Nach der Schlappe von Singapur, wo Mercedes einfach nicht den nötigen Grip fand, schlugen die Silberpfeile beim Großen Preis von Japan eindrucksvoll zurück. Lewis Hamilton und Nico Rosberg feierten einen Doppelsieg, der nicht zuletzt dank einer klugen Strategie zustande kam. Während der Brite das Rennen nach dem gewonnenen Startduell gegen Rosberg dominierte, musste sich dieser erst auf den zweiten Rang kämpfen. Motorsport-Magazin.com nimmt das Rennen in Suzuka aus taktischer Sicht unter die Lupe.

Rosberg überholt Bottas auf der Strecke...

Rosberg zog am Start gegen Hamilton den Kürzeren, der ihn in der ersten Kurve bis an den äußersten Rand der Strecke drängte, sodass sich der Pole-Sitter plötzlich nur mehr an der vierten Position wiederfand - Sebastian Vettel und Valtteri Bottas hatten ihn überholt. Dem Deutschen gelang es im ersten Stint in weiterer Folge nicht, an Bottas heranzukommen, und auch nach der ersten Serie der Boxenstopps lag der Finne noch vorne.

Bottas konnte sich nur kurz vor Rosberg halten, Foto: Sutton
Bottas konnte sich nur kurz vor Rosberg halten, Foto: Sutton

Williams beorderte Bottas bereits in der elften Runde zum Reifenwechsel, um vor Rosberg zu bleiben, der erst in Runde 15 stoppte. Dieser Plan ging auf - allerdings nur scheinbar. In Runde 16 setzte Rosberg in der Schikane nämlich einen Überraschungsangriff gegen Bottas, gegen den sich der Finne nicht erwehren konnte. Seitens Mercedes war diese Attacke ganz genau geplant gewesen. "Wir ließen Bottas früher stoppen und überholten ihn dann mit frischeren Reifen", schilderte Motorsportchef Toto Wolff das geglückte Manöver.

...und Vettel an der Box

Als nächstes hatte Rosberg Vettel vor sich, an dem er im Gegensatz zu Bottas auf der Strecke allerdings nicht vorbeikam. Somit musste Mercedes erneut in die Taktik-Trickkiste greifen und zauberte diesmal einen klassischen Undercut hervor. Rosberg steuerte in der 29. Runde zum zweiten Mal die Boxen an und kam damit einen Umlauf früher als Vettel zum Reifenwechsel. Diese eine Runde Unterschied genügte dank einer starken Outlap Rosbergs, um aus einem Rückstand von 1,9 Sekunden vor dem Stopp einen Vorsprung von 1,3 Sekunden danach zu machen.

"Wir wollten selbst in dieser Runde reinkommen, haben uns dann aber überlegt mit dem Abstand zu Nico können wir es uns erlauben, nochmal eine Runde zu warten", schilderte Vettel die verhängnisvolle Fehlkalkulation des Ferrari-Kommandostands, die ihn letztlich um Platz zwei brachte. "Wir haben Nico unterschätzt. Er war dann einfach schneller als wir erwartet hatten. Wir dachten, dass die Lücke und die eineinhalb Sekunden Vorsprung genug seien, aber so war es leider nicht."

Vettels Stopp kam zu spät, Foto: Ferrari
Vettels Stopp kam zu spät, Foto: Ferrari

Damit war das Rennen zugunsten Rosbergs entschieden, denn das Spiel vor den Boxenstopps wiederholte sich - nur mit vertauschten Rollen. Nun kam Vettel nicht mehr an Rosberg heran, der dem Heppenheimer zwar nicht davon fahren konnte, jedoch relativ konstant einen Vorsprung von rund zwei Sekunden hielt, sodass Vettel nicht in der Lage war, DRS zu nutzen, und auf der ohnehin überholfeindlichen Strecke keinen Angriff lancieren konnte.

Hamilton dominiert trotz Problemen

Von alldem Taktikgeplänkel völlig unbeeindruckt war Lewis Hamilton, der an der Spitze des Feldes einsam seine Bahnen zog. Der Brite konnte nahezu das gesamte Rennen über schnellere Rundenzeiten als Rosberg anschreiben und untermauerte damit nicht nur am Start, wer der Titelfavorit Nummer eins ist und wer sich wohl erneut mit dem zweiten Platz in der Weltmeisterschaft zufrieden geben muss.

So problemlos wie das Rennen auf den (spärlichen) Fernsehbildern aussah, war es für Hamilton allerdings keineswegs. "Lewis sah sich einigen Herausforderungen gegenüber, besonders als er nach einem Verbremser im zweiten Stint starke Reifenvibrationen hatte", verriet Toto Wolff und Technik-Chef Paddy Lowe ergänzte: "Der Reifen war komplett durch."

Schlussendlich konnten diese Schwierigkeiten Hamilton jedoch nicht davon abhalten, seinen 41. Karrieresieg zu feiern und damit die magische Marke von Ayrton Senna zu erreichen. "Wenn die Balance stimmt, das Auto macht, was du willst, und du in den Kurven angreifen kannst, gibt es einfach kein besseres Gefühl", schwärmte der Brite anschließend von der Traditionsstrecke Suzuka, auf der Siege ob der großen fahrerischen Herausforderung ganz besonders süß schmecken.