Unglaublich. Verrückt. Perfekt. Brad Binder kann für den Rennsonntag in Brünn gar nicht genug Superlative finden. Und das absolut zurecht, immerhin hat der Südafrikaner in Tschechien eine absolute Meisterleistung abgeliefert und nicht nur Arbeitgeber KTM den ersten MotoGP-Sieg geschenkt, sondern sich selbst auch noch. Und das im dritten Rennen, wenige Tage vor seinem 25. Geburtstag. Mehr geht einfach nicht.

"Ich habe es immer noch nicht so ganz realisiert", stammelt Binder unmittelbar nach seinem Debüt-Sieg im Parc Ferme. "Heute ist der unglaublichste Tag meines Lebens. Von diesem Sieg habe ich schon seit meiner Kindheit geträumt. Das es schon in meinem dritten MotoGP-Rennen passiert, ist gruselig. Ich hätte gedacht, es würde länger dauern. Ich kann es einfach nicht glauben. Ich bin glücklich, für mich, mein Land und mein Team."

Brad Binder: Perfektes Rennen in Brünn

Auch wenn es der Südafrikaner vielleicht erst in ein paar Stunden oder Tagen realisieren wird, steht außer Frage, dass er am Sonntag in Brünn ein außergewöhnliches Rennen ablieferte. Binder war von Rang sieben aus ins Rennen gegangen und schob sich in der Startphase auf den vierten Rang vor. Dabei blieb es aber nicht. Erst zog der KTM-Pilot an Aleix Espargaro auf P3 vorbei, anschließend waren auch noch Fabio Quartararo und der Führende Franco Morbidelli fällig.

Die Konkurrenz konnte Binder nichts entgegensetzen. Das hatte der Südafrikaner aber nicht nur einer perfekt funktionierenden KTM zu verdanken, sondern auch der richtigen Reifenwahl und gutem Management. "Ich bin hinter Fabio gefahren und konnte seine Pace ohne Probleme halten", sagt Binder nach dem Rennen. "Ich habe gemerkt, dass ich stärker bin als er und habe ihn dann überholt."

Damit war der zweite Platz sicher, aber das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. "Nachdem ich an Fabio vorbei war, habe ich gesehen, dass Franco Probleme mit dem Hinterrad hat. Ich habe ihn angegriffen, als ich die Chance dazu hatte", so Binder weiter. Die Reifen der KTM waren zum späteren Zeitpunkt des Rennens einfach noch besser in Schuss als die von Morbidelli und Co.

Die Entscheidung, die Pneus nicht gleich zu hart zu fordern, traf Binder bereits früher. "Ich wusste, dass der Hinterreifen irgendwann abbauen würde", rekapituliert er. "Ich hätte natürlich früh mit frischen Reifen ans Gas gehen können, aber ich war geduldig und am Ende war das die perfekte Wahl."

Nachdem auch Morbidelli besiegt war, öffnete Binder auf den letzten Runden eine Lücke, die bei seiner Zielüberquerung bei satten 5.266 Sekunden lag. Zu diesem Zeitpunkt konnte nur noch ein Fehler den KTM-Pilot das Podium kosten. Weshalb er sich vor allem darauf konzentrierte, eben keinen Fehler zu machen. "Die letzten zehn Runden waren die verrücktesten meines Lebens ", lacht er hinterher. "Der Hinterreifen war auch bei mir zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich hinüber, deshalb habe ich versucht, so sanft wie möglich zu fahren. Die letzten drei Runden waren dann wohl die ordentlichsten, die ich jemals gefahren bin."

MotoGP-Rookie Brad Binder ist jetzt schon Rennsieger in der Königsklasse, Foto: MotoGP
MotoGP-Rookie Brad Binder ist jetzt schon Rennsieger in der Königsklasse, Foto: MotoGP

Fehler aus der Vergangenheit beseitigt

Mit diesem ersten Sieg hat Binder nicht nur seinen Namen in die MotoGP-Geschichtsbücher und die Herzen zahlreicher KTM-Fans geschrieben, sondern auch seine beiden weniger erfolgreichen Rennen in Jerez vergessen gemacht. Beim Saisonauftakt legte er einen Ausritt ins Kiesbett hin und kam schließlich als 13. mit 29 Sekunden Rückstand ins Ziel , im zweiten Jerez-Rennen kegelte er in der Startphase Marken-Kollege Miguel Oliveira aus dem Rennen und flog später mit einem heftigen Highsider selbst ab.

Diese Startschwierigkeiten sind nun vergessen, sie sind Binder aber als warnende Erinnerung vor dem Tschechien GP im Gedächtnis geblieben, wie der Südafrikaner nach dem Rennen zugab.: "Vor Brünn habe ich mir gesagt, dass ich einen Schritt zurückgehen muss, weil ich die beiden Rennen davor schon versaut habe. Heute habe ich nichts Verrücktes angestellt, keine Fahrten durchs Kiesbett. Das war natürlich hilfreich."

KTM auf Erfolgskurs

Neben den richtigen Reifen und der verbesserten Herangehensweise kann Binder aber auch seinem Team gar nicht genug danken. Denn neben Fahrer und Reifen spielt natürlich auch das Motorrad eine entscheidene Rolle im Kampf um den Sieg. Die KTM RC16 hat bereits in der gesamten Saison gezeigt, dass sie endgültig zur ständigen Konkurrenzfähigkeit in der Lage ist. Doch die Performance des Bikes heute war selbst für Binder unerwartet.

"Das Bike hat mir ein so unglaubliches Gefühl gegeben, es hat mich selbst ehrlich überrascht", gibt er lachend zu. Das kommt jedoch nicht durch Zufall, sondern durch jede Menge harte Arbeit. Nicht nur von Binder, sondern vom gesamten Team. "Meine Jungs haben das ganze Wochenende hervorragend gearbeitet. Sie haben mir ein unglaubliches Motorrad hingestellt ", schwärmt der Südafrikaner.

"Wenn man sich ansieht, wie viele Menschen in unserer Box arbeiten, dann ist das unglaublich. Sie probieren wirklich alles aus, was möglich ist. Ich möchte mich bei jedem einzelnen von ihnen bedanken", schließt Binder und mahnt: "Ich hoffe, dass ist der Start von etwas ganz Großem." Nach Binders Leistung sollten solche Aussagen KTMs Konkurrenten wirklich zu denken geben.