In der Formel E ging es am Montag Schlag auf Schlag. Wenige Stunden nach der Bekanntgabe von Mahindra, sich als erster Hersteller zum Gen3-Reglement ab 2022/23 zu bekennen, ließ an anderer Stelle Audi die Bombe platzen: Formel-E-Ausstieg Ende 2021, Rückkehr nach Le Mans und die Rallye Dakar mit einem Elektro-Prototypen als Speerspitze des neuen Motorsportprogramms.

Kurz vor dem Audi-Beben sagte Formel-E-Mitgründer Alberto Longo noch zu Motorsport-Magazin.com: "Ich kann nicht versichern, dass alle aktuellen Hersteller einen Vertrag für Gen3 unterschreiben. Aber wir haben eine Warteliste. Es gibt Teams und Hersteller, die uns täglich anrufen und in die Meisterschaft wollen. Wenn jemand gehen sollte, dann können wir ihn schnell ersetzen."

Tatsächlich hat Audi in dieser Angelegenheit ein gehöriges Wörtchen mitzureden, denn: Mit einer eigens gegründeten 'Franchise' hält der Autobauer aus Ingolstadt erst einmal weiter die Startplatz-Lizenz für zwei Autos. Da weder Audi noch die Formel E Interesse an einem Starterfeld mit elf statt zwölf Teams haben, dürfte der ab übernächster Saison freie Startplatz anderweitig vergeben werden.

Kauft Abt die Startplatz-Lizenz zurück?

Eine Entscheidung darüber sei offiziell noch nicht gefallen, teilte ein Audi-Sprecher gegenüber Motorsport-Magazin.com mit. Klar ist bislang nur: Den komplett neuen Antriebsstrang, den Audi über zwei Jahre entwickelt hat, können Kundenteams bei Interesse auch über die nächste Saison hinaus in der Formel E einsetzen.

Wie Motorsport-Magazin.com aus unterschiedlichen Kreisen erfahren hat, gibt es zumindest Überlegungen, dass Abt Sportsline die Startplatz-Lizenz von Audi zurückkaufen könnte und auch über 2021 hinaus in der Formel E startet. 2017 hatte Audi den Startplatz des Unternehmens aus Kempten als Werksprogramm übernommen, während die Abt-Mannschaft weiterhin die Renneinsätze durchführt. Abt Sportsline gehört zu den Pionieren der Formel E, der 2014 von Hans-Jürgen Abt aufgebrachte Mut wurde belohnt.

Ein möglicher Partner eines derartigen Abt-Projektes in der Formel E könnte Cupra sein. Die Performance-Marke von Autohersteller Seat aus dem VW-Konzern engagiert sich verstärkt in der Elektromobilität und spannt bereits in der neuen Extreme-E-Rennserie mit Abt Sportsline zusammen. Mit der Verfügbarkeit der gesamten Produktpalette soll Cupra rund eine Milliarde Euro des Gesamtumsatzes von Seat erreichen. Der neue Sat.1-Experte für die Formel E, Daniel Abt, ist ebenso Cupra-Markenbotschafter wie Audi-Ikone Mattias Ekström.

Audi steht vor seiner letzten Saison als Werksteam in der Formel E, Foto: Audi Communications Motorsport
Audi steht vor seiner letzten Saison als Werksteam in der Formel E, Foto: Audi Communications Motorsport

Vier Audi-Motoren im Starterfeld

Der erstmals in Eigenregie von Audi entwickelte Antriebsstrang für die Formel E kann bis zum Ende der Saison 8 (2021/22) eingesetzt werden. Aus Kostengründen haben sich Formel E und alle Teams darauf geeinigt, nur ein Mal einen neuen Motor für die nächsten zwei Saisons zu homologieren. Ab 2022/23 soll das neue Gen3-Auto mit mehr Leistung und weniger Gewicht die aktuelle Generation ablösen.

Neben dem Werksteam nutzt seit 2018 auch das Kundenteam Envision Virgin Racing den Antriebsstrang von Audi. Für den britischen Rennstall starten Neuzugang Nick Cassidy sowie weiterhin Audi-Werksfahrer Robin Frijns. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com kann Audi wegen des Motoren-Deals über die Besetzung von einem der beiden Virgin-Cockpits bestimmen.

Wie geht es mit Rast und di Grassi weiter?

Wie es mit den Werkspiloten Lucas di Grassi ("Ich habe einen langfristigen Vertrag mit Audi") und Rene Rast nach dem Audi-Ausstieg Ende 2021 weitergeht, steht noch nicht fest. Rast besitzt nach dem DTM-Abschied der Ingolstädter einen langfristigen Vertrag und ist für jegliche Programme offen. Neben dem künftigen LMDh-Projekt ab 2023 könnte der dreifache DTM-Champion auch am neuen Dakar-Engagement für 2022 Interesse finden.

Das erlernte Knowhow mit dem neuen Formel-E-Antriebsstrang soll künftig bei der berühmtesten und härtesten Rallye der Welt - aktuell in Saudi-Arabien - zum Einsatz kommen. Für die Renneinsätze mit dem elektrischen Prototypen kommt nach Informationen von Motorsport-Magazin.com Sven Quandt mit seinem Team X-Raid in Frage.

Audi-Boss: Nächster Schritt im E-Motorsport

"Die Formel E hat bei Audi die Phase der Transformation begleitet", sagt Audi-CEO Markus Duesmann, der Quandt aus gemeinsamen BMW-Zeiten kennt. Und weiter: "Wir gehen beim elektrifizierten Motorsport den nächsten Schritt und stellen uns extremsten Bedingungen. Die Rallye Dakar mit ihren vielen technischen Freiheiten ist dabei ein perfektes Testlabor für uns."

Audi engagiert sich seit dem Serienbeginn 2014 in der Formel E, in den ersten Jahren allerdings durch das Privatteam Abt Sportsline. 2017 übernahmen die Ingolstädter als Werksmannschaft und holten 2018 den Team-Titel. Es war der zweite große Erfolg nach dem Gewinn der Fahrer-Meisterschaft durch Lucas di Grassi 2017.

In den bisherigen 69 Rennen der Formel-E-Geschichte erzielten Lucas di Grassi, Daniel Abt und dessen Nachfolger Rene Rast zusammen zwölf Siege, 43 Podestplätze und fünf Pole Positions. Der Brasilianer di Grassi hat mit 32 Podiumsplatzierungen die meisten aller Fahrer auf dem Konto und führt auch in der ewigen Punktetabelle.

Das Audi-Team 2021: Lucas di Grassi, Rene Rast und Teamchef Allan McNish, Foto: Audi Communications Motorsport
Das Audi-Team 2021: Lucas di Grassi, Rene Rast und Teamchef Allan McNish, Foto: Audi Communications Motorsport

Audis letzte Formel-E-Saison beginnt bald

Nach dem Abschluss der Kollektiv-Testfahrten in Valencia an diesem Dienstag werden die Autos nach Chile verschifft. Am 16./17. Januar 2021 beginnt in der chilenischen Hauptstadt Santiago die siebte Saison der Formel E - erstmals als offizielle FIA-Weltmeisterschaft und zum letzten Mal mit Audi als Werksteam.