Der 18. April 2004 wird wohl vielen MotoGP-Fans auf ewig in Erinnerung bleiben. Denn jener Sonntag war ein ganz besonderer Tag in der Geschichte der Motorrad-Weltmeisterschaft. Valentino Rossi feierte im Südafrika Grand Prix sein Yamaha-Debüt und lieferte sich dabei ein packendes Duell mit Erzrivale Max Biaggi. Die MotoGP-Legende triumphierte und fügte speziell Ex-Arbeitgeber Honda damit eine bittere Niederlage zu. Motorsport-Magazin.com blickt 20 Jahre später auf die Ereignisse in Welkom zurück.

Allein die Ausgangslage vor dem Saisonauftakt 2004 auf dem Phakisa Freeway war eine ganz besondere: Rossi hatte die ersten beiden Jahre der MotoGP-Ära im Repsol Honda Team nach Belieben dominiert und zu zwei WM-Titeln in Serie gefahren. Mit der V5-Honda RC211V raste der junge Italiener von Sieg zu Sieg und spielte regelrecht mit seinen Gegnern. Die anderen Hersteller konnten nicht im Ansatz mithalten. Genau das sollte HRC jedoch dazu veranlassen, die fällige Vertragsverlängerung mit Rossi nicht mit vollstem Engagement zu verfolgen.

Valentino Rossi hatte 2003 noch mit Honda dominiert, Foto: Milagro
Valentino Rossi hatte 2003 noch mit Honda dominiert, Foto: Milagro

Honda war der Meinung, dass das eigene Motorrad so gut und überlegen sei, dass auch ein anderer Fahrer damit Siege und Titel einfahren könne. Rossi sah sich in Anbetracht der fehlenden Wertschätzung nach Alternativen um und entschied sich tatsächlich völlig überraschend zu einem Wechsel zum japanischen Konkurrenten Yamaha, der 2003 kein einziges Rennen gewonnen hatte. Honda wiederum reagierte verbost auf die ausgeschlagene Vertragsverlängerung, es kam zum Rosenkrieg. HRC verweigerte Rossi unter anderem die Teilnahme an den Nachsaison-Tests, er konnte erst 2004 erstmals auf der Yamaha YZR-M1 Platz nehmen.

Rossi vs. Biaggi: Legendäres MotoGP-Duell in Südafrika

Im Südafrika Grand Prix 2004 stand Rossi dann vor einer echten Härteprüfung. Er musste der Welt beweisen, wie gut er wirklich war und dass es nicht nur die Honda war, die ihn davor zu drei WM-Titeln in der Königsklasse getragen hatte. Und Rossi lieferte: Hochmotiviert schnappte er sich die Pole Position vor den Honda-Speerspitzen Sete Gibernau und Biaggi, setzte also schon im Qualifying den ersten Nadelstich. Der Vorsprung war jedoch nur minimal: 0,035 Sekunden auf Gibernau und 0,272 Sekunden auf Biaggi. Konnten die Honda-Piloten im Rennen zurückschlagen? Schließlich waren in Welkom 28 Runden zu absolvieren. Völliges Neuland für Rossi, so viele Umläufe hatte er auf der Yamaha noch nie am Stück gedreht. Wie würden sich die Reifen entwickeln? Wie würde sich das Bike gegen Rennende verhalten? Komplett unklar.

Am 18. April 2004 war damit alles für ein spannendes Rennen angerichtet - und der Saisonauftakt in Südafrika sollte nicht enttäuschen. Rossi konnte sich beim Start vorne halten und wagte direkt einen Fluchtversuch, konnte aber nicht ausbrechen. Stattdessen attackierte Biaggi in Runde vier ein erstes Mal, kassierte aber sofort einen Konter von Rossi. Gibernau mischte sich ein, in Runde sieben folgte der nächste Angriff von Biaggi - jedoch wieder ohne Erfolg. Während Gibernau in den nachfolgenden Umläufen langsam abfiel, blieb Biaggi direkt am Hinterrad seines Erzrivalen. Der Honda-Pilot drückte und drückte, ehe er in Runde 23 die heiße Schlussphase einleutete.

Valentino Rossi und Max Biaggi bekämpften sich in Südafrika bis zum Schluss, Foto: MotoGP.com/Screenshot
Valentino Rossi und Max Biaggi bekämpften sich in Südafrika bis zum Schluss, Foto: MotoGP.com/Screenshot

Biaggi flog auf der Gegengeraden an Rossi vorbei und blieb zunächst vorne. Er wollte ausbrechen, Rossi ließ ihn jedoch nicht entkommen. Vielmehr konterte der Yamaha-Neuzugang in Runde 26 mit einem harten Bremsmanöver in der vorletzten Kurve, wobei er Biaggi von der Ideallinie drückte. Rossi setzte sofort zum Schlussspurt an und öffnete eine kleine Lücke, die er bis zum Zielstrich verteidigte. Biaggi gab nochmal alles, kam aber nicht mehr in Schlagdistanz: 0,210 Sekunden fehlten ihm letztlich. Landsmann Rossi hatte es tatsächlich geschafft, er siegte beim Yamaha-Debüt. Das scheinbar Unmögliche war eingetroffen. Sämtliche Kritiker waren eines Besseren belehrt und Ex-Arbeitgeber Honda maximal gedemütigt.

Sieg beim Yamaha-Debüt: Rossi schreibt MotoGP-Geschichte

Es folgte ein Bild für die Ewigkeit: Kurz nach Zieldurchfahrt stoppte Rossi am Streckenrand und setzte sich völlig erschöpft und ungläubig neben sein Motorrad, welchem er anschließend einen Kuss auf die Frontpartie gab. Der Beginn einer Traumehe mit Yamaha. Wie stark Rossis Leistung in Welkom tatsächlich war, zeigt ein Blick auf die Ergebnisse seiner Markenkollegen. Im Qualifying fehlten Marco Melandri als zweitbeste Yamaha auf P7 bereits 0,649 Sekunden zu Rossis Pole-Zeit. Carlos Checa landete auf Platz 14, Norick Abe auf P18. Im Rennen selbst kam das Trio nur auf den Rängen neun bis elf ins Ziel, ihr Rückstand betrug mehr als eine halbe Minute.

Valentino Rossi küsst seine Yamaha-M1 nach dem Sieg in Südafrika, Foto: MotoGP.com/Screenshot
Valentino Rossi küsst seine Yamaha-M1 nach dem Sieg in Südafrika, Foto: MotoGP.com/Screenshot

Yamahas erster MotoGP-Sieg seit Oktober 2002 in Malaysia [damals noch mit Biaggi, Anm.] war also einzig und allein der sensationellen Leistung Rossis zu verdanken, der damit auch historisches geschafft hatte. Denn der Italiener stieg zum ersten Fahrer in der Geschichte der Motorrad-WM auf, der zwei Rennen in Folge auf unterschiedlichen Fabrikaten gewinnen konnte. Eine einzigartige Errungenschaft, die ihm seither auch kein anderer MotoGP-Pilot nachahmen konnte. Was in den Monaten und Jahren nach jenem 18. April 2004 noch passieren sollte, ist bekannt. Rossi krönte sich 2004 ein sechstes Mal zum Weltmeister, zum ersten Mal mit Yamaha. 2005, 2008 und 2009 sollten noch drei weitere WM-Titel folgen.

MotoGP: Keine Afrika-Rückkehr seit Südafrika GP 2004

Der Südafrika Grand Prix 2004 war im Übrigen auch das letzte Rennen im Phakisa Freeway von Welkom, 2005 kehrte die MotoGP nicht mehr zurück. Doch nicht nur das: Seit jenem 18. April 2004 trug die Königklasse im Allgemeinen bis heute kein einziges Rennen mehr auf afrikanischem Boden aus. Hin und wieder kamen Gerüchte um eine angepeilte Rückkehr nach Afrika auf, wirklich konkret wurden diese aber nie. Und so bleibt das legendäre Duell zwischen Rossi und Biaggi in Welkom wohl noch einige Jahre auch als das letzte MotoGP-Rennen in Südafrika in Erinnerung.