Bereits in den vergangenen Wochen sorgte Sauber alles andere als für positive Schlagzeilen. Beim Monaco GP kam ein weiteres negatives Kapitel hinzu. Ohnehin weit weg von Punkten, sorgten Marcus Ericsson und Felipe Nasr durch eine teaminterne Kollision für Kopfschütteln bei allen Teammitgliedern. Pikant: Kurz zuvor erhielt Nasr die Anweisung, Ericsson vorbeigehen zu lassen. Jedoch kam der Brasilianer der Aufforderung nicht nach.

"Ich hatte relativ früh meine ultrasoften Reifen geholt. Ich glaube, mit als erster. Als ich sie dann ans Arbeiten bekommen hatte, war meine Pace ziemlich stark. Ich habe drei oder vier Sekunden pro Runde auf meinen Teamkollegen aufgeholt, in zwei Runden hatte ich sieben Sekunden gut gemacht", schildert Ericsson gegenüber Motorsport-Magazin.com die Situation vor der Kollision. "Dann hing ich quasi in seinem Getriebe und ich habe das Team gefragt, ob ich attackieren soll oder ob ich hinten bleiben soll. Und sie sagten mir, dass ich nicht angreifen soll, sondern dass wir die Positionen tauschen werden", so der Schwede.

Dieser Aufforderung sei Nasr jedoch rundenlang nicht nachgekommen. "Nach acht Runden habe ich ihnen dann gesagt, dass er wohl nicht reagieren wird und ich daher ein Manöver wagen werde, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Und sie sagten: 'Okay.'", berichtet Ericsson. Es folgte ein Angriff in Rascasse, der jedoch mit dem Aus für beide Sauber-Piloten endete. Ericsson verteidigt sein Vorgehen. "Ich habe dann Rascasse ausgewählt, weil ich da zuvor im Rennen bereits an Bottas vorbeikam. Wir waren dort Seite an Seite durchgefahren. Und auch in anderen Rennserien am Wochenende hat man gesehen, dass es geht. Zudem hatte Felipe im letzten Sektor Probleme, daher dachte ich, es wäre der beste Ort", so der 25-Jährige.

Marcus Ericsson sollte eigentlich kampflos an Felipe Nasr vorbeikommen, Foto: Sutton
Marcus Ericsson sollte eigentlich kampflos an Felipe Nasr vorbeikommen, Foto: Sutton

Nasr sah keinen Grund zum Tausch

Nasr sieht die ganze Situation etwas anders als sein Teamkollege. "Zuerst einmal: Das ist Monaco. Es waren sehr schwierige Bedingungen für alle", beginnt Nasr seine Ausführungen. "Ich musste heute mit einem alten Motor aus der Boxengasse starten, und mein Rennen lief ziemlich gut. Aber als die Führenden zur Überrundung kamen, bekam ich drei Runden lang blaue Flaggen gezeigt. Dadurch habe ich Reifentemperatur verloren", erklärt er.

"Dann bekam ich Motorenprobleme, die ich im Auto erst einmal diagnostizieren musste. Es war eine Fehlzündung. Als diese geklärt war und ich wieder Temperatur in die Reifen bekam, konnte ich recht schnell wieder zu Grosjean aufschließen. Ich war direkt dran, als Ericsson mich eingeholt hatte und wir in Rascasse gecrasht sind", so Nasr.

Der Brasilianer gibt zu, die Anweisung des Teams, Ericsson vorbeizulassen, bewusst ignoriert zu haben. "Ich habe es versucht, dem Team zu erklären. Ich sagte nur: 'Leute...' Sie konnten die Motorprobleme, die ich hatte, anhand der Daten erkennen. Als die Probleme beseitigt und die blauen Flaggen verschwunden waren, konnte ich auf die Vorderleute aufschließen. Es gab keinen Grund, die Positionen zu tauschen. Ich habe die Nachricht zwar bekommen, fand aber, dass es nicht der richtige Zeitpunkt ist", gibt er unumwunden zu.

Ein weiterer Grund ist wohl auch in der Vergangenheit zu suchen. Laut Nasr habe es derartige Anweisungen bereits im vergangenen Jahr in Richtung Ericsson gegeben. Doch auch damals sei nichts passiert. "Wir müssen Vertrauen haben innerhalb des Teams. Wenn eine solche Anweisung gegeben wird, muss sie auch befolgt werden. Marcus hat das zweimal nicht getan. Dieser Mangel an Vertrauen im Team liegt an ihm, weil er es zweimal nicht getan hat. Hier war es auch nicht der richtige Weg, es zu tun", greift Nasr seinen Teamkollegen an.

Trotz des heutigen Vorfalls sieht Nasr das Verhältnis zwischen sich und Ericsson nicht zerstört. "Ich habe nichts gegen Marcus. Ich denke einfach, dass er die Ursache dessen, was heute passiert ist, bei sich selbst suchen muss. Ich bin nicht die Person, die das kommentieren sollte. Ob richtig oder falsch, Anweisungen oder keine - wir dürfen nicht aus dem Rennen ausscheiden. Egal, warum", stellt er klar. Damit sich solch ein vorfall nicht wiederholt, nimmt Nasr Teamchefin Monisha Kaltenborn in die Pflicht. "Sie muss sicherstellen, dass innerhalb des Teams genug Vertrauen herrscht, damit Anweisungen auch befolgt werden." Sieht er Führungsschwäche bei der Österreicherin? "Ich bin kein Teammanager. Ich bin hier, um Rennen zu fahren." Bei Sauber brennt der Baum.