Fangen wir mit dem Positiven an: Die Honda-Fahrer haben in den ersten beiden Rennen der MotoGP-Saison 2024 immerhin fünfmal gepunktet. Mit 17 gesammelten Zählern haben sie aber einen weniger als Yamaha, die nur die Hälfte der Bikes an den Start bringen. Den Vergleich zu Ducati, KTM und Aprilia ersparen wir den Fans der japanischen Marke hier lieber. Die Hoffnungen aus dem Winter sind längst verflogen. Joan Mir, Luca Marini, Johann Zarco und Takaaki Nakagami stimmen alle dieselben Klagelieder an.

Nur mit Glück in die Punkte: Honda fehlt der Grip am Heck

"Der Grip ist nicht da. Egal was wir machen, es ist nicht gut", sprach Joan Mir nach dem Rennen in Portimao den Kern der Honda-Litanei aus. Der Rückstand auf die Spitze ist enorm. Zumindest kann im Gegensatz zu Yamaha das Hauptproblem unter den vielen Defiziten anvisiert werden. "Die Probleme im Vergleich zu den besten Herstellern und den schnellsten Fahrern sind überall ein bisschen da. Es gibt nicht nur eine bestimmte Phase. Sicherlich ist der Grip am Heck momentan das größte Problem. Wir versuchen, das zu lösen. Aber das ist nicht so einfach", berichtet Neuzugang Luca Marini.

Takaaki Nakagami in der LCR-Box
In den Boxen bei Honda hängen die Köpfe, Foto: LAT Images

"Das Hauptziel ist, den Grip am Heck zu verbessern", bestätigt auch LCR-Pilot Takaaki Nakagami. Das ist auch bitter nötig, denn der Ist-Zustand bleibt ein Offenbarungseid. Die Schilderungen der Honda-Piloten lassen tief blicken. "Die Rennpace war zumindest konstant. Nicht gut, aber konstant", meint Nakagami. "Ich hatte nicht erwartet, Runde für Runde zu kämpfen zu haben. Ich wollte Pace finden, aber unter 1:40 zu fahren war unmöglich", gestand sein Teamkollege Johann Zarco nach dem Portimao-Rennen. Die bittere Erkenntnis: "Ich versuchte an der Gruppe vor mir zu bleiben, aber das konnte ich nicht."

Dass Honda noch ein paar Punkte einfuhr, lag an den Fehlern der anderen. "Ich hatte viel Glück, dass ich durch die ganzen Stürze noch einen Punkt bekommen habe. Es fühlt sich also wenigstens so an, dass ich das Wochenende nicht für nichts gefahren bin", beschrieb der Franzose in LCR-Diensten seine Gefühlswelt. Rückstände von mehr als 30 Sekunden auf Sieger Jorge Martin waren ein Schlag in die Magengrube. In Katar hatten die besten Hondas noch 'wenigstens' weniger als 20 Sekunden verloren.

Joan Mir zeigt: Etwas mehr geht doch mit der Honda

Angesichts dieser Lage, muss gefragt werden: Gibt es denn wenigstens irgendeinen Silberstreifen am Horizont? Er heißt Joan Mir. Der Spanier war mit Rang Zwölf der beste Honda-Pilot in Portimao, aber das erzählt nicht die ganze Geschichte. Am Start gab es eine Kollision mit Franco Morbidelli, die ihn zurückwarf und die Aerodynamik seines Bikes beschädigte. Dennoch überholte er seine Kollegen und blieb an der Gruppe mit Fabio di Giannantonio, Augusto Fernandez und Alex Rins dran, denen Zarco nicht folgen konnte. Sie alle waren aber auch die jeweils schwächsten Piloten der anderen Werke, von den Gestürzten einmal abgesehen.

Joan Mir in der Honda-Box
Joan Mir haderte nach einer Startkollision mit Franco Morbidelli, Foto: LAT Images

"Ich denke, dass ich ein gutes Wochenende gefahren bin und in guter Form bin. Ich hoffe einfach, dass beim nächsten Rennen die Fahrer im hinteren Feld in der ersten Runde etwas mehr auf Nummer sicher gehen", zeigte sich Mir mit seiner fahrerischen Leistung zufrieden. "Joan Mir zeigte ein gutes Rennen mit unserem Bike. Er war sehr konstant und konnte so die Jungs vor uns einholen. Ich dagegen konnte gar nichts machen", lobte auch Zarco. Ein Teil des Abstandes zur Konkurrenz geht also auch auf das Konto der Fahrer.

Lösungen für Honda dringend gesucht, aber kein Ansatz

"Er [Mir] versteht die Front des Bikes viel besser, besonders am Kurveneingang. Da kann er aggressiver reingehen und mehr riskieren", erklärt Luca Marini. Der Italiener ist das Sorgenkind beim kriselnden MotoGP-Giganten. Die Rückstände des 26-Jährigen waren teilweise eklatant. "Ich konnte am Ende ein paar Kurven und Runden genießen. Es war ein kleiner Schritt nach vorne. Ich war deutlich näher an meinen Teamkollegen dran" gab er nach einem erneut enttäuschenden Rennen an.

Luca Marini im Portugal GP der MotoGP
Luca Marini fährt aktuell unter ferner liefen, Foto: LAT Images

Zweckoptimismus scheint das einzige Mittel zu bleiben. Denn auch wenn Mir am Start nicht mit Morbidelli aneinandergeraten wäre, so hätte er mit Sicherheit keine Spitzenposition erreichen können. Eine vielversprechende Idee, wie es weitergehen soll, haben die Honda-Fahrer nicht. "Wir wissen jetzt, dass wir einige Wege mit dem Setup nicht gehen können. Also müssen wir uns in anderen Richtungen umsehen. Das ist Teil des Prozesses", gab Marini an. "Wir wissen noch nicht, was wir tun müssen. Aber mit mehr Kilometern werden wir herausfinden, was nicht funktioniert", meint Zarco. Hoffnung auf schnelle Fortschritte hört sich anders an.