„Scheiße!“ Klarer als Franz Tost hätte man die Bilanz AlphaTauris beim Formel-1-Saisonstart 2021 in Bahrain kaum formulieren können. Sicht- und hörbar schlecht gelaunt trat der Teamchef nach dem ersten Rennen des Jahres bei einem Auftritt im AvD Motor & Sport Magazin auf SPORT1 am Sonntagabend vor die Webcam und eröffnete gleich einmal mit einem Schimpfwort.

Dabei gab es durchaus auch einen Grund zur Freude. Mit Platz neun erzielte Yuki Tsunoda gleich bei seinem Formel-1-Debüt die ersten WM-Punkte. Das war einem Japaner noch nie zuvor gelungen. Auch zum jüngsten Japaner in den Punkten kürte sich der 20-jährige Rookie durch das Resultat am Sonntag.

AlphaTauri patzt in Bahrain: Fehler schon im Qualifying

Dennoch herrscht im Team längst nicht die beste Laune, nicht einmal bei Tsunoda. Bei Teamkollege Pierre Gasly - Unfall nach dem Restart, Ausfall mit Verdacht auf Getriebeschaden - und Teamchef Tost erst recht nicht. Hintergrund: Für alle wäre deutlich mehr drin gewesen. Tost: „Wir haben ein sehr konkurrenzfähiges Paket und haben nur zwei Punkte eingefahren, das ist sehr enttäuschend.“

Los ging das Übel bereits im Qualifying. Klar könne man auf Tsunoda stolz sei, so Tost. „Aber der hätte mehr Punkte machen können, wenn wir nicht so viele Fehler gemacht hätten.“ Damit meint der Österreicher ausdrücklich nur das Team, nicht den Youngster, wie er im Talk auf Nachfrage von Experte Christian Danner noch einmal herausstellt.

Formel 1 Bahrain: Yuki Tsunoda am Start zur vorsichtig

„Den Fehler haben wir bereits im Qualifying gemacht. Yuki ist im Qualifying eins in seinem einzigen Run die zweit- oder drittschnellste Zeit gefahren. Mit dem Soft Reifen. Dann haben wir entschieden, dass er in Qualifying zwei mit dem Medium fährt, aber diesen Reifen hat er dann nicht ins richtige Fenster gebracht und musste vom 13. Startplatz losfahren. Ich sage das jetzt und habe das auch schon meinen Technikern erklärt: Wenn wir auf Soft geblieben wären, wäre der Yuki wesentlich weiter vorne gestartet“, sagt Tost.

Der Teamchef geht davon aus, dass Tsunoda es bis zum siebten oder sogar sechsten Platz gebracht hätte. Damit hätte sich der Japaner in der Startaufstellung nur knapp hinter Gasly (P5) eingereiht, wäre anders als der Franzose allerdings auf Soft losgefahren. „Und dann schaut die ganze Sache nach dem Start natürlich anders aus“, sagt Tost.

Tsunoda nimmt Schuld auf sich

Damit spielt Tost auf eine bittere Startrunde für den Japaner an. Zwei Ränge verlor Tsunoda im ersten Umlauf, einen weiteren nach dem fliegenden Re-Start nach einem Safety Car. Nur noch P16 statt P13. Das kreidet Tost seinem Schützling ebenfalls nicht an. „Er hat im Startgetümmel etliche Plätze verloren, aber das hängt auch damit zusammen, dass wir ihm gesagt haben, er sollen schauen, die ersten Runde zu überleben. Ein Rennen wird nicht in der ersten Runde gewonnen“, sagt Tost. „Das hat er beherzigt.“

Tsuonda kämpfte gegen gestandene F1-Fahrer wie Vettel und Perez, Foto: LAT Images
Tsuonda kämpfte gegen gestandene F1-Fahrer wie Vettel und Perez, Foto: LAT Images

Tsunoda selbst nimmt den Start unterdessen dennoch auf seine eigene Kappe. „Ich bin zufrieden, dass ich direkt Punkte geholt habe. Das war mein Ziel, ich habe es also auf jeden Fall genossen. Es war aber auch enttäuschend, denn ich habe auf der ersten Runde viele Plätze verloren. Da war ich zu vorsichtig, weil ich mir nichts beschädigen wollte. Das war heute mein großer Fehler. Das musste ich dann erst wieder ausbügeln“, sagt der F1- Novize.

Tost lobt Tsunoda: Sicherer Formel-1-Weltmeister

Das allerdings geschah mit Bravour. Platz um Platz kämpfte sich der Japaner zurück, setzte beachtliche Manöver gegen Rivalen wie Lance Stroll und George Russell oder große Namen wie Kimi Räikkönen und Fernando Alonso. „Im zweiten und dritten Stint ist er sehr gut gefahren und hat zahlreiche Überholmanöver erfolgreich beendet und so zum Schluss noch den neunten Platz belegt“, lobt Tost.

„Er kann den Speed sehr gut abschätzen. Er ist stark auf der Bremse. Und er ist ein Kämpfer. Dieses Selbstbewusstsein ist wichtig. Yuki wird in der Formel 1 sehr erfolgreich sein und viele Rennen gewinnen. Er wird Weltmeister eines Tages, da bin ich sicher. Da steckt viel Arbeit dahinter.“

Tsunoda bremst Alonso aus: Emotionaler Fuji-Flashback

Tsunoda selbst begeistert sich vor allem für ein Duell - ein ganz spätes Ausbremsmanöver gegen Alonso Ende der Zielgeraden. „Ich hin auf der Bremse sehr sicher. Das war schon in der Formel 2 so. Da habe ich so schon sehr gut überholt. In der F1 habe ich es jetzt einfach genauso gemacht, nur mit viel mehr Bremswirkung“, sagt Tsunoda. „Der größte Flashback war, als ich spät bei Fernando reingestochen bin. Das war schon emotional. Den habe ich vor langer Zeit schon in Fuji fahren sehen, als ich sieben Jahre alt war“, erinnert sich der erste in diesem Jahrtausend geborene Formel-1-Pilot.

Pierre Gasly riss sich beim Restart direkt den Frontflügel ab, Foto: LAT Images
Pierre Gasly riss sich beim Restart direkt den Frontflügel ab, Foto: LAT Images

Ablegen kann derweil Tost die schlechte Laune dennoch nicht. Zu groß ist der Ärger über die versäumten Big Points, auch für Tsunoda: „Er hätte besser platziert sein können.“ Bei Gasly sei es eine ähnliche Geschichte, aber noch um einiges dramatischer. „Bei Gasly ist es mit dem Medium aufgegangen“, erinnert Tost an den gelungenen Q3-Einzug des Franzosen.

Pierre Gasly crasht in McLaren: Rennen ruiniert

Das Safety Car zu Rennbeginn habe daraufhin allerdings Probleme bereitet, diese etwas härtere Mischung ins Betriebsfenster zu bringen. „So ist er beim Restart in Kurve vier etwas von der Strecke gerutscht, die McLaren überholen ihn und dann kommt es zu der Kollision, bei der er den Frontflügel verliert“, schildert Tost das frühe Drama für sein heißestes Eisen. „Das war schade. Pierre wäre heute zu 100 Prozent auf den fünften Platz fahren, wenn nicht gar den Vierten. Die Performance war da.“

Stattdessen beendete der Franzose nach 50 Runden am Ende des Feldes das Rennen am Ende vorzeitig. Verdacht auf Getriebeschaden. „Ich bin sehr enttäuscht“, sagt Gasly. „Wir hatten ein starkes Wochenende und von P5 am Start habe ich auf gute Punkte gehofft. Aber nach der Berührung mit Daniel [Ricciardo] war es so ziemlich vorbei.“

Franz Tost: Ich erwarte mehr!

Nicht nur den Frontflügel seines AT-02 riss sich Gasly so ab, auch der Unterboden nahm Schaden. „Das war ein großer Performanceverlust“, berichtet Tost. Ans Ende des Feldes zurückgeworfen war somit nichts mehr zu holen - trotz des eigentlich vielleicht sogar drittschnellsten Autos des vergangenen Wochenendes.

Gerade deshalb könne er nicht gut gelaunt sein, so der Teamchef. Trotz Tsunoda. Tost: "Wir haben ein gutes Auto. Das Paket funktioniert. Das Chassis stimmt, Honda hat im Winter einen super Job gemacht. Die Power ist wesentlich besser als im vergangenen Jahr, auch die Fahrbarkeit. Und wir haben zwei sehr, sehr schnelle Fahrer. Deshalb erwarte ich mir mehr!“