Red Bull geht als Favorit ins Rennen, Max Verstappen erkämpft sich in der Schlussphase im schnellsten Auto die Führung zurück und am Ende gewinnt Lewis Hamilton. Natürlich, wer auch sonst? Die Saison ist schon wieder gelaufen. Immer das gleiche Spiel in dieser faden F1.

Stopp!

Natürlich, ich kann diese Argumentation durchaus nachvollziehen, gerade, da viele Formel-1-Fans das Rennen in Deutschland leider nicht live im TV verfolgen konnten (unser Motorsport-Magazin Live-Ticker verschafft wenigstens etwas Abhilfe!).

Aber für mich trifft das genaue Gegenteil zu: Dieser Sieg von Lewis Hamilton lässt mich auf eine fantastische Saison voller Hochspannung hoffen. Ich mag den Begriff "Epic" nicht sonderlich, aber ja, vielleicht sogar eine epische Saison, die den Beginn einer neuen legendären Formel-1-Rivalität zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton darstellen könnte.

Endlich gute Regeländerungen in der Formel 1!

Warum?

Weil wir falsch gelegen haben. Okay, nicht allein deswegen, aber im weitesten Sinne: Die aerodynamischen Eingriffe an den ansonsten weitestgehend unveränderten 2020er Autos, vor allem jener am Unterboden, haben einen größeren Effekt als zunächst angenommen.

James Allison hat es schon lange gewusst. Deshalb ist wahrscheinlich auch er Technischer Direktor und nicht wir. Als Allison zu Jahresbeginn mehrfach betonte, dass diese Veränderungen schwerwiegender seien, als es von außen den Anschein haben möge, dachten wir noch, dass Tiefstapel-Toto auf seinen Technikchef abgefärbt hätte. Pustekuchen.

Sowohl der Mercedes als auch der ähnlich konzipierte Aston Martin leiden stark unter den Änderungen, beide Teams haben unter anderem mit der Fahrbarkeit ihrer Autos zu kämpfen. Die Diva ist zurück! Gerade auf einer Runde im Qualifying liegt der bisherige Branchenprimus Mercedes überraschend weit hinter Red Bull, die ihrer Favoritenrolle in Bahrain gerecht wurden - obwohl sie diese am Ende noch nicht ausnutzen konnten, als es darauf ankam.

Zweikampf bis zur Ziellinie - wann hat es das zuletzt gegeben?

Aber das ist der nächste Punkt, warum uns eine dramatische Saison ins Haus stehen könnte: Red Bull ist im Qualifying besser, Mercedes im Rennen deutlich näher dran - aktuell aber noch einen Tick langsamer.

Das bedeutet: Am Ende gewinnen der beste Fahrer und das beste Team, das die wenigsten Fehler macht, die cleverste Strategie ausklügelt oder auch mal das Glück des Tüchtigen hat. Also genau das, was die Formel 1 ausmachen sollte. Spannung, Dramatik und Abwechslung garantiert.

Ein rundenlanges Duell um den Sieg mit wechselnder Führung und Ungewissheit über den Sieger bis zur Ziellinie? Das kannten wir bisher vor allem von der Schwärmerei unserer MotoGP-Kollegen in der Redaktion. In Bahrain blickten jedoch diese neidisch zu uns herüber: So muss Formel 1 aussehen!

Umgedrehte Vorzeichen: Red Bull legt vor, Mercedes muss aufholen

Klar, Bahrain ist kein Gratmesser für die gesamte Saison. In Imola kann es schon wieder ganz anders ablaufen, aber gerade das ist ja Teil der Faszination Formel 1 2021. Niemand weiß, wie es weitergeht oder was passieren wird.

Red Bull hat in der Hybrid-Ära seit 2014 in Bahrain nur dreimal auf dem Podium gestanden (inklusive diesem Wochenende). Für gewöhnlich kommen sie zu Saisonbeginn eher schleppend aus den Startlöchern. 2021 war beides anders und sie hatten zum ersten Mal seit ihrer letzten Weltmeistersaison 2013 zum Saisonbeginn das schnellste Auto im Feld.

Das wird Mercedes nicht auf sich sitzen lassen und die Weiterentwicklung ihrer nicht mehr ganz so silbernen Diva vorantreiben. Die Weltmeister haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass sie Niederlagen und Rückschläge umso mehr antreiben, neue Maßstäbe zu setzen. Ferrari kann davon nach der Motor-Eskapade des Vorjahres ein alles andere als fröhliches Liedchen trällern.

Diva gegen Stier: Die Weichen für das größte Formel-1-Spektakel der letzten zehn Jahre sind gestellt. Jetzt darf sich bis Abu Dhabi nur kein Trulli-Train auf die Gleise verirren...