Nach den Testfahrten herrschte noch Optimismus im Aprilia-Lager. Das Werk aus Noale sah sich als erster Verfolger von Branchenprimus Ducati. Beim Saisonauftakt in Portiamo gelang auch prompt ein zweiter Platz durch Maverick Vinales. Es war aber nur ein Strohfeuer. Nach acht Wochenenden haben Aleix Espargaro und Vinales jeweils mehr als 100 Punkte Rückstand auf Titelverteidiger Francesco Bagnaia. Das katastrophale Wochenende am Sachsenring dürfte alle WM-Hoffnungen endgültig begraben haben.

Aleix Espargaro sucht keine Ausreden: "Nein, das ist kein Pech nach acht Rennen. Wir haben einfach nicht das nötige Level, so ist es." Sein Teamkollege musste schon den zweiten technischen Ausfall der Saison hinnehmen. Auch Vinales schließt sich seinem Team-Kapitän an: "Es ist kein Pech, sondern die Ingenieure müssen sich das ansehen." Das Problem bei Aprilia scheint zu sein, dass es eben nicht nur ein entscheidendes Problem gibt. Beim Deutschland GP kam dann alles zusammen: Stürze im Training, Strategie-Fehler des Teams, Zuverlässigkeitsprobleme, Gelbe Flaggen zur Unzeit und das altbekannte Startproblem der RS-GP. Nebenbei ist Espargaro auch noch an Versen und Rippen verletzt, was ihn jedoch laut eigener Aussage beim Fahren nicht stört.

Aleix Espargaro ist zurzeit mit Krücke im Fahrerlager, Foto: Motorsport-Magazin.com
Aleix Espargaro ist zurzeit mit Krücke im Fahrerlager, Foto: Motorsport-Magazin.com

Qualifying und schlechte Starts lassen Espargaro fluchen

Schon am Samstag nach dem Sprint musste Espargaro nach Platz 9 fluchen: "Das Rennen war scheiße. Ich bin sehr frustriert, denn im Qualifying hatte ich sehr guten Speed. Ich wollte um Pole kämpfen, aber dann gab es zwei Gelbe Flaggen in den letzten Minuten. Von Platz 10 mit der schlechtesten Launch-Control im Feld zu starten, ist fast unmöglich. Die Pace war nicht schlecht. Ich überholte einige Leute, aber das ändert nichts daran, dass es schwierig ist, wenn du weit hinten startest."

Doch selbst wenn Espargaro im Qualifying vom Pech mit Gelben Flaggen verschont geblieben wäre, so ist eine Spitzenposition aktuell nicht drin. Sein Rennen ist meistens schon nach wenigen Metern futsch: "Wir arbeiten hart daran, versuchen eine Menge, aber es ist immer die gleiche Zeit von 0 auf 100. Dann ist das Rennen quasi vorbei. Jedes Wochenende gibt es Bikes, die schlechter als wir sind, aber uns durch den Start schlagen. Dann rauscht der Druck am Vorderreifen in die Höhe, also ist es schwierig das Bike zu fahren."

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Der Katalane kennt die Realität der aktuellen MotoGP und Aprilia ist für diese nicht gerüstet: "Alles hängt am Qualifying. Wenn dir ein gutes gelingt, dann kannst du auch ein gutes Rennen haben. Wenn du in frischer Luft fährst, ist das Bike ein anderes. Du bist viel schneller und es ist deutlich einfacher. Wenn du hinten im Feld bist, dann ist es selbst mit sehr starker Pace sehr schwierig. Es ist frustrierend. Es zählt das Qualifying und der Start."

Reifenpoker im Rennen geht nicht auf, Espargaro: Mussten etwas versuchen!

Für das Hauptrennen am Sonntag gab es für den 33-Jährigen daher nur noch die Option eines Pokers: "Wir haben einen großen Fehler gemacht, den weichen Reifen zu wählen." Der Schuss ging gewaltig nach hinten los: "Der Start war nicht schlecht, ich war auf Rang 5 und konnte attackieren. Aber schon in Runde 10 gab der Reifen auf und in den letzten Runden wurde es richtig gefährlich." Der weiche Reifen konnte die Startschwäche also kurz kaschieren, doch der Einbruch am Ende ließ Espargaro sogar aus den Punkten fallen. Dennoch rechtfertig er seine Entscheidung: "Du musst dir was ausdenken, wenn du von Platz 10 startest und nicht auf einer Ducati sitzt. Also haben wir das getan und es war keine gute Entscheidung."

Vinales enttäuscht: Aprilia-Ingenieure erkennen Fehler am Motor nicht

Rechtfertigen müssen sich auch die Aprilia-Ingenieure gegenüber Maverick Vinales, dessen Motorschaden zur kompletten Nullnummer am Sonntag führte. Doch auch davor kämpfte der Spanier mit seiner Pace. Die ersten beiden Rennen des Triple-Headers im Juni haben ihre Spuren hinterlassen: "Ich fühlte mich konkurrenzfähig, ich dachte wir können gewinnen, aber nach diesen zwei Wochen muss es einfach ein Problem geben, das wir finden müssen. Wir müssen eine große Analyse durchführen, um das Problem zu verstehen. Das erste Problem waren die Reifen. Das lief nicht gut, besonders in Mugello, aber auch hier im zweiten Training. Die ersten zwei Reifensätze, die ich aufgeschnallt habe, waren unglaublich schlecht."

Maverick Vinales erlebte ein gebrauchtes Wochenende am Sachsenring, Foto: LAT Images
Maverick Vinales erlebte ein gebrauchtes Wochenende am Sachsenring, Foto: LAT Images

Noch mehr hadert er aber damit, dass sein Team die Probleme am Motor und damit letztendlich auch den Ausfallgrund nicht erkannte: "Das wirkliche Problem aber war, dass wir nicht die richtigen Schlüsse gezogen haben. Wir kämpfen hier um Zehntel. Wenn wir da einen Motor fahren, der Probleme macht, dann geben wir viel Zeit auf. Wir müssen da aufmerksamer sein und cleverer agieren."

Aprilia hat sich gegenüber 2022 nicht genug verbessert

Und so bleibt angesichts der Fülle an Problemen nur ein ernüchterndes Fazit vom Teamkapitän: "Alle Aprilias haben eine wirklich schlechte Meisterschaft. Ich war in den letzten Rennen immer die beste Aprilia, aber ich bin immer weit weg von den Positionen, auf denen wir sein müssen." Für ihn stellt sich die Lage klar dar. Aprilia hat nicht genug zugelegt über den Winter: "Ich mag mein Bike, aber es ist nur 4% anders als das Modell von 2022, was Miguel [Oliveira] fährt. Ihr seht die RNF-Resultate und die Werksresultate, sie sind nicht gut. Wie haben uns einfach nicht genug verbessert." Aufgeben gibt es nicht für Espargaro, aber die Realität lässt sich nicht leugnen: "Ich werde es in Assen wieder probieren, aber Aprilia steckt in Problemen. Wir werden sehen, was nach der Sommerpause kommt. Aber mit unserem Level aktuell ist es nicht einfach."