Williams geht voller Selbstvertrauen in die kommende Saison. Während der finalen Testfahrten beendete das Team den Arbeitstag drei Mal vorzeitig. Grund war aber keineswegs ein technisches Problem, die Arbeit war schlicht erledigt. Zwei Bestzeiten und zwei zweite Plätze gingen auf das Konto der Mannschaft aus Grove - zuletzt am Sonntag durch Vallteri Bottas. "Es war ein wirklich guter Tag und ein wirklich guter Weg, die Testfahrten abzuschließen", kommentierte Bottas am Sonntag seine Bestzeit von 1:23.063 Minuten auf superweichen Reifen. "Wir haben die Testfahrten bestmöglich ausgenützt."

Für den Finnen brachten die Wintertestfahrten zwei essentielle Erkenntnisse zum Vorschein. Der FW37 ist sehr zuverlässig und gleichzeitig schnell. "Das Auto, mit dem wir nach Melbourne gehen, ist sehr konkurrenzfähig und sollte für einen interessanten Saisonstart sorgen", prognostizierte der Williams-Pilot. Wie die Rangfolge beim Saisonstart in Australien allerdings genau aussieht, konnte Williams-Test-Chefingenieur Rod Nelson nur grob skizzieren.

Williams sieht sich besser aufgestellt als 2014, Foto: Sutton
Williams sieht sich besser aufgestellt als 2014, Foto: Sutton

Ferrari näher dran an Williams

"Mercedes sah auf dem Run gestern bezüglich der Pace unglaublich stark aus, aber wir sollten in Reichweite des Podestes sein", wagte er eine Prognose. Auch Ferrari erwartet Nelson stärker als noch am letzten Testtag gesehen. Seiner Meinung nach hätte Vettel auf seinem Run auf superweichen Reifen nicht alles gezeigt. "Deshalb erwarte ich Ferrari noch näher dran, als wir das heute gesehen haben. Das haben auch die anderen Tage deutlich gemacht", untermauerte er. Speziell zum Saisonanfang rechnet der Williams-Chefingenieur mit der Scuderia als Gegner.

Diesmal allerdings mit umgekehrten Vorzeichen. 2014 hätte Williams einige Zeit gebraucht, um auf Ferrari aufzuschließen und dann sogar zu überholen. "Dieses Jahr haben wir mit einer konstanteren Basis begonnen und verstehen den ganzen Antriebsstrang und die Power Unit", fuhr Nelson fort. Allerdings sei es auch kein Geheimnis, dass die Ferrari-Power-Unit einen Fortschritt im Vergleich zum Saisonstart im Vorjahr gemacht habe - gleiches gelte für Renault.

Kann Williams Mercedes angreifen?, Foto: Sutton
Kann Williams Mercedes angreifen?, Foto: Sutton

Besserer Saisonstart anvisiert

Für Nelson liegt auch 2015 der Trumpf in der Weiterentwicklung. In diesem Bereich zählte Williams in der vergangenen Saison zu den besten Teams und genau das soll sich auch jetzt wiederholen. Nicht wiederholen soll sich hingegen der recht konservative Saisonstart. In den ersten sieben Saisonrennen erzielte die Mannschaft im Durchschnitt 8,3 Punkte pro Rennen, ab diesem Moment lag die durchschnittliche Punkteausbeute bei 19,1 Punkten. Die Erklärung scheint denkbar einfach. "Wir hätten schon in Australien ein sehr gutes Ergebnis erzielen können, aber einer unserer beiden Fahrer wurde abgeschossen und der andere hatte eine Berührung mit der Wand", erinnerte Nelson. Ein gutes Ergebnis zum Saisonauftakt hätte seiner Meinung nach die ersten Rennen ganz anders aussehen lassen können.

Ein weiterer Faktor war die Vorsicht nach dem Seuchenjahr 2013. Alles war für Williams zunächst zählte, waren Punkte, regelmäßige Punkte. "Deshalb waren wir wahrscheinlich etwas risikoscheu. Wir mussten erst einen guten Schwung Punkte holen, bevor wir weiterschauen konnten", erinnerte sich Nelson. Ab einem gewissen Moment waren dann Podestplatzierungen im Visier des Teams und zum Ende der Saison - unter richtigen Voraussetzungen - sogar ein potenzieller Sieg. "Diese Saison sind wir vielleicht weniger risikoscheu, da wir wissen, dass wir ein gewisses Level an Performance haben." Wo die Mannschaft im Vergleich zur Konkurrenz exakt steht, konnte Nelson noch nicht sagen, eine erste Idee hätte das Team aber bereits. "Wir sollten um gute Punkte in den meisten Rennen kämpfen können."

Williams könnte die Saison als zweite Kraft beginnen, Foto: Sutton
Williams könnte die Saison als zweite Kraft beginnen, Foto: Sutton

Mercedes klar vorne

Für die ganz großen Punkte gibt es aber zumindest einen Konkurrenten, der noch den Weg versperrt: Mercedes. Nico Rosberg und Lewis Hamilton fuhren ihren schnellsten Runden der Testfahrten jeweils auf den weichen Reifen, während Bottas und Massa auf superweichen Reifen zwischen drei und fünf Zehntel dahinter blieben. Wie groß der Unterschied gewesen wäre, hätten die Silberpfeile ebenfalls auf die extraweichen Gummis gesetzt, konnte Nelson nur mutmaßen. "Das ist vom Chassis abhängig und auch davon, wie der Fahrer mit ihnen umgeht", begann er seine Erklärung. "Was uns angeht: Blickt man auf die schnellsten Zeiten mit den weichen beziehungsweise den superweichen Reifen, so waren es am Sonntag acht Zehntel Unterschied und am Samstag sechs bis sieben."

Ein Unterschied, der auf den ersten Blick alle Hoffnungen des Teams auf einen Sieg zunichtemachen sollte. Aber für den Chefingenieur kommt es nicht alleine auf die reine Performance an. Viel wichtiger sei der Abbau der Pneus. Genau in diesem Bereich habe Williams seit dem letzten Jahr große Fortschritte erzielt und die Situation nun besser unter Kontrolle. "Es ist einfach, langsam zu fahren und die Reifen nicht abzunutzen, aber es ist deutlich schwieriger, wirklich Vollgas zu geben und dabei den Abbau zu kontrollieren", erinnerte er.

2014 kamen durch die neue Technologie auch Motoren, die ein bisher in der Formel 1 nie dagewesenes Drehmoment aufwiesen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse der abgelaufenen Saison war für Williams daher, wie das Auto mit diesem Drehmoment umgehen und dabei die Reifen nicht so stark abnutzen kann. "In diesem Bereich haben wir im vergangenen Jahr viel gelernt und ich bin überzeugt, dass wir auch dieses Jahr wieder lernen werden."