"Er ist die Zukunft." Wolfgang Schattling war überzeugt, dass in den eigenen Reihen etwas Großes heranwächst. Die Rede ist von Pascal Wehrlein, Mercedes-Junior und Senkrechtstarter. DTM-Einsatzpilot und Testfahrer in der Formel 1 - der junge Deutsche erlebte innerhalb von nur zwei Jahren einen geradezu raketenartigen Aufstieg. Angesprochen auf Wehrlein, geizte Mercedes-Sprecher Schattling nicht mit Lob: "Mit Pascal hat der deutsche Sport eine sehr große Nachwuchshoffnung. Nur wer in der DTM und im F1-Auto schnell ist, ist etwas Besonderes."

Wehrlein, der Hochbegabte. Nach seinem plötzlichen Aufstieg 2013 aus der Formel 3 ins DTM-Cockpit von Mercedes hat der 20-Jährige eine beeindruckende Lernkurve gezeigt. Dieses Jahr war er hinter Christian Vietoris zweitbester Pilot im C-Coupé, am Lausitzring trug er sich als jüngster Rennsieger in die die Geschichtsbücher der DTM ein. Schon vor dem Lausitz-Coup hatte Mercedes bemerkt, dass da ein echtes Juwel in den eigenen Reihen fährt. Eines, das sich auch für höhere Aufgaben empfehlen konnte.

Pascal Wehrlein kann sich auch in der DTM durchsetzen, Foto: DTM
Pascal Wehrlein kann sich auch in der DTM durchsetzen, Foto: DTM

Heimlich im F1-Simulator

Klammheimlich testete Wehrlein einige Male im Formel-1-Simulator in Brackley - ohne, dass jemand etwas mitbekam. Die Silberpfeile wollen ihr Super-Talent keinesfalls verheizen, Wehrlein soll in Ruhe einen Schritt nach dem anderen nehmen. Der Test in einem zwei Jahre alten F1-Boliden war die nächste Stufe auf der Karriereleiter. Wehrlein bestand mit Bravour, beeindruckte seinen Chef. "Wir haben ihn in Portimao in ein F1-Auto gesetzt", sagte Toto Wolff. "Ich war dort und der Junge sah aus, als hätte er sein ganzes Leben nichts anderes gemacht. Er fuhr drei Longruns ohne körperliche Probleme."

Der Motorsportchef schaute bei dem Test auf der portugiesischen Strecke ganz genau hin, was sein Aushängeschild für das geplante Mercedes-Juniorenprogramm werden soll. Und war begeistert: "Ich bin um die Strecke gegangen und habe mir alle Kurven angeschaut. Er hat jede Kurve am gleichen Punkt gebremst, nicht ein einziges Mal das Auto verloren. Kein Übersteuern, kein Wheelspin. Das war ganz beeindruckend." Am Ende kam Wehrlein auf 109 Runden in Portimao. Dazu 30 Tage und 12.000 km im F1-Simulator - außer Nico Rosberg und Lewis Hamilton kennt niemand den Silberpfeil so gut wie der junge Wehrlein.

Blick in die Zukunft? Wehrlein im F1-Silberpfeil, Foto: Mercedes-Benz
Blick in die Zukunft? Wehrlein im F1-Silberpfeil, Foto: Mercedes-Benz

Bleibt Wehrlein in der DTM?

Klare Sache: Mercedes weiß um Wehrleins Wert und will ihn unbedingt längerfristig halten. Für einen deutschen Nachwuchspiloten gibt es ohnehin keinen besseren Partner als Mercedes, wo die Tür zur Formel 1 viel offener ist als bei anderen Herstellern. Nun muss sich allerdings entscheiden, wie sein weiterer Weg aussieht. Wolff machte auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com deutlich, dass eine Zukunft in der DTM durchaus vorstellbar ist. "Im Moment liefert er eine super Leistung in der DTM, dass ich ihn nur ungern verlieren oder ablenken würde", sagte der Österreicher beim Saisonfinale in Hockenheim.

Denkbar wäre, dass Wehrlein eine weitere Saison in der Tourenwagenserie bestreitet, dabei aber immer weiter an die Formel 1 herangeführt wird. Etwa durch Freitagseinsätze bei Mercedes-Kundenteams wie Lotus, Williams oder Force India. Bei der überschaubaren Größe des DTM-Kalenders wäre die Doppelbelastung gut zu verkraften. "Möglich wäre ein Programm mit DTM und Singe Seater nebenbei", so Wolff. "Aber das sind ungelegte Eier und es ist zu früh, darüber zu reden."

In welchem Cockpit sitzt Pascal Wehrlein nächstes Jahr?, Foto: Mercedes-Benz
In welchem Cockpit sitzt Pascal Wehrlein nächstes Jahr?, Foto: Mercedes-Benz

Bottas-Variante als Möglichkeit

Für Wehrlein käme auch die Bottas-Variante in Betracht. Valtteri Bottas, selbst durch Toto Wolff betreut, verbrachte ein komplettes Lehrjahr bei Williams, bevor er 2013 zum Stammfahrer aufstieg. In dieser Zeit saß der Finne aber keineswegs nur auf der Ersatzbank, sondern absolvierte 15 vertraglich zugesicherte Trainingseinsätze für Williams. Ein ähnliches Programm könnte auch für Wehrlein möglich sein, wenn er sich weiter in diesem Tempo entwickelt, das er in der DTM zuletzt an den Tag gelegt hat.

Von der Möglichkeit, Wehrlein über die GP3 oder GP2 langsam an die Königsklasse heranzuführen, zeigte sich Wolff unterdessen nicht allzu begeistert. "Das ist auch eine Möglichkeit, aber in der GP2 muss man ins richtige Team kommen - und da gibt es nur zwei, drei", sagte der Österreicher. "Man sieht, dass da selbst die guten Jungs lange brauchen, weil da einige Piloten sind, die schon drei bis fünf Jahre mitfahren. Dadurch sieht man das richtige Potenzial nicht wirklich." Wehrleins Potenzial hat Mercedes allerdings schon lange erkannt.