Der Formel-1-Kalender 2020 wird - so die Saison überhaupt einmal starten wird - höchstens noch in Ansätzen seinem ursprünglichen Gerüst entsprechen. Wegen der Coronavirus-Pandemie wurde inzwischen beinahe die erste Hälfte des geplanten Programms an Rennen verschoben oder sogar vollständig abgesagt. Derzeit arbeiten kommerzieller Rechteinhaber, FIA und Streckenbetreiber in Abstimmung mit Regierungen und Experten an einem Notfallprogramm.

Dabei herrscht inzwischen kaum noch ein Denkverbot. Die kritische Situation fordert, zumindest durchzuspielen, völlig neue Wege zu beschreiten. So gilt als aktuell wahrscheinlichstes Szenario ein Saisonstart in Österreich - mit gleich zwei Rennen hintereinander auf dem Red Bull Ring -, gefolgt von einem Doppel in Silverstone.

Acht GP Regel-Soll: Mehrere Formel-1-Rennen je Strecke?

So hätte die Formel 1 bereits die Hälfte der für einen WM-Status nötigen acht Rennen erfüllt. Noch dazu helfen zwei Events je Standort bei der Logistik und vor allem bei der Einreise. In vielen Ländern herrschen dabei strikte Bestimmungen - aus Sorge, Reisende könnten das Coronavirus (erneut) einschleppen. Mit mehreren Rennen je Austragungsort und Verzicht auf andere könnte sich die F1 so einige langwierige und aufwändige Vereinbarungen ersparen.

Damit nicht genug. Warum nicht gleich drei oder vier Rennen je Strecke? Und - damit es nicht langweilig wird - gleich noch auf verschiedenen Layouts? Insbesondere aus Silverstone waren derartige Gedankenspiele bereits zu vernehmen. Allerdings spielt dabei auch die Sicherheit eine Rolle. Zumindest die bis 2009 genutzte Streckenvariante erscheint vorstellbar.

Unterschiedliche Streckenvarianten - sogar andersherum?

Noch leichter wäre es in Le Castellet. Der Circuit Paul Ricard ist sehr weitläufig, bietet mehr als 100 Streckenvarianten, die sofort und ohne großen Umbau möglich wären. Allerdings ist die gerne als Parkplatz verschriene Strecke alles andere als beliebt. Noch dazu steht auch der Frankreich GP offenbar kurz vor der, wohl vollständigen, Absage. Frankreich ist von Covid-19 besonders stark betroffen.

Formel 1 News-Update: F1 für 100 Millionen pro Team? (13:00 Min.)

Die Gedankenspiele - etwa in Silverstone - gehen jedoch noch weiter. Sie reichen inzwischen bis hin zu der Idee, einfach in die andere Richtung zu fahren. Einfach? Mitnichten. Wieder geht es um die Sicherheit. Ohne Umbaumaßnahmen, neue Barrieren und eine Abnahme durch die Delegierten der FIA geht es nicht. Einfach nur andersherum starten ist ausgeschlossen.

Charles Leclerc träumt: Wäre richtig cool!

Grundsätzlich großen Gefallen an der Idee findet jedoch so manch einer, auch unter den Fahrern. „Das wäre richtig, richtig cool. Wir würden alle die Strecke neu entdecken. Das wäre auch beim Auto ganz anders, das wäre eine interessante Idee“, schwärmte etwa Ferrari-Pilot Charles Leclerc in einer Videokonferenz mit Journalisten, darunter auch Motorsport-Magazin.com.

Einfach nur so daher redet der Monegasse nicht. Mit Reverse Layouts kennt Leclerc sich aus. „Im Kart habe ich das gemacht und bin eine Strecke erst in die eine Richtung gefahren, dann in die andere. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass du eine neue Strecke entdeckst“, berichtet der 22-Jährige. „Wir müssen dann die Strecke definitiv neu lernen. Es ist, als würdest du auf einer neuen Strecke fahren.“

Leclerc: Reverse-Layout nimmt Routiniers Erfahrungsvorsprung

Gerade für ihn mit nur zwei Jahren F1-Erfahrung und seine Generation könnte daraus sogar ein Vorteil entstehen - respektive ein Nachteil egalisiert werden. Leclerc: „Das macht es spannend, weil erfahrene Fahrer dann weniger über die Strecke wissen werden und alle auf einem gleichen Level beginnen.“ Riesige Unterschiede dürfe man allerdings nicht erwarten. „Ich bin mir sicher, dass es die Dinge nicht entscheidend ändern würde. Lewis wäre sicher noch immer der Favorit“, sagt Leclerc.

Die Tatsache, Bekanntes so völlig neu zu erfahren, allein würde Leclerc jedoch reichen. „Es wäre echt spannend, eine Strecke wie Silverstone in die andere Richtung zu fahren - so schnell in Maggots und so anzukommen. Echt aufregend!“

Andere Layouts als Mittel gegen Streckenspezialisten

Einen weiteren Vorteil könnten das Fahren entgegen der gewohnten Richtung oder zumindest alternative Layouts auch noch bieten: So wäre die Gefahr gemindert, dass ein Team womöglich gleich mehrfach davon profitiert, wenn eine Strecke seinem Boliden besonders gut liegt.

Leclerc stuft dieses Problem allerdings nur als sekundär ein. „Mit Fairness kann man immer argumentieren. Man muss sich dann einfach die Situation ansehen und das meiste daraus machen“, sagt der Ferrari-Pilot. Wichtiger sei erst einmal, überhaupt das Maximum an Racing herauszuholen. Leclerc: „Wenn es geht, mehrmals auf der gleichen Strecke zu fahren, dann sollten wir uns diese Möglichkeit ansehen, um möglichst viele Rennen zu haben.“