Die Formel 1 startete am Wochenende in Bahrain in die neue Saison - und das bei einer in Deutschland und Österreich stark veränderten TV-Landschaft. In Deutschland verabschiedete sich RTL, und überließ Pay-TV-Sender Sky (bis auf Ausnahmen) das Feld. In Österreich erwarb Servus TV die Rechte und trat nur einen Teil der Rennen an den alteingesessenen ORF ab.

Spannend war der Saisonauftakt also auch aus TV-Sicht: Sky trat erstmals als Alleinherrscher und mit umgebautem Programm auf. Servus TV feierte das Debüt, unter anderem mit Nico Hülkenberg als Experten. Beide wurden mit Hype auf die Saison 2021 und einem spannenden Rennen belohnt, und verkündeten danach Top-Quoten. Motorsport-Magazin.com summiert die neue TV-Landschaft.

Formel 1 nach RTL: Skys Allein-Debüt in Deutschland

Nach dem RTL-Ende baute Sky die Formel-1-Präsenz für die neue Saison gleich einmal deutlich aus. Großes Programm vor Ort, mehr Experten, sogar ein eigener F1-Sender mit Sky Sport F1 - all das wurde für Bahrain erstmals aufgezogen. Alle Sessions wurden live übertragen, nach der Sparflammen-Berichterstattung der letzten Jahre wurde außerdem wieder mehr vor Ort umgesetzt.

Ohne die RTL-Opposition schossen die Quoten erwartungsgemäß nach oben - in Höhen, die Sky bei der Formel 1 noch nie verzeichnen hatte können. 81 Prozent Steigerung meldet der Sender bei der Zuschauerzahl für das Rennen (TV und Streaming), in absoluten Zahlen waren das 1,22 Millionen und 5,8 Prozent Marktanteil. Für das ganze Wochenende meldet Sky 2,32 Millionen Zuseher. In der Kern-Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen darf man 11,6 Prozent Marktanteil verbuchen, mit 540.000 Zusehern.

Mit den alten Free-TV-Zahlen von RTL kann Sky aber wenig überraschend nicht mithalten. 2020 sahen dort im Schnitt 4,47 Millionen den Saisonauftakt in Österreich, 5,15 Millionen war der Spitzenwert. Das entsprach 27,7 Prozent Marktanteil, und bei den 14- bis 49-Jährigen waren es 1,21 Millionen. Trotz Saisonauftakt zur besten Sendezeit - das Verschwinden der Formel 1 hinter die Sky-Bezahlschranke hat 2021 deutliche Auswirkungen.

Formel 1 nach ORF: Servus TV feiert Einstand nach Maß

Anders als in Deutschland bleibt die Formel 1 in Österreich trotz Rechte-Wechsel im Free-TV. Nach über einem halben Jahrhundert trat der ORF beiseite, und Red-Bull-Sender Servus TV griff dankend zu. Wenngleich man sich mit dem ORF arrangierte. Die beiden Sender wechseln sich nun von Wochenende zu Wochenende ab.

Als Newcomer stampfte Servus TV ein F1-Team aus dem Boden. Teils mit altbekannten Gesichtern wie Moderator Andreas Gröbl oder MotoGP-Host Andrea Schlager, aber auch mit Newcomern. Allen voran Ex-Pilot Nico Hülkenberg. Und man ging gleich "all in" und zeigte sämtliche Sessions aus Bahrain im Free-TV.

Nico Hülkenberg und Andreas Gröbl kommentieren für Servus TV, Foto: ServusTV / Alexander Gruber
Nico Hülkenberg und Andreas Gröbl kommentieren für Servus TV, Foto: ServusTV / Alexander Gruber

Die österreichischen Fans, von denen es im Angesicht der beliebten ORF-Berichterstattung überdurchschnittlich viele gibt, honorierten es mit Top-Quoten. Die ORF-Messlatte des Vorjahres (2020 609.000 Zuseher beim Saisonauftakt) wurde erreicht, 639.000 sahen 2021 das Servus-TV-Debüt am Sonntag. Das entspricht 35 Prozent Marktanteil. 1,3 Millionen waren es über das ganze Wochenende hinweg. Außerdem nahmen die Motorsport-Fans das Doppel mit der MotoGP im Anschluss dankend an, dort stellte man mit 281.000 Sehern einen Österreich-Rekord auf.

Formel 1 TV-Kritik: Großer Preis von Bahrain 2021

So lief’s bei Servus TV: In die Fußstapfen des ORF-Erfolgsduos Ernst Hausleitner und Alex Wurz zu treten ist eine Herausforderung - aber Servus TV hat beim F1-Debüt die Feuertaufe bestanden. Es war noch nicht perfekt, aber die Mischung stimmt. Nur an Erfahrung fehlt es noch, was nicht überrascht. Schließlich war es das erste F1-Rennen der Sendergeschichte, und für mehrere Experten, darunter auch Co-Kommentator Nico Hülkenberg, der erste echte Auftritt. "Der Schmäh rennt noch nicht", wie man auf österreichisch sagt. Das Team braucht einfach ein bisschen mehr Zeit zusammen, um sich einzuspielen.

Kommentator Andreas Gröbl und Co Nico Hülkenberg waren zeitweise noch ein bisschen holprig. Bemerkbar für Langzeit-F1-Seher: Es fehlte gelegentlich Gefühl für den Fluss von Training, Qualifying und Rennen. Wann ist es Zeit für Strategie, wann für Strecken-Action, wann für Hintergründe? Aber wir wollen nicht zu viel jammern, und sicher nicht davon ablenken: Gröbl und besonders Hülkenberg konnten mit fachlicher Kompetenz glänzen. Dass Hülkenberg die aktuellen F1-Autos besser kennt als alle anderen deutschsprachigen Experten kam klar beim Zuseher an. Dank Ex-Mercedes-Aerodynamiker Philipp Brändle gab es außerdem in FP3 und nach dem Rennen Technik-Input von einem Techniker. Die Idee ist gut, und wurde gut umgesetzt.

Das Rahmenprogramm war grundsolide. Alle Sessions wurden live übertragen. Andrea Schlager und Ex-F1-Pilot Christian Klien lieferten vor Ort Einschätzungen und exklusive Interviews. Größtes Manko: Mit der MotoGP am gleichen Wochenende wurde das Servus-TV-Programm ziemlich voll. Wer die volle Nachberichterstattung wollte, musste online ausweichen. Oh, und Werbeunterbrechungen? Ja, gibt es, zum ersten Mal in Österreich, aber man kann damit leben. Wie schon in der MotoGP angenehm kurz, und immer mit Splitscreen. Nur just beim Beginn des ersten Boxenstopp-Zyklus in die Werbung zu gehen ist nicht optimal.

So lief’s bei Sky: Verglichen mit dem Sparflammen-Engagement der vergangenen Jahre startete der Pay TV Sender mit einem Großaufgebot an Personal vor Ort in seine Live-Alleinherrschaft auf dem deutschen Markt. Das machte sich durchaus positiv bemerkbar. Neuzugang Timo Glock brachte mit seiner Expertise am Analyse-Bildschirm und seiner sympathischen, lustigen Art frischen Wind ins Programm. Daumen hoch. Zudem sorgte das Rotationsprinzip mit Glock und Ralf Schumacher als Co-Kommentator, Experte und Streckenreporter für willkommene Abwechslung während der Übertragungen.

Ralf Schumacher bleibt 2021 bei Sky, Foto: LAT Images
Ralf Schumacher bleibt 2021 bei Sky, Foto: LAT Images

Einzig Glocks Freiluft-Dart-Challenge hat noch Luft nach oben, andererseits: Wenn Kimi mal ein TV-Segment Spaß zu machen scheint, dürfen wir uns eigentlich nicht darüber beklagen. Möglicherweise lag’s aber auch nur daran, dass Kimi damit viel schneller als bei einem normalen TV-Interview fertig war und kaum sprechen musste...

Die Rolle von Strategie-Experte Leo Lackner wirft derweil mehr Fragezeichen auf als die Testperformance von Mercedes. Der Strategie-Alarm-Sound war eher abschreckend, die Rennprognose zäh und die Schalte in den Schlussrunden wirkte aufgedrückt und zerstörte den Fluss eines dramatischen Finish. Den schwerwiegendsten Kritikpunkt gab es jedoch schon in den Freien Trainings: Werbeunterbrechungen während der Sessions! Lautete das Alleinstellungsmerkmal jahrzehntelang „alle Sessions live und ohne Werbeunterbrechung“, scheint sich das durch die Live-Monopolstellung geändert zu haben. Das Motto ist nun wohl, die neu gewonnenen zahlenden Abonnenten, die bislang RTL gewohnt waren, mit kurzen Werbepausen zu entwöhnen - oder ist es doch nur frech?