Der Blick auf die ersten zwei Rennergebnisse der Formel-1-Saison 2024 ist für Ferrari bittersüß. Die Scuderia hat sich klar als zweite Kraft hinter Red Bull entpuppt, der Rückstand scheint im Vergleich zur Vorsaison halbiert - und dennoch ist die Lücke auf Max Verstappen riesig. "Ich finde es aber schwierig, den Rückstand zu vergleichen", wirft Charles Leclerc ein.

Der Monegasse kennt die ganze Wahrheit. 2023 startete er in Saudi Arabien nach einer Startplatzstrafe nur im Mittelfeld. In diesem Jahr ging er neben Verstappen aus Reihe eins ins Rennen. Allein dadurch war man im Rennen näher dran. Trotzdem ist der Trend bei Ferrari klar. "In den letzten sechs oder sieben Monaten waren wir jenes Team, das sich am stärksten verbessert hat", analysiert Leclerc.

In den ersten beiden WM-Läufen zeigte sich Ferrari so stark verbessert, dass man in einer eigenen Liga fuhr: Hinter Red Bull, vor dem Rest der Welt. In der Konstrukteurs-WM liegt die Scuderia mit 49 Punkten 38 Zähler hinter Red Bull aber trotzdem noch - trotz des kurzfristigen Einsatzes von Ersatzfahrer Oliver Bearman - 21 Zähler vor McLaren.

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Angesichts des großen Rückstands lautet Leclercs Motto: The Trend is your Friend. "Das ist ein positives Signal. Es bedeutet, dass wir gut arbeiten, wir müssen uns auf uns selbst fokussieren und damit weitermachen. Langsam werden wir dann die Lücke zu Red Bull schließen", hofft er.

Im Gegensatz zum Vorjahr erwartet Leclerc keine Performance-Ausreißer mehr. Ferrari war zwar auf extrem schnellen Kursen wie Monza oder auf extrem langsamen wie Singapur konkurrenzfähig, dafür erlebte man auf anderen Strecken ein böses Erwachen.

Ferrari: 2024 keine Performance-Schwankungen mehr

"Wir sollten dieses Jahr mit unserer Konkurrenzfähigkeit ziemlich konstant sein. Natürlich hat man etwas mehr Probleme an einem Wochenende, wenn man das Setup nicht hinbekommen. Aber ich wäre überrascht, wenn einige Strecken viel besser oder schlechter wären als andere - denn unser Paket ist viel stärker", so Leclerc.

Viel stärker, aber eben nicht stark genug. Während Verstappen im Qualifying in Reichweite ist, geht die Schere im Rennen erneut auseinander. Aber aus anderen Gründen als noch vor einem Jahr: "Wir haben schon letztes Jahr am Ende einen Schritt beim Reifenabbau gemacht. Wir müssen dort noch mehr machen, aber das ist derzeit nicht das Problem. Uns fehlt schlicht die Pace. Sobald wir mit mehr Benzin fahren, verlieren wir mehr als Red Bull. "

Die schnellste Rennrunde, die Leclerc in der letzten Runde in Jeddah fuhr, verzerrt das Bild etwas. "Wir hatten DRS auf einer Geraden. Es war eine richtig gute Runde, aber ich habe die letzten 15 Runden nicht mehr richtig gepusht, um meine Reifen für die schnellste Rennrunde aufzusparen - und das hat funktioniert", erklärt der 26-Jährige.

"Wir sprechen im Renntrimm über etwa vier Zehntelsekunden - das ist noch immer signifikant", räumt er ein. "Aber ich bin optimistisch. Ich schaue nicht auf den Abstand, ich blicke auf die Gesamtsituation des Teams. Die Arbeitsweise und unsere Ideen, wie wir uns verbessern, geben mir das Vertrauen, dass wir sie auf manchen Strecken mehr unter Druck setzen können. Aber für den Moment ist der Rückstand zu groß, um unter normalen Umständen gewinnen zu können."

Ein Grund für den Ferrari-Aufschwung ist Teamchef Fred Vasseur. "Für ihn ist es wichtig, klare Ideen zu haben und zu wissen, wo das Hauptaugenmerk für das Team liegen muss, um sich zu verbessern. An einem Wochenende könnte man über 1000 Dinge optimieren, aber man muss sich auf drei davon und nicht auf 20 fokussieren. Fred war sehr klar darin, in welche Richtung es gehen muss und das zahlt sich nun aus", lobt Leclerc.