In Abu Dhabi endet eine intensive Formel-1-Saison 2018. Zeit für einen ersten Rückblick auf ein extrem spannendes Jahr. Wer wäre dazu besser geeignet als Bernie Ecclestone? Motorsport-Magazin.com traf den ehemaligen F1-Boss im Fahrerlager, um seine immer ganz besondere Sicht der Dinge abzufragen. Das sagt Ecclestone über die Top-Themen Sebastian Vettel, Ferrari, Lewis Hamilton, Max Verstappen und Liberty Media:

Motorsport-Magazin.com: Ferrari schien zu Saisonbeginn das stärkste Auto und alles in der Hand zu haben. Was ist Ihrer Ansicht nach dann passiert?
Bernie Ecclestone: Ja, es schien schon sicher, dass sie die WM gewinnen würden.

Bernie Ecclestone über Backgammon mit Sebastian Vettel

Was ging dann schief?
Bernie Ecclestone: Ich denke, da spielten mehrere Dinge zusammen. Das Team hat nicht getan, was es hätte tun können und tun sollen. Sebastian war dann etwas niedergeschlagen und ist nicht mehr so gut gefahren wie er hätte können und sollen. Es war eine Reihe von Dingen.

Hat Ferrari Seb im Stich gelassen oder Seb Ferrari?
Bernie Ecclestone [überlegt kurz]: Das ist für mich schwer zu sagen. Denn du weißt ja, dass ich ein guter Freund von Seb bin …

Ecclestone: Ferrari hätte sich besser um Vettel kümmern müssen

Ja, in Brasilien haben Sie ja noch Backgammon gegen ihn gespielt! Wer hat da eigentlich gewonnen: Sie oder Seb?
Bernie Ecclestone: Du weißt ja, Seb ist ein Freund ... [lacht]

Aber nochmal zurück: Wer hat jetzt wen mehr im Stich gelassen?
Bernie Ecclestone: Ich denke, dass man sich um Seb etwas mehr hätte kümmern müssen als es geschehen ist. Als er bei Red Bull war, haben sich die Leute um ihn gekümmert und sichergestellt, dass bei ihm alles in Ordnung ist. Und bei Ferrari war er einfach ein weiterer Kerl, ein Angestellter.

Ecclestone: Ferrari hat WM verloren, haben Mercedes geholfen

Haben denn eher Ferrari und Seb die WM verloren oder Hamilton sie gewonnen?
Bernie Ecclestone: Sie haben sie verloren, ganz sicher. Hamilton und sein Team haben einen klasse Job gemacht. Aber ihnen ist auch etwas von Ferrari geholfen worden.

War es für Sie die beste Formel-1-Saison, die wir seit einer ganzen Weile gesehen haben?
Bernie Ecclestone: Ja, absolut. Es sah schon gleich zu Beginn sehr vielversprechend aus. Echt super. Die WM hätte sich aber erst hier entscheiden sollen, nicht da, wo es passiert ist.

Ecclestone: Max Verstappen bereit für den WM-Titel

Wenn wir in die Zukunft blicken, dann haben wir einen aufsteigenden Star, Max Verstappen ...
Bernie Ecclestone: Ja!

Wird so die Formel 1 der Zukunft aussehen? Hamilton gegen Vettel gegen Verstappen?
Bernie Ecclestone: Ja, natürlich. Aber vielleicht kommen da noch ein paar andere dazu. Aber Max macht einen fantastischen Job. Er wird Weltmeister werden. Ob nächstes Jahr oder im Jahr danach - aber er wird es werden.

Ist er schon bereit für die WM? Wenn wir an Brasilien denken, da sah es etwas so aus als ob ...
Bernie Ecclestone: Oh ... nein. Er ist bereit. Was er auch dieses Wochenende wieder macht ist gut.

Ecclestone: Hätte Dinge anders gemacht als Liberty …

Wie zufrieden sind Sie diese Saison mit Liberty Media und dem, was sie strategisch für die Zukunft in die Wege geleitet haben?
Bernie Ecclestone: Sie haben viele Dinge gemacht, die ich nicht gemacht hätte. Ich hätte gedacht, dass sie ein paar Dinge anders machen. Aber es ist ihre Angelegenheit. Ihnen gehört das Geschäft und sie entscheiden, was sie tun.

Das Concorde Agreement war immer etwas, worin Sie sehr gut waren. Also mit all den verschiedenen Interessen hier umzugehen, die verschiedenen Parteien unter einen Hut zu bekommen. Wie sehen Sie die Situation da gerade?
Bernie Ecclestone: Es ist nicht leicht für sie [Liberty Media, Anm. d. Red.], das hinzubekommen. Es hängt davon ab, was sie versuchen zu tun. Wir hatten unterschiedliche Tagesordnungen. Sie sagen, dass sie langfristig denken. Aber ich weiß nicht, was Sie damit genau meinen. Da müssen wir abwarten.

Sie meinen, dass Sie immer mehr auf die nahe Zukunft fokussiert waren und Liberty die kurzfristigen Angelegenheiten etwas vernachlässigen?
Bernie Ecclestone: Ich denke, wenn neue Leute kommen, dann müssen sie schauen, dass sie liefern.