Dieter Gass ist nicht mehr Motorsportchef von Audi. Das gab der Autobauer aus Ingolstadt an diesem Montagnachmittag offiziell bekannt. Damit endet seine neunjährige Ära in leitenden Funktionen bei Audi.

Ab 2012 war Gass zunächst für das WEC/Le-Mans-Programm, ab 2013 auch für die DTM und seit 2017 als Motorsportchef des Konzerns verantwortlich. Gass folgte in dieser Funktion für vier Jahre auf Dr. Wolfgang Ullrich, der 23 Jahre lang das Motorsportprogramm verantwortet hatte.

Laut Audi-Angaben werde Gass neue Aufgaben übernehmen, ohne weitere Details zu nennen. Gass' Abschied als Motorsportchef hatte sich nach Informationen von Motorsport-Magazin.com schon seit längerer Zeit angekündigt.

Julius Seebach neuer Audi-Motorsportchef

Der neue Motorsportchef ist bereits gefunden: Ab 01. Dezember 2020 übernimmt Julius Seebach zusätzlich zu seiner Funktion als Geschäftsführer der Audi Sport GmbH auch die Verantwortung für die internationalen Motorsportaktivitäten des Unternehmens.

Der Werkssport wurde im Juli dieses Jahres neben dem Kundensportprogramm in die Audi Sport GmbH eingegliedert und unterliegt damit der Geschäftsführung um Seebach. Der 36-Jährige ist seit dem 01. Mai 2019 Geschäftsführer und war seit 2015 in der Serienentwicklung der Audi AG tätig. Seebach blickt nicht auf eine Vergangenheit im Motorsport zurück, ist intern nach Informationen von Motorsport-Magazin.com aber als Top-Manager angesehen.

Julius Seebach wird neuer Audi-Motorsportchef, Foto: Audi Communications Motorsport
Julius Seebach wird neuer Audi-Motorsportchef, Foto: Audi Communications Motorsport

Gass: Zwei echte Racer an vorderster Front

"Das DTM-Finale in Hockenheim war ein sehr emotionaler Moment für mich", wird Gass in der Audi-Pressemitteilung zitiert. "Die DTM hat in den vergangenen acht Jahren mein Leben mitgeprägt. Es war eine unheimlich intensive Zeit, in der mich meine Familie an Wochenenden nicht besonders häufig gesehen hat. Deshalb ist das Ende der DTM-Ära, wie wir sie alle kennen, auch für mich eine gute Gelegenheit, etwas Neues zu beginnen, zumal 2020 durch die Integration des Werksmotorsports in die Audi Sport GmbH ein ganz besonders intensives Jahr war."

Der 57-Jährige weiter: "Ich möchte mich bei der gesamten Mannschaft, unseren Teams, Fahrern und Partnern bedanken. Die Zusammenarbeit hat mir viel Freude bereitet. Ich freue mich sehr, dass Motorsport auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensstrategie von Audi bleibt, und bin davon überzeugt, dass Audi Sport auch in der neuen Aufstellung erfolgreich sein wird. Mit Markus Duesmann und Oliver Hoffmann stehen zwei echte Racer an vorderster Front, die trotz ihrer enormen Verantwortung für das gesamte Unternehmen uns Motorsportler nicht vergessen."

Dieter Gass feierte mit Audi zahlreiche Meisterschaften im Motorsport, Foto: Audi Communications Motorsport
Dieter Gass feierte mit Audi zahlreiche Meisterschaften im Motorsport, Foto: Audi Communications Motorsport

Gass nach Marquardt-Abschied: Sehe mich im Motorsport

Im November hatte sich beim langjährigen DTM-Rivalen BMW mit Jens Marquardt ebenfalls der Motorsportchef zurückgezogen. Er und Gass arbeiteten früher lange Zeit bei Toyota in der Formel 1 zusammen und kennen sich bestens. Auf die Frage, ob er sich wie Marquardt einen Wechsel in eine andere Unternehmensposition abseits des Motorsports vorstellen könne, antwortete Gass vor wenigen Wochen:

"Ich tue mir schwer damit, für mich etwas anderes vorzustellen. Ich bin aber auch jemand, der 'niemals nie' sagt. Es hängt immer von der Situation ab und welche Möglichkeiten es gibt. Es könnte passieren, aber aktuell sehe ich mich im Motorsport. Das ist eine Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss."

Dieter Gass übernahm 2017 den Posten als Motorsportchef bei Audi, Foto: Audi Communications Motorsport
Dieter Gass übernahm 2017 den Posten als Motorsportchef bei Audi, Foto: Audi Communications Motorsport

Dieter Gass: Audi-Erfolge in Le Mans, DTM und Formel E

Gass kehrte nach zehn Jahren in der Formel 1 (Toyota, Lotus) Anfang 2012 zurück zu Audi und übernahm die Renneinsatzleitung für das WEC- und Le-Mans-Programm. Bis zum Ausstieg Ende 2016 gewann Audi in dieser Zeit drei Mal die 24 Stunden von Le Mans (2012, 2013, 2014) sowie zweimal die Fahrer- und Hersteller-Meisterschaft in der WEC.

Ab 2013 war Gass zudem Leiter DTM bei Audi, bevor er 2017 die Nachfolge von Dr. Wolfgang Ullrich als Audi-Motorsportchef antrat. In den acht DTM-Jahren unter Gass gewann Audi fünf Mal die Markenmeisterschaft (2014, 2016, 2017, 2019, 2020) und holte mit Mike Rockenfeller (2013) und Rene Rast (2017, 2019, 2020) drei Mal den Fahrer-Titel.

Duesmann: Fast schon unglaublicher Erfolg

Nach dem WEC-Abschied engagierte sich Audi werksseitig auch in der Formel E und übernahm 2017 das private Abt-Team. 2018 gelang dem Audi Sport ABT Schaeffler Team um Lucas di Grassi und Daniel Abt der Gewinn der Team-Meisterschaft, 2019 folgte der Vize-Titel in dieser Wertung.

Audi-Chef Markus Duesmann: "Bei Dieter Gass möchte ich mich im Namen des gesamten Vorstands für seinen unermüdlichen Einsatz bedanken. Er steht vor allem für den fast schon unglaublichen Erfolg, den wir speziell in den letzten beiden Jahren in der DTM hatten. Aber auch der erfolgreiche Einstieg in die Formel E geht auf das Konto von Dieter Gass. Ich bin selber fast mein ganzes Leben lang Motorsportler gewesen und weiß, wie viel Herzblut und persönliches Engagement notwendig ist, um im Motorsport erfolgreich zu sein."

Audi war in den letzten Jahren der erfolgreichste Hersteller in der DTM, Foto: Audi
Audi war in den letzten Jahren der erfolgreichste Hersteller in der DTM, Foto: Audi

Gass: Von Audi über die Formel 1 zu Audi

Gass wurde am 20. März 1963 im hessischen Gießen geboren. Nach seinem Diplomabschluss 1990 (Elektromechanische Konstruktionen) arbeitete er für das Rennteam Schirra Motoring in Darmstadt und danach bei Bugatti Automobili in Italien.

Ende 1994 bis März 2001 war Gass als Techniker und Renningenieur für Audi Sport tätig. Von 2001 bis 2011 wirkte Gass in leitenden Funktionen bei den Formel-1-Projekten von Toyota und Lotus mit, bevor er 2012 zu Audi zurückkehrte.