große Chance

Sainz hegte schon seit langer Zeit den Wunsch, sich endlich von Toro Rosso abnabeln und in einem Werksteam beweisen zu können. Als er 2015 zusammen mit Max Verstappen für Red Bulls Junior-Team debütierte, entschied er das Qualifying-Duell mit 10:9 für sich. Nach Punkten musste er sich dem Niederländer hingegen geschlagen geben. 49:18 stand es am Ende für Verstappen - auch, weil Sainz oft vom Pech verfolgt war.

Letztendlich legte der blutjunge Teamkollege einen kometenhaften Aufstieg hin, als er in der zweiten gemeinsamen Saison bei Toro Rosso nach vier Rennen kurzerhand die Beförderung zu Red Bull erhielt. Sainz vermutete damals im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com, im Gegensatz zu Verstappen neben der Strecke nicht genug Biss gezeigt zu haben: "Ich bin meiner Meinung nach ein zu guter Mensch gewesen."

Sainz ließ sich auf der Rennstrecke nichts von dem Rückschlag anmerken, lieferte weiterhin seine Leistung ab und stellte Daniil Kvyat deutlich in den Schatten. Schon 2016 wurde sein Name in der Gerüchteküche mit Renault und auch Ferrari in Verbindung gebracht. "Das Interesse eines so wichtigen Herstellers wie Renault macht mich natürlich sehr stolz, das kann ich nicht leugnen", so Sainz damals.

Als es für ihn 2017 in die dritte Saison bei Toro Rosso ging, war das Ziel längst klar: Er wollte den Aufstieg an die Spitze des Feldes schaffen. "Ich will 2018 für ein Top-Team fahren." Kurz vor dem Großen Preis von Österreich wurde er im Sommer diesen Jahres sogar noch konkreter: "Ein viertes Jahr bei Toro Rosso ist unwahrscheinlich. Ich bin offen für andere Möglichkeiten."

Eine Aussage, die für den Geschmack seiner Förderer bei Red Bull etwas zu konkret und vor allem zu gewagt war. Von Dr. Helmut Marko und Christian Horner gab es einen ordentlichen Rüffel. "Ich weiß nicht, was er sich einbildet, wo er heute sonst wäre!", polterte Horner, der Sainz' Äußerungen als "hinterlistig" bezeichnete und klarstellte, dass der Spanier auch 2018 im Toro Rosso sitzen würde.

Sainz und Hülkenberg: Renaults Aufbruch in eine neue Zeit

Drei Monate später ist doch alles anders. Und für Renault dürfte sich der Tausch Palmer gegen Sainz definitiv als richtiger Schritt erweisen, denn zuletzt lief es bei den Gelben nicht wirklich rund. In Japan verlor das Team den siebten Platz in der Konstrukteurs-WM an Haas. In der zweiten Saisonhälfte hinkt Renault derzeit sogar McLaren bei der Punkteausbeute hinterher.

Lediglich 16 Zähler konnte die Truppe seit Ungarn sicherstellen. Haas hat zwar noch zwei weniger, fuhr dafür aber in den ersten zehn Rennen mehr Punkte ein und liegt seit Suzuka nun einen Punkt hinter den US-Amerikanern. Ursprünglich hatte Renault für 2017 die Top-5 ins Auge gefasst. Aktuell fehlen auf das anvisierte Ziel 24 Zähler.

Renaults Managing Director Cyril Abiteboul betonte angesichts der ausbleibenden Resultate von Palmer schon in der ersten Saisonhälfte, wie wichtig zwei Punktegaranten für das Team sind. Mit Sainz dürfte sich Renault nun endlich in der schon lange gewünschten Position befinden, mit beiden Fahrern zählbare Resultate sammeln zu können. Der vorgezogene Einstand von Sainz hängt aber auch damit zusammen, dass Renaults Schonfrist sich dem Ende neigt.

Die Fortschritte 2017 fielen zu spärlich aus. Im nächsten Jahr muss es deutlich weiter nach vorne gehen. "Für uns läuft ein Rennen gegen die Zeit, wenn wir unseren Ambitionen und Zielen gerecht werden wollen, ab 2020 ganz vorne mitzufahren", so Abiteboul gegenüber Autosport. "Wir haben keine Zeit zu verlieren und müssen so schnell wie möglich das Tempo anziehen." Dementsprechend wurde Sainz auch deshalb vorzeitig geholt.

"Er wird das Team kennen und sich eingelebt haben, was die Leute und das Auto angeht. Das ist dann erledigt und wir haben im nächsten Jahr eine Entschuldigung weniger", erklärt Abiteboul. Hinzu kommt, dass der Red-Bull-Mann zunächst nur für ein Jahr ausgeliehen ist: "Gerade deshalb muss es so gut wie möglich funktionieren, was auch ein Grund für seinen kleinen Frühstart bei uns ist."