Regeln sind in der Formel 1 so eine Sache. Im Gegensatz zum Fußball gibt es den Videoschiedsrichter schon immer, dazu gibt es Telemetriedaten und reichlich Zeit, Entscheidungen zu treffen. Und trotzdem gibt es Diskussionen über Entscheidungen. Weil auch das Reglement in der Formel 1 Interpretationsfreiraum lässt.

Beim Russland GP in Sotschi gab es deshalb Diskussionen zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel. Hamilton beschwerte sich über Vettel, weil der seine Position angeblich unfair verteidigte. Auf der langen Start- und Zielgeraden saugte sich der Mercedes-Pilot im Windschatten an, kam näher und näher und zog schließlich auf die Innenbahn.

Hamilton: Vettel hat zweimal Richtung gewechselt

Doch Vettel schmiss die Tür heftig zu, Hamilton konnte eine Kollision nur knapp vermeiden. "Für mich ist er erst nach innen gegangen, dann hat er sich nochmal bewegt und mich fast in die Mauer gedrückt", beschwerte sich Hamilton nach dem Rennen.

Hamilton saugt sich im Windschatten an Vettel an, Foto: Sutton
Hamilton saugt sich im Windschatten an Vettel an, Foto: Sutton

"Meiner Meinung nach hat er zweimal Linie gewechselt, aber ich glaube, sie haben das nicht gesehen", so Hamilton in Richtung Rennleitung. Doch die Rennleitung hatte den Zwischenfall sehr wohl auf dem Radar und gab die Szene an die Stewards weiter.

Nach einigen Minuten hatten die Mannen um Chefsteward Garry Connelly eine Entscheidung getroffen: Keine weitere Maßnahme nötig. Die Begründung fiel kurz und schlüssig aus: "Bei der Aktion von Fahrer 5 [Sebastian Vettel] gab es keine zwei signifikanten Richtungsänderungen."

In Anhang L Kapitel IV 2b) des International Sporting Codes (ISC) ist klargestellt, wie sich Fahrer gegen einen Überholversuch wehren dürfen. "Mehr als eine Richtungsänderung ist nicht erlaubt", heißt es dort ganz klar.

Hamilton forderte Klarstellung

Hamilton brachte das Thema deshalb in Japan erneut auf den Plan. Im Fahrer-Briefing am Freitagabend wurde über die Szene diskutiert. Wechselte Vettel nicht zweimal die Richtung, indem er erst leicht nach rechts zog und anschließend noch einmal in die gleiche Richtung?

Rennleiter Charlie Whiting stellte daraufhin die Regeln klar. "Die Regel mit den zwei Bewegungen bezieht sich traditionell darauf, wenn ein Fahrer eine Bewegung in die eine Richtung macht und dann eine zweite in die andere Richtung. Das haben wir wohl alle unter dieser Regel verstanden", so Whiting. "Aber ich habe nun klargestellt, dass wenn ein Fahrer zwei Bewegungen in die gleiche Richtung macht, es identisch angesehen wird, als wenn er sie in unterschiedliche Richtungen machen würde."

Warum wurde Vettel in Sotschi nicht bestraft?

Doch warum wurde Vettel dann in Sotschi nicht bestraft? "Ich muss gestehen, als ich den Zwischenfall in Russland sah, dachte ich das Gleiche: Er hat sich zweimal bewegt", so Whiting. "Ich habe es von Lewis' Onboard gesehen. Aber wenn man es sich von den Streckenkameras und von vorne ansieht, wenn sie auf dich zukommen, dann ist es weniger klar. Es sieht wie eine Bewegung mit einem Zögern aus. Es sieht nicht wie zwei deutliche Bewegungen aus, weshalb die Stewards eine Strafe nicht für vertretbar hielten."

"Wenn sich Sebastian einmal bewegt, dann geschaut hätte und dann noch einmal ganz klar rübergezogen wäre, dann wäre es genauso schlimm gewesen, wie wenn es in zwei unterschiedliche Richtungen gewesen wäre", so Whiting. "Das habe ich klargestellt."