Lewis Hamilton ist zurück an der WM-Spitze. Durch seinen überlegenen und nie auch nur im Ansatz gefährdeten dritten Saison- und 65. Karriere-Sieg beim Frankreich-Comeback der Formel 1 eroberte der Mercedes-Pilot die Führung zurück von Sebastian Vettel.

Sein großer Ferrari-Rivale hatte sich zuvor durch einen selbstverschuldeten Startunfall mit Hamilton-Teamkollege Valtteri Bottas gebracht. Als Hamilton später im Cool Down Room vor dem Podium nach dem Rennen eine Wiederholung der Szene sieht, kann er es kaum glauben.

Niki Lauda: Strafe für Vettel viel zu lasch

"Er hat ihn direkt rausgeschossen. Ah, Mann ... das ist doch verrückt", murmelte Hamilton entgeistert, als er die Aktion, für die Vettel fünf Sekunden Strafe kassierte, zusammen mit dem zweitplatzierten Max Verstappen studierte.

Später äußerte sich Hamilton auf der Pressekonferenz mit etwas weniger Adrenalin milder. "Ich habe es noch nicht im Detail gesehen, nur die schnelle Wiederholung auf dem Bildschirm", erklärt er seine Reaktion im Raum vor dem Podium. "Aber es war auf jeden Fall sehr enttäuschend für das Team, denn es hätte ein Doppelsieg werden können."

Hamilton: Wer einem das Rennen zerstört, darf nicht davor landen

Doch die Strafe regte das Mercedes-Lager auch noch auf. "Warum bekam Vettel nur fünf Sekunden für diesen enormen Fehler? Das verstehe ich nicht. Das ist zu wenig", polterte Niki Lauda bei Sky Sports UK. "Fünf Sekunden sind nichts. Er hat sich selbst und Bottas das ganze Rennen zerstört."

Hamilton dazu: "Wir gehen alle so hart wie wir können in Kurve eins, aber letztendlich, wenn jemand durch einen Fehler dein Rennen zerstört und es ist wirklich nur wie ein Schlag auf die Hand ist, den er dafür bekommt, der ihm erlaubt zurück zu kommen und immer noch vor dieser Person zu enden, dann wiegt es das nicht auf. Letztendlich sollte man nicht wirklich in der Lage sein, vor ihm zu beenden, wenn man ihn aus dem Rennen genommen hat. Aber das ist der Ruf, den sie jetzt erwecken."

Wolff: Bottas-Mercedes nach Unfall schockierend zu fahren

Mercedes-Teamchef Toto Wolff ärgerte natürlich sich ebenfalls, sparte sich aber die ganz spitze Zunge gegen Vettel. "Für Valtteri war es natürlich unglücklich, dass Vettel in Kurve eins die Situation falsch eingeschätzt hat. Der Unterboden war kaputt, der Schaden ziemlich heftig. Valtteri hat uns berichtet, dass sich das Auto danach schockierend angefühlt hat Das hat sein Rennen ruiniert", so der Österreicher.

Wolff weiter: "Sebastian hat sich so selbst aus dem Rennen genommen und wertvolle Punkte verloren. Er hat sie beide getroffen. Ob fünf Sekunden dafür genug sind, möchte ich nicht bewerten. Was die Stewards sicher einbezogen haben, war, dass sie beide ganz hinten waren. Das war Schaden genug."

Immerhin auf Platz sieben rettete der Finne den Silberpfeil ins Ziel. Schadensbegrenzung. Mal wieder. Dieses Mal besonders bitter, zeigte Hamilton doch, wie leicht sehr viel mehr möglich war. "Der Start war noch das engste, danach war es zum Glück sehr bequem mit einer guten Balance", berichtet Hamilton - für ihn eigentlich ungewöhnlich - von einem durchaus entspannten Sieg.

Hamilton dominiert: Easy zum Frankreich-Sieg gecruist

"Max hatte aber schon einen echt guten Speed. Aber zum Glück war ich in der Lage, immer etwas mehr rauszupressen, als es nötig war und konnte so die erforderliche Lücke halten. Ich habe es auf 4,5 Sekunden gebracht und dann dort gelassen", sagt Hamilton, lässt damit kaum einen Zweifel daran, dass der Mercedes durchaus noch hätte deutlich schneller können. Das bestätigt Toto Wolff Motorsport-Magazin.com explizit: "Ja, als Lewis wieder vor Max herauskam, hat er den Vorsprung gemanagt."

Entsprechend groß das Lob an sein Team. "Ich bin sehr dankbar für dieses Wochenende. Mein Team, mit dem ich seit sechs Jahren zusammen bin pusht die Grenzen immer weiter und gibt nie auf. Das Rennen hat echt Spaß gemacht, auch mit dem Wetter und den verrückten Fans. Für mich war es der beste französische Grand Prix, den es je gegeben hat."

Herr Wolff, Mercedes-Motor jetzt wieder die Nummer eins?

Von einer Zeitenwende will bei Mercedes jedoch niemand etwas wissen. "Es kann alles so schnell gehen. Ein Ausfall während der andere gewinnt und schon geht es wieder in die andere Richtung", weiß Wolff. "Ich sehe das hier nicht als Richtungswechsel."

Den Anteil des ominösen Motor-Upgrades 2.1 vermag Wolff nicht konkret einzuschätzen. Ob man wieder besser, noch immer besser oder nach wie vor auf einem Niveau mit der Konkurrenz sei? "Schwierig zu sagen", meint Wolff. In Kanada habe Mercedes schlicht einen größeren Nachteil gehabt, weil der eigene Motor zu alt war während die Konkurrenz frisches und auch noch verbessertes Material einsetzte, erklärt Wolff das komplette veränderte Kräfteverhältnis in Le Castellet.

"Ich denke, dass alle drei Power Units jetzt eng beisammen sind. Ferrari, Renault und wir. Es geht jetzt darum, Fortschritte zu finden ohne dafür Zuverlässigkeit zu opfern. Das wird der Kampf bis zum Saisonende." Noch dazu geht es eben nicht nur um den Motor. "Wir lernen anhaltend, wie wir das Auto in Kombination mit den Reifen richtig einstellen müssen und haben hier auch Upgrades ans Auto gebracht", berichtet Wolff. "Das alles zusammen hat dann diesen ordentlichen Schritt ausgemacht."