Nico Rosberg oder Lewis Hamilton? Wer wird Formel-1-Weltmeister 2016? Während das Mercedes-Titelduell die Schlagzeilen dominiert, lässt sich leicht übersehen, welcher Leckerbissen sich gleich dahinter anbahnt - oder sogar Teil der großen silbernen WM-Schlacht an der Spitze werden könnte: Ferrari und Red Bull lieferten sich schon im Qualifying ein extrem enges Duell hinter der Silberpfeil-Übermacht in Reihe eins.

Nur zwei Zehntel trennten Daniel Ricciardo auf P3 von seinem Teamkollegen Max Verstappen auf Rang sechs. In deren Sandwich lauert das Ferrari-Duo Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel. Während Ferrari wie Mercedes auf Ultrasoft starten wird, wählten die Red Bull den Supersoft als Q2- und damit Start-Pneu. Mehr genug Potential als nötig für ein fesselndes letztes Kräftemessen von Pferd und Bulle - dem neben Rosberg vs. Hamilton größten Duell der F1-Saison.

"Klar, mit den beiden Jungs hier gehts um den Titel, das wird interessant", sagt Ricciardo in der Quali-PK neben den Mercedes-Duellanten. "Aber hoffentlich gibts auch im Paket dahinter jede Menge Spaß, sodass wir etwas dazu beitragen können, dass es sogar noch aufregender wird als es bereits ist!"

Kimi Räikkönen scheiterte um Tausendstel an Daniel Ricciardo, Foto: Sutton
Kimi Räikkönen scheiterte um Tausendstel an Daniel Ricciardo, Foto: Sutton

Red Bull und Ferrari liefern Hundertstelschlacht im Qualifying

Einen Vorgeschmack lieferten Ferrari und Red Bull bereits durch die Hundertstelschlacht in der Qualifikation. Hin und her wechselte das Kräfteverhältnis im Lauf der drei Segmente - nicht nur zwischen den Teams, auch teamintern. Am Ende hatte Ricciardo in dem Quartett das beste Ende für sich. "Q1 war ein bisschen langsam bei mir, aber dann habe ich zugelegt und Q3 war gut genug. Da habe ich gute Zeiten gesetzt", sagt Ricciardo. Doch sind seine drei Widersacher samt und sonders überzeugt, sie hätten es genauso zum ersten Mercedes-Verfolger bringen können.

"Wir hätten auf P3 kommen können", sagt Vettel. "Ich hatte aber zu sehr mit meinem Rhythmus zu kämpfen. Vielleicht waren wir zu aggressiv dabei, die Bedingungen für heute Nacht zu antizipieren. Das hat uns erwischt. Am Ende kam es wieder zurück, aber dann war der letzte Sektor nicht so sauber wie er sein sollte. Ich habe da ein bisschen Rauch von Verstappen gesehen, genug um ein bisschen an Konzentration zu verlieren", hadert der Ferrari-Pilot. "Schade, dass das Quali nicht noch weitergegangen ist ..."

Genau jener Rauch, oder vielmehr der vorausgegangene Verbremser, Verstappens war es auch, der dem Niederländer seinerseits die Chance auf P3 raubte. Immerhin war er in Q1 und Q2 klar schneller als Ricciardo gewesen. "Q1 und Q2 liefen ganz gut, da hatte ich keine Probleme. Aber in Q3 hat es einfach nicht so gut funktioniert. Ich habe mich zweimal in der gleichen Kurve verbremst. Sehr schade, denn es heute recht einfach P3 werden können. Aber leider hatte ich für Kurve elf nicht das richtige Gefühl auf der Bremse", klagt Verstappen.

Vettel glaubt fest an ein Podium zum Saisonabschluss, Foto: Sutton
Vettel glaubt fest an ein Podium zum Saisonabschluss, Foto: Sutton

Räikkönen und Vettel sicher: Ferrari-Pace stark

Näher als Vettel und Verstappen kam diesem Ziel Kimi Räikkönen. Gerade einmal 15 Tausendstel fehlten dem Finnen auf Ricciardo. Die hätte er selbstverständlich noch finden können: "Die letzte Runde war okay, aber weit entfernt von perfekt. Der Unterschied war sehr klein, also hätte ich das natürlich noch hier oder da auf der Bremse wettmachen können", sagt Räikkönen. "Aber wenn du dabei zu weit rauskommst, verlierst du es sehr leicht wieder. Es (P3) wäre also drin gewesen. Ist es jetzt nicht, also müssen wir jetzt damit zufrieden sein, was wir haben."

Die Pace seines Ferrari sei jedenfalls absolut ansprechend gewesen. "Wir waren viel schneller als wir noch im Training gewesen sind", sagt Räikkönen. Das bestätigt auch Vettel. "Das Auto war gut und schnell. Ich denke nicht, dass wir heute langsamer waren als Red Bull. Es war nur schwer, hier eine Runde zusammen zu kriegen", sagt der Deutsche. Anders als Vettel sieht Räikkönen jedoch keine zu aggressive Herangehensweise Ferraris bei der Prognose der nächtlichen Bedingungen: "Ich denke, wir haben das ganz gut hinbekommen."

Je dunkler es wurde, desto besser gerüstet fühlten sich Vettel und Räikkönen, Foto: Sutton
Je dunkler es wurde, desto besser gerüstet fühlten sich Vettel und Räikkönen, Foto: Sutton

Aussichtsloses Startduell für Red Bull

Gerade als es zum Ende des Qualifyings abkühlte, legte Ferrari mehr und mehr zu "Wir hatten den Speed, sie zu schlagen. Wir haben es am Ende knapp verpasst. Aber im Rennen sollten wir stärker sein. Das sind wir am Sonntag normalerweise ja immer", erinnert Vettel. "Wir sind ziemlich ausgeglichen, sehr eng zusammen. Aber ich denke, wir können sie morgen schlagen und auf das Podium fahren", ergänzt der Ferrari-Pilot.

Vettel weiter: "Wir sind am Start auf der weicheren Mischung, was uns einen Vorteil von der Linie weg und in der ersten Runde geben sollte. Da werden sie verwundbar sein, sodass wir vielleicht profitieren." Auf diesen Faktor setzt auch der Iceman. Einen wahnsinnig großen Unterschied mache der weichere Gummi zwar nicht aus, doch werde er alles daran setzen, einen guten Start anzubieten. Zuletzt überzeugte Räikkönen hier stets mit starken Performances. Davor graut es bereits jetzt der Konkurrenz. "Die Ferrari werden wohl vor mir bleiben, denn sie sind ziemlich gut am Start", fürchtet Verstappen.

Doch was passiert nach dem Start? Bei den Longruns am Freitag überzeugte hier vor allem Red Bull - mit Mercedes-Augenhöhe. Noch dazu haben Verstappen und Ricciardo mit den Supersofts die haltbarere Mischung in petto, können voraussichtlich deutlich später stoppen als die rote Konkurrenz. "Wir sollten länger draußen bleiben können und die Pace war das ganze Wochenende da. Also ist mein Ziel, nach vorne zu kommen und mir einen Weg durch die Jungs vor mir zu arbeiten", sagt Verstappen. Angst macht das Ferrari jedoch nicht. "Sie haben etwas anderes versucht. Wir hätten es auch versuchen können, aber wirklich interessant war es für uns nicht. Wir sind zuversichtlich mit unserer Wahl und denken nicht, dass es ein Vorteil für sie ist", sagt Vettel.

Daniel Ricciardo wähnt sich im strategischen Vorteil, Foto: Red Bull
Daniel Ricciardo wähnt sich im strategischen Vorteil, Foto: Red Bull

Ricciardo: Red Bull mit Vorteil gegen Rennende

Red Bull sieht das natürlich grundlegend anders. "In der Anfangsphase wird uns das mehr Möglichkeiten geben und uns dann gegen Ende mehr ins Rennen bringen wenn unsere Reifen etwas anders sind", meint Ricciardo. "Es war ja sowieso der Trend dieses Jahr, dass wir etwas ausprobieren. Wir werden sehen, was es morgen bringt, ob wir in einer guten Kampfposition sind."

Vor allem die Freitagsperformance ist es jedoch, die Ricciardo hoffen lässt. "Gestern waren wir auf unseren Longruns sehr stark, das schaut gut aus. Ich denke, das wird morgen richtig spaßig", sagt der Australier. Daher hält er nicht nur einen großartigen Kampf mit Ferrari für möglich, auch eine Attacke nach ganz vorne sei nicht ausgeschlossen. "Wenn der Sieg für mich drin ist, werde ich drauf fahren und nicht zurückstecken. Wenn sie mir die Tür offenlassen und ich denke, überholen zu können mache ich es ihnen nicht leicht und lasse sie in die Abenddämmerung segeln", sagt ein Ricciardo vor dem Hintergrund einer möglichen Verstrickung ins WM-Duell dennoch angriffslustig wie eh und je.

Bekommen die Roten auf den letzten Drücker noch einen Saisonsieg auf die Reihe?, Foto: Ferrari
Bekommen die Roten auf den letzten Drücker noch einen Saisonsieg auf die Reihe?, Foto: Ferrari

Auch Ferrari schielt mit einem Auge auf den Sieg

Doch auch Ferrari lugt mit einem Auge noch auf den ersten Saisonsieg in letzter Minute. "Schwer zu sagen, ob wir mit Mercedes kämpfen können. Aber normalerweise sind wir unter Rennbedingungen etwas näher dran ...", sagt Räikkönen. Stark werde Mercedes allerdings sein. "Sie sind stärker", bestätigt Vettel. "Aber wir wissen, dass sie im Rennen wieder runterdrehen müssen. Wir können gut in Form sein. Wir sind sehr racy und wollen kämpfen. Es ist das letzte Rennen. Wir wollen die Saison in Style beenden!"