Auf nur noch einen mageren WM-Punkt ist Sebastian Vettels Vorsprung auf Lewis Hamilton in der Fahrerwertung durch den bitteren (Pirelli-)Rückschlag in Silverstone geschmolzen. Doch machten dem Ferrari-Piloten nicht nur die Reifen zu schaffen - auch die Performance passte in England nicht. Im Qualifying hatte Vettel keine Chance gegen die Mercedes-Macht, auch Teamkollege Räikkönen war sowohl Samstag als auch Sonntag schneller unterwegs.

Noch dazu ein suboptimaler Start für Vettel, schon hing der WM-Leader hinter Max Verstappen fest. Wie das nicht passiert wäre? Mit einem besseren Qualifying. Ein besserer Startplatz - schon wäre es im Rennen besser gelaufen, nämlich so rund wie bei Mercedes. So gestand es sich Vettel in Silverstone ein. Das Problem: Mercedes ist samstags momentan schlicht zu stark für Ferrari. Seit die Silberpfeile die Reifen in Kombination mit ihrer "Diva" richtig verstanden haben reicht der berühmte Superpower-Modus im Q3 relativ komfortabel, um Ferrari zu besiegen.

Im Rennen sieht es dann zwar meist anders aus - Ferrari ist deutlich näher dran, wenn nicht eine kleine Ecke schneller - doch weiß Mercedes eben, den Vorteil des besseren Startplatzes perfekt umzumünzen. Gerade in Ungarn könnte das erneut eine entscheidende Rolle spielen, zählt das Qualifying auf dem Hungaroring bekanntlich extrem viel, da nur schwer überholt werden kann. Kurzum: Ferrari - und insbesondere Kimi Räikkönen - verspricht sich zwar für Ungarn eine klar bessere Rennpace im Vergleich zu Mercedes als zuletzt. Doch kann die Scuderia diese Pace auch umsetzen? Oder müssen Räikkönen und Vettel trotz schnelleren Autos das ganze Rennen nur hinter den Qualifying-Monstern von Mercedes herfahren?

Vettel: Ferrari muss im Qualifying besser werden

"Ich glaube historisch gesehen ist Ungarn nicht der Ort, wo man am besten überholen kann", weiß auch Vettel. Aber: "Es ist nicht unmöglich. In der Regel haben wir auch immer mindestens einen Boxenstopp, über den man vielleicht ein bisschen was machen kann." Das primäre Ziel müsse aber bleiben, im Qualifying vorne zu stehen.

Sonderlich optimistisch für den Ungarn GP klingt Vettel hier jedoch nicht. "Dass wir da vielleicht noch ein bisschen das Nachsehen haben im Schnitt ist mit Sicherheit eines der Dinge, an denen wir arbeiten", sagt der Deutsche. "Im Quali fehlt uns einfach der entscheidende Schritt im letzten Segment, da nochmal aufzudrehen und mehr Leistung abzurufen, was in den vergangenen Jahren der Vorteil von Mercedes war und es auch nach wie vor ist. Da sprechen wir von zwei, drei, vier Zehnteln."

Enge Rennpace verschärft Quali-Dramatik

Im Rennen sehe es dann generell ganz anders aus. Vettel: "Im Rennen glaube ich hat man gesehen, dass wir näher dran sind. Dass es da enger zugeht und uns normalerweise nicht viel getrennt hat." Doch genau dieses enge Kopf-an-Kopf-Rennen verschärft die Qualifying-Dramatik aus Vettel-Sicht nur noch mehr. "Deswegen ist das Qualifying dann umso entscheidender", sagt Vettel.

Keine Chance rechnet sich Vettel gegen Mercedes jedoch auch bei einer neuerlichen Qualifying-Niederlage in Ungarn nicht aus. Am Ende komme es immerhin erst auf die Performance am Sonntag an. "Das Rennen darf man nicht vernachlässigen, denn am Samstag gibt es letztendlich keine Punkte und am Sonntag muss alles zusammenkommen, damit es gut läuft. Wir sind drauf und dran, sowohl am Qualifying zu arbeiten und auch im Rennen, selbst wenn wir dahinterstehen, den Spieß noch umzudrehen", sagt Vettel.

Vettel: Ferrari trotz großer Steigerung noch nicht am Ziel

Ohnehin bewertet der Ferrari-Pilot seine Situation trotz Mercedes-Aufschwungs insgesamt noch immer als sehr gut. Man müsse immerhin auch mit einbeziehen, von wo Ferrari und von wo Mercedes gekommen sei. "Ich glaube die Ausgangssituation ist ganz anders als in den Jahren zuvor. Ich glaube, das spricht für uns als Team. Das Team, das sich dieses Jahr am meisten gesteigert hat sind wir. Dass wir noch nicht ganz da sind, wo wir sein wollen, ist auch klar", sagt Vettel.

Denn: Mercedes sei noch immer das Team, das es zu schlagen gelte. "Sie führen die Konstrukteurs-WM an und waren bei den letzten paar Rennen und Events etwas stärker als wir", sagt Vettel. "Aber ich weiß natürlich auch, dass wir sehr nah dran waren. Was die Pace angeht hätten wir in Österreich gewinnen können und das ist noch gar nicht allzu lange her. Wir schauen auf uns selbst. Es ist ein enger Kampf und es ist großartig in der Position zu sein, mit ihnen zu kämpfen - was in den letzten drei Jahren niemandem so wirklich gelungen ist", schwärmt Vettel schon allein von dem Gefühl wenigstens nicht mehr verzweifelt nach vorne auf rasant wegfliegende Silberpfeile schauen zu müssen.

Genug ist das einem viermaligen Weltmeister auf Dauer jedoch naturgemäß nicht. Vettel: "Es ist gut und wir sind sehr glücklich, dass wir diejenigen sind, die sie am meisten fordern. Aber das ist nicht genug. Wir wollen sich nicht nur herausfordern, wir wollen sie schlagen!"