Fabio Quartararo hat sich mit seinen beiden MotoGP-Siegen in Jerez zum Favoriten auf den Titel gekrönt. In Abwesenheit von Marc Marquez dominierte Yamaha das Rennen am Sonntag, weshalb Quartararo bei der Siegesfeier auf dem Podest von Maverick Vinales und Valentino Rossi flankiert wurde.

MotoGP Jerez: Rossi am Podest, doch Yamaha zittert (Analyse) (31:30 Min.)

Doch wie dominant war Quartararo an diesem Tag? Hat Valentino Rossi verhindert, dass Maverick Vinales den Franzosen um den Sieg fordern konnte? Und wie hat Altmeister VR46 sein Rennen angelegt, um seine 17 Rennen dauernde Podest-Durststrecke zu beenden?

Wie dominant war Quartararo?

Hatte Fabio Quartararo seinen ersten Sieg noch von einem dominanten Marc Marquez nach dessen Fehler geerbt, so dominierte der Franzose das zweite Rennen selbst nach Belieben. Erneut auf Pole Position, ließ er sich diesmal nicht überlisten und führte zu jeder vollen Runde des Rennens das Feld an.

Das schlug sich auch in den Einzelzeiten nieder. Er war in neun der ersten zehn Runden der schnellste Fahrer im Feld und viermal zwischen Lap 15 und 19. Das ergibt in Summe 13 Runden, in denen Quartararo schnellster Fahrer war, wobei er in Runde 3 mit 1:38,119 Minuten die absolut schnellste Einzelzeit aufstellte.

Schnellste Zeit in jeder der 25 Runden:

Fahrer Anzahl Schnellste Runde in
Fabio Quartararo 13 Lap 1-5, 7-10, 15-16, 18-19
Francesco Bagnaia 4 Lap 11, 13-14, 17
Joan Mir 2 Lap 12, 20
Maveriick Vinales 2 Lap 21, 25
Taka Nakagami 2 Lap 23-24
Brad Binder 1 Lap 6
Valentino Rossi 1 Lap 22

Zum Vergleich: Eine Woche zuvor war Quartararo nur in zwei Umläufen schnellster MotoGP-Mann gewesen und hatte in der Endabrechnung der schnellsten Rennrunden auch nur den 3. Rang belegt. Den Ausfall von Marc Marquez nutzte Quartararo daher optimal und verbesserte bei seiner Solofahrt sogar seine Rennzeit aus dem ersten Lauf um 1,130 Sekunden.

Welches Jerez-Rennen war schneller?

Quartararo war aber nicht der einzige Fahrer, der am Sonntag im Vergleich zur Vorwoche zulegen konnte. Insgesamt kamen neun Fahrer in beiden Rennen ins Ziel, von denen lediglich zwei langsamer waren als im ersten Jerez-Rennen: Andrea Dovizioso, der rund 5,4 Sekunden verlor und Pol Espargaro, der gleich 9,4 Sekunden einbüßte.

Fahrer Jerez 1 Jerez 2 Differenz
Taka Nakagami 41:28,399 41:28,770 -16,579 Sek.
Alex Marquez 41:51,146 41:42,023 -9,123 Sek.
Bradley Smith 42:03,478 41:58,972 -4,506 Sek.
Johann Zarco 41:48,896 41:46,189 -2,707 Sek.
Maverick Vinales 41:28,399 41:27,161 -1,238 Sek.
Fabio Quartararo 41:23,796 41:22,666 -1,130 Sek.
Tito Rabat 41:56,694 41:56,294 -0,400 Sek.
Andrea Dovizioso 41:29,742 41:35,220 +5,478 Sek.
Pol Espargaro 41:30,734 41:40,154 +9,420 Sek.

Der Rest konnte sich verbessern, wobei der Zugewinn bei Quartararo und Vinales beinahe gleich hoch ausfiel. Am eklatantesten war der Zeitgewinn bei Honda: Taka Nakagami verbesserte sich um satte 16,5 Sekunden, während Alex Marquez um 9,1 Sekunden schneller war als vor einer Woche.

Hat Rossi Vinales die Siegchance gekostet?

Eigentlich wollte sich Maverick Vinales im zweiten Rennen in Jerez für das verlorene erste rehabilitieren. Zu diesem Zweck wechselte er beim Vorderreifen von Soft auf Hard und war - im Gegensatz zur Vorwoche - somit auf der gleichen Konfiguration wie der Rest des Feldes. Von dieser Änderung versprach er sich bessere Chancen im Kampf gegen Quartararo und wollte den Franzosen von Beginn an unter Druck setzen.

Das gelang ihm aber nur bis zur letzten Kurve der ersten Runde. Dort setzte Vinales zu einem Überholmanöver an, das ihn zu weit nach außen trug. Somit konnte er Quartararo nicht abfangen, fiel im Gegenzug aber hinter Valentino Rossi zurück, der ihm fortan das Leben schwer machte. Im ersten Renndrittel hatte man vor den TV-Schirmen das Gefühl, dass Vinales eigentlich schneller fahren könnte, aber einfach nicht an Rossi vorbeikam. Kostete ihn sein Teamkollege dadurch die Chance, Quartararo um den Sieg fordern zu können?

Für diese These spricht der Umstand, dass Vinales in der letzten Runde des Rennens, als er Rossi hinter sich gelassen hatte, die mit Abstand schnellste Einzelzeit aller Fahrer in dieser Lap fuhr. Mit 1:38,910 Minuten war Vinales' letzte Runde auch nur um 0,158 Sekunden langsamer war als sein zweiter Umlauf. Er konnte seinen Reifenabbau daher perfekt managen, denn kein anderer Fahrer im Feld fuhr so spät im Rennen noch so starke Zeiten.

Es gibt aber gleich mehrere Argumente, die dagegensprechen, dass Vinales Quartararo fordern hätte können, wenn er nicht so lange hinter Rossi gehangen wäre. Zunächst wäre da die schnellste Rennrunde an sich: Diese betrug bei Vinales lediglich 1:38,752 im zweiten Umlauf. Quartararo hingegen fuhr in Lap 2 eine 1:38,280 - also um fast eine halbe Sekunde schneller als Vinales - und legte in der Folgelap noch auf 1:38,119 Sekunden nach. Kein anderer Fahrer kam ihm in der Wertung der schnellsten Rennrunde näher als 0,380 Sekunden.

Vinales selbst fuhr nur die sechstbeste Zeit - und das zu einer Zeit, als er noch frei fahren konnte, weil er sich nicht direkt mit Rossi duellieren musste, sondern in einem Abstand von einer Viertelsekunde hinter ihm fuhr. Auf seiner schnellsten Runde (Lap 2) konnte Vinales Rossi nur sechs Hundertstel abnehmen und lag am Ende dieses Umlauf noch immer 0,215 Sekunden hinter seinem Teamkollegen. Quartararo war dem Feld da schon um 0,747 Sekunden enteilt.

Alleine in den Runden 2 und 3 drückte Quartararo Vinales 1,112 Sekunden auf, ohne dass dieser tatsächlich durch Rossi eingeschränkt war. Erst ab Runde 4 war der Abstand so gering, dass er Vinales' Rundenzeiten erheblich beeinflussen konnte. Doch hinter Rossi ergab sich für den Katalanen ein anderes Problem, das ihn wohl auch dann ereilt hätte, wenn er direkt hinter Quartararo gefahren wäre.

"Ich habe durch die Hitze vor mir kaum Luft bekommen und war total erledigt", gestand ein keuchender Vinales im Ziel. 38 Grad Lufttemperatur, bis zu 60 Grad glühender Asphalt, ein heiß laufender Motor zwischen den Schenkeln und eine dicke Lederkombi samt Helm forderten seinen Tribut von Vinales. Dessen Leistung sackte ab Runde 10 plötzlich ab, sodass er nicht nur auf Rossi Zeit verlor, sondern zwischenzeitlich sogar hinter Bagnaia und Morbidelli auf P5 zurückfiel.

Quartararo fuhr zu diesem Zeitpunkt des Rennens noch Zeiten im hohen 1:38er-Bereich. In Lap 11 war der spätere Sieger um mehr als eine Sekunde schneller als Vinales. Dessen Schockmoment dauerte einige Runden. Erst ab Lap 15 verringerte Vinales seinen Rückstand auf Rossi wieder. Schneller als Quartararo war er in der 17. Runde zum allerersten Mal in diesem Rennen. Der Franzose hatte zu diesem Zeitpunkt aber schon viereinhalb Sekunden Vorsprung auf den Rest des Feldes.

Dass Vinales Quartararo an diesem Sonntag um den MotoGP-Sieg hätte fordern können, wenn er nicht in der letzten Kurve der ersten Runde hinter Rossi zurückgefallen wäre, scheint unter all diesen Umständen ausgeschlossen.

Valentino Rossis Comeback auf dem Podest

Seit 17 Rennen hatte man Valentino Rossi nicht mehr bei einer Siegerehrung gesehen, doch in Jerez schlug seine Stunde. Zwar spielten ihm am Sonntag die Ausfälle von Francesco Bagnaia und womöglich auch Franco Morbidelli in die Karten, doch Rossi fand sich über die gesamten 25 Runden immer auf einem der drei Podestplätze.

Er nutzte Vinales' Fehler in der ersten Runde perfekt aus und zeigte im Anschluss alte Kämpferqualitäten, als er seinen womöglich schnelleren Teamkollegen mit starken Verteidigungsmanövern hinter sich halten konnte. Vor allem in den Runden 4 bis 5 war es richtig eng, bevor Vinales ab Lap 10 langsam nachlassen musste.

Gegen Francesco Bagnaia war Rossi hingegen chancenlos. Der Pramac-Pilot war in den vier Runden 11 bis 14 sogar dreimal schneller als Leader Quartararo. In der 12. Runde ging Bagnaia an Rossi vorbei und brummte ihm pro Runde mehrere Zehntel auf. Ab Lap 17 war der Vorsprung auf solide zweieinhalb Sekunden angewachsen, bevor drei Umläufe später Bagnaias Rennen mit einem Motorschaden in Rauch aufging. Eine potenzielle Gefahr von Morbidelli war bereits drei Runden vorher - ebenfalls aufgrund eines Motorproblems - gebannt.

Fazit: Vinales kann zufrieden sein

In beiden MotoGP-Rennen in Jerez hatte Maverick Vinales aus eigener Kraft keine Chance gegen Fabio Quartararo. Auch wenn er am Sonntag nicht hinter Valentino Rossi zurückgefallen wäre, hätte er den französischen Überflieger der Stunde nicht schlagen können. Sowohl Vinales, als auch Rossi profitierten letztlich vom Ausfall von Francesco Bagnaia, doch beide sollten mit ihrem Sonntag in Jerez zufrieden sein: Rossi, weil er sein Comeback auf einem MotoGP-Podest feiern konnte und Vinales, weil er mit zwei zweiten Plätzen das Maximum aus seinen Möglichkeiten herausgeholt hat. Genau darauf kommt es in der WM-Abrechnung am Ende des Jahres ja oftmals an.