Charles Leclerc ist in der Formel-1-Saison 2018 die große Überraschung. Sauber-Teamkollege Marcus Ericsson macht der kometenhafte Aufstieg des Ferrari-Juniors das Leben gleich doppelt schwer. Der Schwede verlor nach soliden Vorstellungen an den ersten Rennwochenenden früh den Anschluss an den Rookie - und das nicht nur, weil dessen Lernkurve so steil ist.

"Charles ist wirklich gut darin im Qualifying das Limit zu finden und das Auto zu spüren", so Ericsson über die bestechende Pace des Stallgefährten. Teamintern ist Leclerc seit dem dritten Rennwochenende ungeschlagen. Acht Mal entging er dabei der Elimination im Q1, bei drei Zeittrainings fuhr er mit dem Sauber sogar ins Q3.

"Ich habe immer sehr hart am Qualifying gearbeitet und es ist für mich wahrscheinlich der beste Moment am Wochenende. Ich genieße es immer sehr, auf der fliegenden Runde das Limit zu pushen", so Leclerc, den seine Ausbeute am Samstag zufriedenstellt: "Das hat an den letzten Rennwochenenden ganz gut funktioniert."

Ericsson in der Setup-Sackgasse: Sauber-Fokus auf Leclerc

Ericsson hingegen schaffte den Sprung aus dem Q1 bisher nur drei Mal. "Wir haben uns jetzt schon eine ganze Weile auf das Qualifying konzentriert und daran gearbeitet. Ich denke, es geht in die richtige Richtung", so der 27-Jährige. In Silverstone und Hockenheim gelang ihm zuletzt zwei Mal in Folge der Sprung ins Q2.

Leclerc war zwar weiterhin unerreichbar, doch zuvor steckte Ericsson offenbar in einer regelrechten Sackgasse fest. "Wir haben uns mehr auf mich fokussiert und nicht mehr so sehr auf Charles und sein Setup, denn wir haben unterschiedliche Fahrstile. Das war ein bisschen ein Problem, denn Charles fuhr so gut und wir haben uns nur nach seinem Setup gerichtet", erklärt der Schwede. "Das hat für mich nicht so gut funktioniert."

Der Teufel steckt wie immer in der Formel 1 im Detail. "Charles mag viel Rotation und eine stabile Vorderachse. Ihm macht es nichts aus, wenn das Heck etwas instabil ist", so Ericsson. "Bei mir ist es umgekehrt. Ich verlasse mich gerne auf das Heck, besonders am Kurveneingang." Leclerc sieht im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com hingegen keinen verstärkten Fokus auf seine Seite der Garage.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Ungarn GP (08:18 Min.)

Leclerc widerspricht Ericsson: Musste auch meinen Fahrstil anpassen

"Ich sehe das nicht wirklich. Natürlich arbeiten wir als Team zusammen um das Auto besser zu machen", so der Monegasse. Er sieht bei Ericsson eher die Problematik, mit der er 2018 ebenfalls schon zu kämpfen hatte. "Manchmal passt das Auto einem Fahrstil einfach besser als einem anderen. Zu Saisonbeginn war ich derjenige, der damit gekämpft hat seinen Fahrstil an das Auto anzupassen, und nicht umgekehrt."

An den ersten beiden Rennwochenenden war Ericsson im Qualifying schneller. "In den ersten Rennen fuhr ich einfach nicht gut. Da war die Performance wegen mir nicht so gut", sagt Leclerc. Ericsson hingegen gesteht auch, dass die Niederlagen gegen den Teamkollegen nicht alleine vom Setup des C37 abhängen.

"Ich denke, das Qualifying ist auch eine Frage des Selbstvertrauens. Wenn du einen schlechten Lauf hattest, steckst du in diesem Formtief. Ich habe das Gefühl, dass mir ein oder zwei richtig gute Qualifyings helfen würden, dieses Selbsvertrauen zurückzuerlangen. Es gibt Dinge am Auto die wir ändern müssen, aber wenn ich es schaffe ein paar gute Zeittrainings zu haben, wird das meiner Performance auch helfen."

Ericsson baut auf Rennpace: Man muss seine Stärken ausspielen

Zumindest in den Rennen läuft es bei Ericsson dieses Jahr besser als in der Vergangenheit. Seine Durststrecke von 50 punktelosen Rennen beendete er in Bahrain und punktete danach in Österreich und Deutschland noch zwei weitere Male. "Man muss seine Stärken ausspielen und eine meiner Stärken ist es, die Reifen am Leben zu halten und dabei die Pace konstant zu halten", so Ericsson.

"Ich versuche im ersten Stint immer länger draußen zu bleiben und wenn die anderen Fahrer dann an die Box kommen und ich freie Bahn habe, versuche ich die guten Rundenzeiten zu halten. So weißt du, dass du am Ende mit einem frischen Reifen nochmal stark bist. Aber das ist natürlich auch keine kugelsichere Strategie die überall funktioniert. Du musst von Rennen zu Rennen flexibel sein", fügt er an.

Leclerc freut sich auf den Hungaroring: Wie zu Go-Kart-Zeiten

Der Sauber an sich scheint mittlerweile tatsächlich überall zu funktionieren. Also auch auf dem Hungaroring? "Normalerweise ja", sagt Leclerc, der gleichzeitig erklärt, dass man in Hockenheim nicht so zufrieden war: "Wir dachten, dass wir ein besseres Wochenende als erwartet haben würden. Aber die Rennpace war sogar schlechter als gedacht."

Als Benchmark hat sich Hinwil bereits das Top-Team im Mittelfeld ausgesucht. "Wir haben uns mit Renault verglichen und sie waren etwas stärker als wir", so Leclerc. "Aber wir haben ein paar Antworten bekommen, was wir besser machen können. Und sie hatten von Silverstone auf Hockenheim wahrscheinlich auch einen Schritt gemacht."

In Budapest will er nach dem kleinen Knick seiner Formkurve in Hockenheim wieder zu seinen starken Leistungen zurückfinden. Den Hungaroring im Formel-1-Auto kennt er von seinem Testeinsatz 2017 für Ferrari. "Ich genieße es hier wirklich, es erinnert mich etwas an meine Go-Kart-Zeiten. Überall Kurven und keine Zeit nachzudenken. Außerdem fühle ich mich in technischen Streckenabschnitten sehr wohl, und hier ist im Prinzip alles technisch."