Zwei Rennen, zwei Siege. Eigentlich hätte die Formel-1-Saison 2018 für Sebastian Vettel nicht besser starten können. Und trotzdem mahnt der Ferrari-Pilot vor dem Großen Preis von China in Shanghai: "Ein Rennen war sehr gut, das andere auch - aber nur das Ergebnis."

Denn auch Vettel selbst ist nicht entgangen, dass beim Auftakterfolg in Australien das Glück eine zentrale Rolle gespielt hat. Nur dank einer Fehlkalkulation bei Mercedes und einer VSC-Phase zum richtigen Moment hatte Vettel überhaupt den Hauch einer Chance.

Doch Sebastian Vettel will es nicht auf Mercedes' Fehler schieben, sieht es lieber anders: "Wir haben das Risiko in Bahrain genommen und es hat sich ausgezahlt. Es gibt nichts, das Mercedes groß hätte anders machen können. Nur es war wichtig, dass wir alles richtig gemacht haben, was wir machen konnten."

Allerdings gilt das nur für eine Seite der Garage, bei Kimi Räikkönen lief in Bahrain ein Boxenstopp schief. Das bedeutete nicht nur das Aus für den Ferrari-Piloten, sondern vor allem eine böse Verletzung für Ferrari-Mechaniker Francesco Cigarini.

Nach Boxenunfall: Vettel und Räikkönen teilen Techniker

Cigarini ist nicht nur beim Reifenwechsel für das hintere linke Rad zuständig, sondern ist auch für die Elektronik am Auto von Vettel zuständig. Sein Bruch des Schien- und Wadenbeins wurde zwar unmittelbar nach dem Rennen operiert, doch ein Strecken-Einsatz kommt für ihn noch nicht in Frage. Ferrari ersetzt Cigarini in China nicht, stattdessen wird im Team etwas umstrukturiert. Räikkönens Crew wird sich in Shanghai auch teilweise um Vettels Ferrari kümmern.

"Er hat schon gesagt, dass er schnellstmöglich wieder dabei sein will", freut sich Vettel. "Einerseits wünscht man sich, dass es nicht passiert wäre, andererseits ist man froh, dass nicht noch mehr passiert ist. Wir sind alle bei ihm, den Umständen entsprechend geht es ihm gut."

Doch auch ohne Cigarini ist die Aufgabe klar: Es gilt einmal mehr, Mercedes zu schlagen. Selbst nach zwei Siegen in Folge sieht Vettel die Rollenverteilung klar: "Wenn man auch die Tests und alles miteinbezieht, ist Mercedes noch immer der Favorit."

Bei Ferrari ist man sich nicht zu hundert Prozent sicher, warum es in Bahrain nun so gut lief. Haben die Änderungen am Setup funktioniert? War es nur die Streckencharakteristik, die besser zum Ferrari als zum Mercedes passte? Oder waren es nur das Wetter, das plötzlich Vettel strahlen ließ?

Ist Vettels Loria eine Diva?

Vettel gibt sich trotzdem optimistisch: "Wenn wir unsere Hausaufgaben machen und die Balance hinkriegen, dann könnte es ein gutes Wochenende werden. Konkurrenzfähig können wir sein, die Frage ist nur wie konkurrenzfähig. Wir sind in guter Verfassung und das Auto ist auch gut, wenn wir es in das richtige Fenster bekommen."

Ferrari fürchtet ein wenig die Mercedes-Charakteristik des vergangenen Jahres. Teamchef Toto Wolff bezeichnete den F1 W08 gerne als Diva, weil die Performance stark schwankte. Und auch Red Bull hat Vettel noch auf dem Zettel: "Es ist unglaublich eng, gerade am Sonntag sollte die Pace vergleichbar sein. Es liegen noch so viele Rennen vor uns, wir sind noch weit davon entfernt, jemanden abzuschreiben."

Genauso weit weg sieht er auf der anderen Seite den WM-Titel 2018, trotz WM-Führung vor Hamilton. "Es ist noch ein langer, langer Weg. Es ist gut, in jedem Rennen punkte zu holen, je mehr desto besser. Aber an diesem Punkt auch nur daran zu denken, ist Nonsens."

Vettel: Müssen Zug erwischen

"Es liegt viel Arbeit vor uns, der Zug fährt ab, weil jeder neue Teile bringt und das Auto verbessert", mahnt Vettel. "Wir müssen sicherstellen, dass wir in diesem Zug sind. Der Schlüssel ist es, am Ende der Saison noch konkurrenzfähig zu sein, um bis zum Ende um die Weltmeisterschaft zu kämpfen."

Viele neue Teile werden beim zweiten Teil der back-to-back Rennen in China nicht erwartet. Ein kleines Update gab es nur für Vettels Frisur, der Undercut wurde frisch nachgeschnitten. Stilsicher ist anders, wie ein Journalistenkollege wohl meinte. "Eine verlorene Wette?", fragte er. "Ich mag die Frisur, sonst würde ich es nicht machen."

Ferrari in China mit aggressiver Reifenwahl

Von Wette zu Wetter: Das könnte in China eine entscheidende Rolle spielen. Für Freitag und Samstag sind Regen vorhergesagt, der Sonntag soll trocken sein. Für alle gleich, könnte man meinen. Doch tatsächlich gibt es diesmal spannende Unterschiede: Pirelli griff in China aggressiv in die Reifenkiste und bringt den Ultrasoft-Pneu. Weil Supersoft übersprungen wird, sind Soft und Medium die Renn-Mischungen.

Während sich Mercedes für jeweils sechs Ultrasoft-Sätze für Lewis Hamilton und Valtteri Bottas entschied, hat Ferrari gleich acht Sätze pro Fahrer geordert. Entsprechend fehlen Soft-Reifen. "Entweder sind wir aggressiv oder sie konservativ", scherzte Vettel mit Motorsport-Magazin.com. "Es hängt davon ab, von welcher Seite du das siehst."

Oftmals geben die Teams nach den Trainingssessions unterschiedliche Sätze zurück, bis zum Qualifying haben sich die verfügbaren Reifensätze meist ausgeglichen. "Aber wenn es wirklich nass ist, wird es ein Glücksspiel", befürchtet Vettel. "Es wird interessant sein, was Mercedes morgen macht. Wenn es nass ist, kann man vielleicht nicht alle Reifen testen."