Lewis Hamilton war nach dem Qualifying für den Großen Preis von Österreich 2017 sichtlich bedient: Seine Niederlage gegen Valtteri Bottas und Sebastian Vettel gepaart mit dem Getriebewechsel an seinem Mercedes bedeuten für ihn lediglich den achten Startplatz. Dabei hatte er zur maximalen Schadensbegrenzung eigentlich die Pole Position ins Auge gefasst. Für den WM-Kampf gegen Vettel hofft er nun auf Schützenhilfe von Pole-Sitter Bottas - allerdings nicht in Form einer Teamorder.

"Das war ein frustrierender Tag für mich. Ich hatte die Chance, heute Schnellster zu sein. Aber ich habe es auf der letzten Runde im Q3 leider nicht alles zusammenbekommen", so das Fazit eines geknickten Lewis Hamilton, nachdem es mit seiner schnellsten Runde im finalen Segment des Zeittrainings nur für den dritten Platz gereicht hatte. "Ich bin von meiner Performance im Q3 enttäuscht. Es wäre großartig gewesen, eine bessere Runde zu zeigen. Aber es hat nicht sollen sein." Stattdessen holte sich sein Teamkollege die zweite Pole Position seiner Karriere. Schützenhilfe, wie er sie in Baku vom Kommandostand einforderte, soll Bottas auf dem Red Bull Ring jedoch nicht leisten.

"Es würde für Valtteri keinen Sinn machen, langsamer zu fahren. Das wird nicht der Fall sein", so Hamilton, der stattdessen darauf hofft, dass der Teamkollege die Pace des F1 W08 nutzt, um WM-Rivale Vettel wichtige Punkte wegzunehmen. "Für ihn macht es Sinn, so hart wie er kann zu pushen, um das Rennen zu gewinnen." Für sich sieht er angesichts seines Startplatzes in der vierten Reihe hingegen nur geringe Siegchancen: "Valtteri war das ganze Wochenende über am schnellsten, von daher denke ich im Moment nicht daran."

Überhaupt waren Hamiltons Ambitionen für einen Triumph auf dem Red Bull Ring von vornherein nicht die allergrößten, denn vom Getriebewechsel und der daraus resultierenden Startplatzstrafe von fünf Positionen wusste er schon vor der Anreise in der Steiermark: "Ich habe es am Dienstag schon erfahren. Im Rennen geht es dann einfach nur um Schadensbegrenzung", erklärt er und fügt an, dass ihn dieser Rückschlag nach dem verlorenen Baku-Sieg umso härter traf: "Du bist eigentlich motiviert und willst zurückschlagen und sowas ist dann natürlich eine bittere Pille."

Diese bittere Pille und die verpasste Bestzeit im Qualifying veranlassten Hamilton dann auch dazu, den bei den Interviews unmittelbar nach der Sessions von Davide Valsecchi geforderten Handschlag mit Sebastian Vettel zu verweigern. Mangelnder Respekt gegenüber dem WM-Rivalen war keineswegs der Grund dafür. Und abgesehen davon hatten er und der Ferrari-Pilot sich schon im Parc Fermé zum Qualifying gratuliert: "Wir haben das schon gemacht", wiegelt er gegenüber Valsecchi ab.

Hamilton verweigerte Vettel lediglich aus Frust einen gestellten Handschlag, Foto: Sutton
Hamilton verweigerte Vettel lediglich aus Frust einen gestellten Handschlag, Foto: Sutton

Hamilton schon 2014 mit erfolgreicher Aufholjagd in Österreich

Trotz des Frusts kommt Aufgeben für den dreimaligen Weltmeister aber nicht in Frage. Schon in Monaco konnte er nach einem verkorksten Qualifying von Startplatz 13 aus noch bis auf Platz sieben vorfahren und so wichtige Punkte für die Weltmeisterschaft sammeln. In Spielberg sollte mit der Performance seines Boliden noch mehr drin sein. "Ich werde meinen Job so gut machen, wie ich kann. Ich will nach vorne fahren und versuchen, einen Doppelsieg mit Valtteri einzufahren", so seine Zielsetzung. Und ganz unrealistisch ist diese nicht.

Schon 2014 fand sich Hamilton beim Österreich GP in einer ähnlich prekären Ausgangslage wieder. Nachdem ihm wegen eines Tracklimit-Verstoßes seine Q3-Zeit gestrichen wurde, musste er von Position neun ins Rennen gehen und wurde am Ende hinter Nico Rosberg Zweiter. Allerdings, so merkt er an, wehte damals noch ein anderer Wind: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass es zwischen uns und den anderen Autos damals einen größeren Performance-Unterschied gab. Deshalb ist es jetzt wohl weniger wahrscheinlich, aber ich werde natürlich trotzdem alles geben."

Wohlwissend um die Rückversetzung legte Hamilton im Q2 seine schnellste Runde auf dem Supersoft-Reifen hin, mit welchem er demzufolge auch ins Rennen starten wird. Ein strategischer Vorteil? "Ehrlich gesagt denke ich nicht, dass es einen großen Unterschied machen wird. Es ist ein langsamerer Reifen", gibt sich Hamilton zurückhalten. Wenn sich die alternative Reifenwahl auszahlt, dann erst zu einem späteren Zeitpunkt: "Im ersten Stint geht es nur um die Haltbarkeit. Vielleicht kann ich damit etwas länger fahren."

Ansonsten bleibt Hamilton nur noch die Hoffnung auf einen unvorhergesehenen Rennverlauf, der ihm in die Karten spielt - wenn nötig auch bedingt durch die für Sonntagnachmittag vorhergesagten Regenschauer. "Es können sehr viele Dinge passieren: Safety-Car-Phasen, Regen, wer weiß? So etwas könnte mir helfen, da ich ja nur Achter bin. Das macht es auch jeden Fall etwas mehr zu einer Lotterie."

Vettel vs. Hamilton: So lief das Wiedersehen in Österreich (04:10 Min.)