Das Sauber F1 Team hängt in den sprichwörtlichen Seilen. Die teaminterne Kollision in Monaco zwischen Marcus Ericsson und Felipe Nasr passte wie die Faust aufs Auge zur tristen Situation des Schweizer Privatrennstalls. Sauber hat nach sechs Saisonrennen noch immer keinen einzigen Punkt auf dem Konto, brachte bislang keine neuen Teile ans Auto und befindet sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Keine gute Kombination, das weiß auch Teamchefin Monisha Kaltenborn, die sich nun zu den mannigfaltigen Problemen ihres Rennstalls äußert.

Monaco-Crash inakzeptabel

"Natürlich ist der Crash unserer Fahrer inakzeptabel. Das haben wir intern und extern klar angesprochen. Wir haben mit den Fahrern Einzelgespräche geführt und auch gemeinsam diskutiert", sagt die gebürtige Wienerin im Interview mit dem Blick, weist aber im gleichen Atemzug daraufhin, dass Schuldzuweisungen nichts bringen würden. "Dass Teamanweisungen nicht befolgt werden, geht nicht. Ebenso wenig riskante Überholmanöver." Ob Geldstrafen verhängt wurden - sowohl Nasr als auch Ericsson sind Pay-Driver -, will Kaltenborn nicht kommentieren, merkt aber an: "Die Interessen des Teams stehen immer im Vordergrund und haben Vorrang. Das muss jeder Fahrer akzeptieren."

Als einziges Team im Formel-1-Feld fährt Sauber noch immer mit exakt jenem Auto, das auch im Zuge der Testfahrten vor Saisonbeginn zum Einsatz kam. Geld für Weiterentwicklungen ist in Hinwil momentan nicht vorhanden. "Natürlich ist die Situation für alle Beteiligten schwierig und unbefriedigend", gibt Kaltenborn zu, die aber eine Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit des Boliden in Aussicht stellt, wenngleich kein Quantensprung zu erwarten sei.

Force India Vorbild für Sauber, Haas nicht

Ein Team, das mit ähnlichen Ressourcen wie Sauber operiert, ist Force India. Während Sauber noch ohne Zähler dasteht, rangieren die Inder in der Konstrukteurs-Wertung an der fünften Stelle, und Sergio Perez schaffte in Monaco als Dritter sogar den Sprung auf das Podium. "Da müssen wir ganz selbstkritisch sein: Von der Entwicklung des Autos her haben sie einen besseren Job gemacht als wir", gesteht Kaltenborn ein. "Und: Sie haben mit Mercedes einen Antriebsstrang, der halt immer noch dominant ist. Da sind wir nicht auf Augenhöhe."

Haas ist für Sauber kein Vorbild, Foto: Sutton
Haas ist für Sauber kein Vorbild, Foto: Sutton

Sauber bezieht wie Haas seine Motoren von Ferrari. Das sind aber auch schon die einzigen Gemeinsamkeiten der beiden Teams, denn während die amerikanischen Newcomer mit der Scuderia eine enge technische Partnerschaft geschlossen haben und so viele Teile, wie es das Reglement gestattet, übernehmen, kommt für Sauber dieser Weg nicht in Frage. "Nur ein B-Team eines großen Werkteams zu sein ist für uns keine Option. Wir sind ein Rennstall aber auch ein Technologie-Unternehmen mit viel Fachwissen und einer tollen Infrastruktur", stellt Kaltenborn klar. "Die Formel 1 sollte keine DTM mit drei großen Werkteams werden. Die Formel 1 lebt von der Vielfalt und der technologischen Herausforderung."

Verzögerung bei den Löhnen

Hand in Hand mit der sportlichen Talfahrt - Sauber holte bislang nur einmal in der mehr als 20-jährigen Geschichte in der Formel 1 keine Punkte - geht die wirtschaftliche Krise. So warten die Mitarbeiter in Hinwil noch immer auf die Mai-Löhne. "Wir werden auch diesmal, wie zuletzt immer, eine Lösung finden", versichert Kaltenborn trotz der angespannten Lage. "Die Verzögerungen sind ärgerlich. Aber wir haben in dieser schwierigen Situation niemanden entlassen. Und die Löhne, auch wenn mit einer bedauerlichen Verzögerung, immer bezahlt."

Dass Sauber einen schleichenden Tod stirbt, weist die Teamchefin entschieden zurück. "Wir sind ein Motorsport-Unternehmen, das man zweiteilen muss: Die eine Seite ist die sportliche, da stehen wir nicht dort, wo wir sein sollten. Dieser Teil ist auch derjenige, wo wir in den Medien präsent sind. Da sind wir auch transparent und sprechen unsere Probleme an", legt Kaltenborn dar. "Die andere Seite ist die kommerzielle. Da sind wir wie jedes andere normale mittel-ständische Schweizer KMU - und hier müssen auch für uns die gleichen Regeln gelten. Wir sind nicht verpflichtet, alles offen zu legen, vor allem nicht unsere internen Angelegenheiten."

Positiv streicht Kaltenborn hervor, dass es in den letzten Jahren gelungen sei, Hinwil als Technologie-Standort zu festigen und das Drittkundengeschäft auszubauen. So gilt der Windkanal des Teams als mitunter bester der Branche, weshalb sich beispielweise regelmäßig Audi mit dem LMP1-Boliden einmietet. "Deswegen verstehe ich nicht, warum man uns in der Öffentlichkeit so undifferenziert behandelt. Spekulationen in den Medien helfen uns da nicht weiter. Ganz im Gegenteil", missfällt Kaltenborn die gegenwärtige Berichterstattung.

Starker Partner gesucht, Glaube an Punkte

Sauber fährt seit 1993 in der Formel 1, Foto: Sutton
Sauber fährt seit 1993 in der Formel 1, Foto: Sutton

Kaltenborns Ziel ist es, einen starken Partner an Land zu ziehen, der die Liquiditätsengpässe löst. Details über die vertraulichen Gespräche mit potenziellen Investoren will sie allerdings nicht verraten. "Wenn man über Zusammenarbeit spricht, dann werden sie als verantwortungsvoller Unternehmer damit nicht an die Öffentlichkeit gehen, bevor nicht alles unter Dach und Fach ist. Alles andere ist verantwortungslos und wird zum Scheitern führen." An Gerüchten, wonach Übernahmeangebote ausgeschlagen wurden, weil sie und Team-Gründer Peter Sauber die Aktienmehrheit behalten wollen, sei nichts dran, so die Österreicherin.

Die Sinnfrage stellt sich Kaltenborn trotz all der Schwierigkeiten jedenfalls nicht. "Ich weiß, warum wir in dieser Situation sind. Und da kommen wir auch wieder raus", ist sie überzeugt. "Und wenn ich an der Rennstrecke und in Hinwil unser engagiertes Team sehe, weiß ich, dass unsere Mitarbeitenden auch in schwierigen Zeiten ihr Bestes geben. Dies gilt auch für unsere Partner, die uns ihre Unterstützung und ihr Vertrauen entgegenbringen." Auch daran, dass Sauber in diesem Jahr noch punkten wird, glaubt die 45-Jährige fest. "Davon bin ich überzeugt. Es wird schwierig, ist aber nicht unmöglich."