Nur fünf Tage nach seinem fürchterlichen Unfall in Barcelona wird Weltmeister Francesco Bagnaia wieder auf dem Bike sitzen und bei seinem Heimrennen in Misano antreten. Auch wenn er vorrangig körperlich mit den Folgen des heftigen Highsiders und des anschließenden Treffers durch das Bike von Brad Binder zu kämpfen hat, so lässt ihn auch der Unfallhergang nicht los.

Barcelona-Highsider hatte sich schon vorher angekündigt

"Es war ein schwerer und merkwürdiger Unfall. Da ist es wichtig, das alles zu verstehen", betonte Bagnaia am Donnerstag vor dem San Marino GP. Anstatt den Schockmoment zu verdrängen will der Weltmeister detaillierte Aufklärung zum Unfallhergang. Klar ist, dass sich der heftige Highsider nach dem Start Ausgangs Kurve 2 bereits vorher andeutete: "Ich habe schon in der Aufwärmrunde null Grip am Hinterrad gespürt. Da bin ich schon dreimal fast gestürzt, in den Kurven 3, 9 und 12. Und da habe ich nicht gepusht."

Bagnaia hatte große Glück beim heftigen Unfall, Foto: LAT Images
Bagnaia hatte große Glück beim heftigen Unfall, Foto: LAT Images

Am Start wollte der WM-Führende dann aber logischerweise ans Limit gehen und kam damit nicht weit: "In der ersten Kurve hatte ich bereits Probleme, da musste Jorge [Martin] ordentlich bremsen. Sobald ich mich in die zweite Kurve lehnte und das Gas etwas mehr aufmachte, verlor komplett das Heck." Glücklicherweise kam er nur mit Prellungen davon. Dass hinter ihm Teamkollege Enea Bastianini einen Unfall verursachte und so mehrere Fahrer aus dem Rennen warf, war laut Bagnaia Glück in Bastianinis Unglück. Somit kamen weniger Piloten auf den am Boden liegenden Ducati-Piloten zu. Am Ende konnte das Feld, abgesehen von Binder, ausweichen.

Bagnaia und Ducati sehen keinen Fehler: Reifen oder Strecke schuld?

Die gesundheitliche Entwarnung kam recht schnell am Sonntagabend. Die Klärung des Unfallhergangs sollte in der Analyse folgen, doch sie ergab nichts: "Wir haben die Daten gecheckt und alles analysiert. In Sachen Elektronik, Mechanik und auch beim Fahrer haben wir keinen Fehler gemacht." Sollte Ducati nichts übersehen haben, gibt es aber noch einen weiteren technischen Faktor zu berücksichtigen. "Wir erwarten jetzt die Analyse von Michelin. Alle müssen eine komplette Analyse machen", entgegnete Bagnaia.

Der Einheitslieferant der MotoGP-Reifen steht seit geraumer Zeit immer wieder in der Kritik der Fahrer, auch beim Thema Sicherheit. Doch ob und wann Michelin eine Analyse zum Sturz präsentiert, ist noch unklar. Klar hingegen ist, dass der Weltmeister nach solchen Antworten verlangt: "Es könnte einige Zeit dauern, ich weiß es nicht. Ich weiß auch noch nicht, ob mein Team bereits mit ihnen sprechen konnte. Ich hatte einen hektischen Tag. Aber ich frage Michelin nach Antworten, denn ich möchte verstehen, warum es bereits so rutschig in der Aufwärmrunde war. Es ist schwierig, nicht zu wissen, was passiert ist."

Die Schuld am Unfall ganz auf die Reifen schieben wollte der Titelverteidiger aber auch nicht. Beim Katalonien GP gab es einen weiteren wichtigen Faktor: Die Strecke. Der Circuit de Barcelona-Catalunya gilt als Asphaltband mit notorisch wenig Grip und ist daher immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik durch die Fahrer. Bagnaia fällt ein vernichtendes Urteil: "Wir können dort aus Sicherheitsgründen nicht wieder fahren. Der Asphalt und der Grip sind ein Desaster. Kurve 5 ist wie das Fahren auf Eis. Das ist über der Grenze, was die Sicherheit angeht. Mit Sicherheit ist das ein Mitgrund für meinen Unfall."

Bagnaia will sich in Misano durchbeißen

Bevor er eventuell seine Antworten von den Michelin-Ingenieuren erhält, will Bagnaia aber erst einmal vor heimischem Publikum wieder Rennen fahren. Besonders das rechte Knie mache ihm Probleme, so musste er zugeben. Dennoch hat er fest vor, sich durch das Wochenende zu kämpfen, wie er gegenüber Sky Italia betonte: "Wir werden die Zähne zusammenbeißen müssen, denn ich bin ohnehin nicht bei 100 %. Vor zwei Jahren kam ich hier nach zwanzig Tagen mit einem gebrochenen Schienbein an, letztes Jahr haben wir das Gleiche in Portimao und in Jerez mit einer lädierten Schulter versucht, also werden wir es auch hier versuchen."