Das MotoGP-Finale des Portugal Grand Prix 2024 war an Dramatik kaum zu überbieten. Als wäre es nicht schon genug gewesen, dass zunächst die beiden Ducati-Superstars Marc Marquez und Francesco Bagnaia im Zweikampf um Platz fünf kollidierten, stürzte zu Beginn der Schlussrunde auch noch Maverick Vinales mehr als kurios auf Rang zwei liegend und schenkte so MotoGP-Superrookie Pedro Acosta dessen erstes Königsklassen-Podest. Die große Frage nach Rennende lautete natürlich: Was war da passiert?

Die TV-Bilder lieferten zunächst wenig Aufschluss. Dort war nur zu sehen, wie Maverick Vinales zu Beginn der letzten Runde auf Start-Ziel immer mehr an Tempo verlor und praktisch ausrollte, während Enea Bastianini vorbeizog und Platz zwei übernahm. In Kurve eins kam der Sprintsieger des Vortages dann von der Strecke ab und stürzte in der schmutzigen Auslaufzone per Highsider, als er wieder ans Gas ging. War ihm ein Fehler unterlaufen? Hatte er - ähnlich wie Teamkollege Aleix Espargaro 2022 in Barcelona - gedacht, dass das Rennen bereits beendet sei und das Gas dann zu heftig geöffnet, als er realisierte, dass doch noch eine Runde zu fahren ist?

Unterlief Maverick Vinales der Aleix-Espargaro-Fehler aus 2022?

Die erfreuliche Antwort: Nein. Es handelte sich nicht um einen Konzentrationsfehler des gesundheitlich angeschlagenen Vinales. Die weniger erfreuliche Nachricht: Ein erneuter technischer Defekt war schuld am späten Ausfall des Aprilia-Piloten. "Ich weiß nicht was passiert ist, aber ich konnte ein sehr merkwürdiges Geräusch von seinem Bike hören. Vielleicht konnte er keinen Gang einlegen?", hatte der vorbeiziehende Bastianini bereits im Parc Ferme gerätselt und bei seiner Einschätzung damit gar nicht so schlecht gelegen. "Mavericks Motorrad hatte vermutlich ein Problem mit dem Getriebe. Weitere Analysen folgen zu einem späteren Zeitpunkt", verkündete das Aprilia-Team fast zeitgleich.

Vinales selbst bestätigte diese Vermutungen dann am Sonntagabend in seiner Medienrunde. Ein Getriebeproblem kostete ihn nicht nur das Portimao-Podium, sondern auch jegliche Chance auf den ersten Grand-Prix-Sieg seit Katar 2021: "Ab der sechsten Runde wollte der Gang manchmal nicht rein, wenn ich vom fünften in den sechsten Gang geschaltet habe. Ich bin dann immer im Drehzahlbegrenzer gefahren und habe nicht nur viel Topspeed, sondern jede Runde auch ein paar Zehntel verloren."

Besonders bitter: Exakt 4,692 Kilometer vor dem Rennende gab das Getriebe der Aprilia RS-GP dann endgültig den Geist auf. "Nach der Steigung am Anfang der Start-Ziel-Geraden wollte ich den sechsten Gang einlegen, aber es ging nicht. Das Motorrad hat dann in 'Neutral' gewechselt. Ich hatte keinen Vortrieb mehr und habe mein Bein rausgestreckt, um Bastianini zu signalisieren, dass ich ein Problem habe und er um mich herumfahren soll", beschreibt Vinales. "Ich habe dann erneut versucht, den sechsten Gang einzulegen, aber es klappte nicht. Dann habe ich [in der Auslaufzone, Anm.] den zweiten Gang eingelegt und als ich ans Gas gegangen bin, ist das Bike sofort ausgebrochen und ich wurde per Highsider abgeworfen."

Maverick Vinales lag in Portimao lange Zeit auf dem zweiten Platz, Foto: LAT Images
Maverick Vinales lag in Portimao lange Zeit auf dem zweiten Platz, Foto: LAT Images

Maverick Vinales fordert Aprilia: Endlich Fortschritte bei der Zuverlässigkeit!

Das nächste Kapitel in Aprilias Defekte-Saga also. Der Hersteller aus Noale hatte in diesem Bereich in den letzten Jahren bekanntlich immer wieder zu kämpfen, Vinales und seine Markenkollegen wurden mehrfach durch technische Gebrechen um gute Resultate gebracht. "Ich denke, dass wir positiv bleiben müssen", will der Spanier zwar nicht über sein Team schimpfen, macht aber deutlich: "Wir sollten das als Warnsignal sehen. Ich möchte die Aprilia-Techniker wirklich dazu ermutigen, in diesem Bereich Fortschritte zu machen. Das ist wichtig, wenn wir jedes Wochenende kämpfen wollen, speziell um Rennsiege."

Das Positive: In Portimao erlebte Vinales trotz einer Magen-Darm-Erkrankung sein bislang wohl stärkstes Wochenende als Aprilia-Pilot. "Ich habe mich heute erneut ein Rennen gewinnen sehen, wenn ich die Probleme nicht gehabt hätte", strahlt der Sprintsieger vom Samstag. "Von den Problemen abgesehen war es fantastisch. Wenn wir die Balance richtig hinbekommen, kann ich mit diesem Bike sehr schnell sein."