Der Renngott will Valtteri Bottas in der Formel-1-Saison 2018 einfach nicht erlösen. Beim Großen Preis von Frankreich zählte der Mercedes-Pilot nach einer starken Leistung im Qualifying wieder einmal zu den Siegkandidaten. Sebastian Vettel schmiss dem Finnen mit seiner ungestümen Aktion am Start jedoch den nächsten Knüppel zwischen die Beine. Statt dem ersten Saisonsieg gab es nur Platz sieben. Bottas kann sein Pech nicht fassen.

"Ich weiß nicht, ob ich angesichts dieses Rennens lachen oder weinen soll", so der 28-Jährige, der bei der Startkollision in der ersten Kurve machtlos war. Vettel hatte ihn im Windschatten Lewis Hamiltons beim Run auf die erste Passage zunächst überholt. Beim anbremsen nahm Bottas dem Ferrari-Piloten jedoch wieder einige Meter ab und war beim Einlenken auf der Außenbahn vorne. Vettel verschätzte sich und traf den Silberpfeil-Piloten am linken Hinterrad.

"Ich war in Turn 1 außen und kam vor Sebastian in der Kurve an. Ich wusste, dass ich wenn ich diese Linie halte, in Turn 2 innen sein würde. Ich habe ihm innen ausreichend Raum gelassen, aber er ging trotzdem weit. Plötzlich wurde ich von hinten getroffen und mir war sofort klar, dass es Sebastian gewesen sein musste", schildert Bottas den Unfallhergang aus seiner Sicht.

Bottas kritisert "seltsamen" Vettel sowie Strafe: Habe mehr als fünf Sekunden verloren

"Er hat sich entschuldigt", so Bottas, der gleich nach dem Fallen der Zielflagge von seinem Unfallgegner aufgesucht wurde. Der Sportsgeist Vettels half ihm in seiner Trauer um ein verlorenes Top-Resultat aber herzlich wenig: "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es war einfach seltsam, was er da gemacht hat. Ich schätze, es war einfach ein Fehler."

Vettel erhielt von der Rennleitung eine 5-Sekunden-Zeitstrafe, welche er bei seinem zweiten Boxenstopp in der Schlussphase absaß. In den Augen von Mercedes-Boss Niki Lauda ein zu mildes Urteil der Rennleitung. "Warum bekam Vettel nur fünf Sekunden für diesen enormen Fehler? Das verstehe ich nicht. Das ist zu wenig", so der Österreicher bei Sky Sports UK. "Fünf Sekunden sind nichts. Er hat sich selbst und Bottas das ganze Rennen zerstört."

Bottas selbst forderte zwar keine Strafe, stimmte seinem Chef aber insofern zu, dass Vettel bei der Aktion selbst mit der Strafe im Vergleich zu ihm ziemlich gut wegkam. "Ich habe sicherlich mehr als fünf Sekunden verloren", so der Finne, der am Ende mit fast anderthalb Minuten Rückstand auf Rennsieger Hamilton und 20 Sekunden Rückstand auf Vettel die Ziellinie überquerte. "Aber wenigstens ist es eine Strafe und jeder weiß, wer die Schuld hat."

Folgeschaden von Vettel-Crash raubt Bottas jede Chance

Tatsächlich hatte Bottas im Gegensatz zu Vettel das gesamte Rennen mit den Nachwehen der Kollision zu kämpfen. Während Vettel nach dem Wechsel seines zerstörten Frontflügels wieder einen voll funktionsfähigen Ferrari pilotierte, war bei Bottas durch den Plattfuß hinten links weit mehr zu Bruch gegangen. "Der kaputte Reifen drehte sich auf der Felge und beschädigte den Unterboden", erklärt er.

Im weiteren Rennverlauf mühte sich Bottas mit dem waidwunden F1 W09 ab. "Es war sehr schwierig zu fahren. Ich spürte einen Gripverlust an der Hinterachse", so Bottas. "Ich rutschte viel herum und es frustrierte mich, dass es nicht schneller ging. Das machte es schwer, sich nach vorne durchzukämpfen." Bottas hatte wie Vettel in der ersten Runde beim Reparaturstopp einen Satz Soft-Reifen aufgezogen. Der Plan des Teams sah vor, das Rennen mit diesem zu beenden.

"Der Schaden war ziemlich heftig. Valtteris Kommentare über das Auto waren, dass es schockierend zu fahren war. Das hat sein Rennen ruiniert", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff, der sich was die Bestrafung Vettels anging lieber enthielt: "Sebastian hat die Situation falsch eingeschätzt und auch sein Rennen verloren. Ob fünf Sekunden genug sind oder nicht, will ich hier nicht bewerten." Bottas' Reifenstrategie ging aufgrund der gestörten Balance letztendlich nicht auf.

Bottas' Rennen war nach dem Crash im Eimer, Foto: Sutton
Bottas' Rennen war nach dem Crash im Eimer, Foto: Sutton

Problematischer Mercedes-Boxenstopp kostet Bottas weitere Position

"Ursprünglich wollten wir das versuchen, aber es wurde zu grenzwertig. Der linke Vorderreifen war total hinüber", sagt Bottas, der beim zweiten Boxenstopp für den Wechsel zurück auf Supersoft in der 39. Runde gleich den nächsten Fehlschlag erlebte. Aufgrund eines Problems mit dem hinteren Wagenheber wurde das Auto heruntergelassen bevor die Räder montiert waren. Das Resultat: Über acht Sekunden Standzeit.

"Leider war der Boxenstopp ziemlich langsam. Wir hatten wieder kein Glück und verloren dort Zeit", so der sichtlich zerknirschte Bottas, dem auch dieser Vorfall unter dem Strich wohl ein besseres Ergebnis kostete "Am Ende war es sehr eng mit Magnussen. Vielleicht haben wir dadurch also noch eine Position verloren." Tatsächlich fehlte auf den Haas-Piloten bei der Zielduchfahrt nur etwas mehr als eine Sekunde.

Bottas verzweifelt an 2018: Habe das Gefühl, dass alles gegen mich läuft

"Ich habe das Gefühl, dass alles gegen mich läuft", so Bottas, der in dieser Saison regelmäßig mit Hamilton auf Tuchfühlung ist und dem in diesem Jahr schon drei Siege hauchdünn durch die Lappen gingen. "Der Tag heute fasst meine Saison soweit gut zusammen, denke ich. Es war einfach nicht mein Tag."

Am kommenden Woche kehrt Bottas in Österreich an den Ort seines zweiten Grand-Prix-Sieges zurück. Vergangene Saison gewann er das Rennen in Spielberg vor Vettel. "Das will ich wiederholen", so Bottas, der hofft, dass die WM bei 53 Punkten Rückstand auf Leader Hamilton bald wieder ein Stück in seine Richtung kippt. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich das Glück wendet. Ich mache so weiter wie bisher."

Um die bisher verpassten Resultate nachzuholen wird Bottas allerdings mehr Wochenenden wie das in Frankreich brauchen, wo der Silberpfeil die Oberhand über die Konkurrenz hatte. "Nächstes Wochenende kommt eine ganz andere Strecke. Wir sind zurück im Kampf um Siege und ich sehe keinen Grund, weshalb wir nicht weiter um Siege kämpfen sollten. Aber wir müssen immer noch ein Rennen nach dem anderen nehmen und unser Auto weiter verbessern, denn sie werden das auch", sagt er mit Blick auf Ferrari.