Sie kommen so sicher wie das Amen im Gebet. Kommentare, in denen MotoGP-Piloten nach Verletzungen beim Motocross, Enduro oder Dirttrack Leichtsinnigkeit oder gar Dummheit vorgeworfen werden. Vorwürfe, die aber völlig fehl am Platz sind. Denn auch wenn diese Unfälle quasi in der Freizeit passieren und Rossi & Co. sicherlich ihren Spaß daran haben, mit Bikes durch den Dreck zu rasen, ist es für sie vor allem eines: Training!

Für kaum eine Disziplin, selbst innerhalb des Motorsports, gestaltet sich das Training so kompliziert wie für die MotoGP. Sportarten wie Fußball, Laufen, Radfahren oder Schwimmen können unter den exakt gleichen Bedingungen, wie sie im Wettkampf herrschen, trainiert werden. Gleiches gilt auch für Motorrad-Disziplinen wie Motocross oder Trial. Den Formel-1-Piloten bleiben zumindest die mittlerweile sehr ausgereiften Simulatoren. Die MotoGP-Stars haben nichts derartiges.

MotoGP-Stars brauchen Zeit auf dem Bike

Außerhalb der 18 Rennwochenenden stehen ihnen pro Saison - diese beginnt laut Reglement am Tag nach dem letzten Rennen des Jahres und endet am Tag des letzten Rennens im Jahr darauf - maximal 19 Testtage auf ihren MotoGP-Prototypen zu. 14 davon werden von der Teamvereinigung IRTA organisiert, fünf stehen Rennstall und Fahrer frei. Diese 19 Tage sind viel zu wenig, um auf zwei Rädern richtig in Schwung zu bleiben. Valentino Rossi macht immer wieder mit seiner Yamaha R1 den Misano World Circuit unsicher, aber ständig eine Rennstrecke zu mieten ist natürlich nicht einmal für Superstar Rossi möglich.

Valentino Rossi beim Dirttrack-Training auf seiner Ranch (02:49 Min.)

Die Fahrer müssen daher auf unbefestigten Untergrund ausweichen. "Ich bin immer Motocross gefahren. Es gefällt mir nicht nur, sondern ist mental und physisch das beste Training für die MotoGP", rechtfertigte sich Rossi schon nach seinem Crash Ende Mai und trifft den Nagel damit auf den Kopf. Rückendeckung erhielt er von all seinen Kollegen, etwa Andrea Dovizioso: "Wir müssen in der MotoGP mit dem absoluten Limit der Maschinen spielen. Auf unseren Bikes können wir so gut wie nie trainieren, daher müssen wir die Arbeit mit diesem Limit auf anderen Motorrädern üben. Man kann nicht nur im Fitnessstudio trainieren und dann direkt zur Rennstrecke fahren."

Kurz zusammengefasst: Wer in der MotoGP um Siege und Weltmeistertitel kämpfen will, der kommt um regelmäßiges Training auf Motorrädern nicht herum. Das macht Marc Marquez so und das machen auch Maverick Vinales, Andrea Dovizioso, Dani Pedrosa oder Valentino Rossi so. Und auch die Argumentation, man könne doch beim Training einen Gang zurückschalten und so das Risiko minimieren, geht ins Leere. Denn Training, egal ob es nun körperlich oder technisch ist, erfüllt nur dann seinen Zweck, wenn es am Limit durchgeführt wird.

Get well soon, Valentino Rossi! (00:55 Min.)

MotoGP-Fahrer werden daher weiterhin Offroad trainieren. Und sie werden sich dabei weiterhin verletzen. Das ist 'Part of the Game', die Piloten selbst haben dementsprechend kein Problem mit derartigen Zwischenfällen. Also sollten die Fans auch keines damit haben.