Es endete genauso wie es begann: mit Problemen. McLaren schloss den letzten Tag der Testfahrten in Barcelona mit nur 39 absolvierten Runden ab. Sensorenprobleme, Systemchecks und andere Schwierigkeiten kosteten das gebeutelte Team wieder einmal wieder Zeit in der Garage, um den MP4-30 doch noch ans Laufen zu bekommen.

An den insgesamt vier Tagen des letzten Barcelona-Tests fuhr der Chrompfeil gerade einmal 824 km - weniger als die Hälfte des 'zweitschlechtesten' Teams Red Bull. Zum Vergleich: Die Kilometer-Könige von Sauber brachten es auf 2.537 km auf dem Circuit Barcelona de Catalunya.

Eric Boullier ist inzwischen gut geschult darin, aus der ganzen Misere etwas Positives herauszuziehen. So auch am Sonntagabend, nach einem weiteren verpatzten Tag für die britische-japanische Connection. "Die fehlenden Kilometer bedeuten insgesamt, dass wir nicht so bereit sind wie wir es gern wären", sagte McLarens Renndirektor. "Positiv können wir aber mitnehmen, dass die Fahrten und gesammelten Daten bestätigen, dass wir die uns gesteckten Ziele erreicht haben." Kurz vor dem Beginn der zweiten Barcelona-Tests hatte Boullier noch etwas anders geklungen und auf einen reibungslosen letzten Test gehofft.

Frustrierende Tage für Jenson Button, Foto: Sutton
Frustrierende Tage für Jenson Button, Foto: Sutton

Immer optimistisch bleiben

Nachdem klar ist, dass das Team nicht vollständig vorbereitet zum ersten Rennen nach Australien reisen muss, ist nun Tiefstapeln angesagt - wäre da nicht Boullier, der optimistisch in die Zukunft blickte. "Obwohl es wahrscheinlich ein schwieriger Start in die Saison wird, wissen wir, dass wir hart und schnell entwickeln und sicherlich das riesige Potenzial, das im McLaren-Honda MP4-30 schlummert, erwecken können", war der Franzose von den Fähigkeiten des Teams sowie des Motorenpartners überzeugt.

Dabei zweifeln die meisten Experten, ob es McLaren in Melbourne überhaupt bis zur Ziellinie schaffen wird. Das Team konnte während all der Testfahrten keine einzige Rennsimulation durchziehen - etwas, das sich vor allem Jenson Button sehnlichst gewünscht hatte. Der einzige Lichtblick in Barcelona war der Freitag, als der Brite auf 101 Runden kam und kurzzeitig den Anschein erweckte, als ob McLaren-Honda über den Berg sei. Doch ein Ölleck am Samstag sorgte für den nächsten Dämpfer und vorzeitigen Abbruch.

Immer wieder ging es rollend zurück in die Garage, Foto: Sutton
Immer wieder ging es rollend zurück in die Garage, Foto: Sutton

Erwartete Probleme

Die Probleme bei McLaren sind vielfältig und warfen das Team immer wieder zurück. Entweder streikte die MGU-K Einheit oder machte eine Dichtung Ärger - die McLaren-Truppe rund um Ron Dennis mutierte zur Feuerwehr und musste versuchen, immer neue Brände zu löschen. Ähnliches hatte das Team samt dem neuen Motorenpartner Honda zwar erwartet - aber gleich so massiv? "Mit Blick auf die vergangenen vier Wochen war unser Testprogramm schwierig", räumte Boullier ein. "Das kam aber nicht gänzlich unerwartet. Zur gleichen Zeit vor einem Jahr haben wir viele Teams in einer ähnlichen Situation erlebt, als die neuen Power Units erstmals eingeführt worden waren."

Mit dieser Einschätzung hat Boullier zwar durchaus Recht, doch helfen wird dieser Umstand dem Team in der anstehenden Saison nicht. 2015 als Versuchsjahr zu bezeichnen, ist angesichts der enorm hohen Ansprüche und Erwartungen allerdings auch nicht möglich. "Egal, wie das Ergebnis in Melbourne ist, wir haben noch einen langen Weg vor uns, ehe wir an der Spitze kämpfen", gab Button, der an drei Tagen zum Einsatz kam, allerdings an. Neben den anhaltenden Kinderkrankheiten stellt vor allem die extrem enge Bauweise des Chassis das Ingenieursteam vor eine Herausforderung.

Gelingt McLaren noch der Anschluss?, Foto: Sutton
Gelingt McLaren noch der Anschluss?, Foto: Sutton

Revolution statt Evolution

Laut Button sei der radikale Schnitt jedoch nötig gewesen, um schlussendlich wieder das beste Team in der Formel 1 zu werden. Eine reine Evolution des Vorgänger-Autos hätte laut dem früheren Weltmeister nicht gereicht, um wieder ganz vorn anknüpfen und Mercedes Paroli bieten zu können. Immerhin scheint es McLaren und Honda gelungen zu sein, eine wirkliche automobile Revolution auf die Beine zu stellen.

"Es fühlt sich wie ein komplett anderes Auto an", bestätigte Kevin Magnussen, der für Fernando Alonso als Tester einsprang. "Es fühlt sich nicht an, als wäre es mit dem Vorgänger verwandt, es ist keine Evolution des letztjährigen Autos, es ist komplett anders." Dass es unrealistisch ist, dass der neue Bolide gleich von Beginn an allen um die Ohren fahren wird, wusste auch Magnussen: "Aber es ist eine sehr gute Basis. Es kann vielleicht etwas später in der Saison ein gutes Auto sein."

Die große Frage dabei lautet: Wie spät ist 'etwas später'? Je länger McLaren hinterherfährt, desto größer wird der Druck auf das ambitionierte Team. Dafür wird Big Boss Ron Dennis schon sorgen. Wohl wissend, dass er die Sponsoren und Superstar Alonso nicht ewig vertrösten kann. McLaren ist in der Tat traditionell dafür bekannt, eine hohe Entwicklungsrate an den Tag zu legen. Es dürfte allerdings noch eine ganze Weile dauern, bis die neue Zusammenarbeit mit Honda so geschmiert verläuft wie zuvor mit Mercedes.

McLaren-Honda Comeback als Timeline

Datum Ereignis
16.05.2013 McLaren und Honda geben Zusammenarbeit ab 2015 bekannt
01.10.2014Honda veröffentlicht das erste Bild seiner neuen Power Unit
14.11.2014 Erste Runden des McLaren-Honda Interimsautos MP4-29H in Silverstone
25./26.11.2015 Abu Dhabi Testfahrten: McLaren-Honda legt insgesamt nur 5 Runden zurück
29.01.2015Per Internet-Launch wird der neue McLaren-Honda MP4-30 präsentiert
01.02.2015 Test-Debüt des MP4-30 in Jerez: Alonso schafft nur 6 Runden
02.02.2015 2. Tag, Jerez: Erneut nur 6 Runden. Team zuversichtlich, Problem gelöst zu haben
03.02.2015 3. Tag, Jerez: Kühlwasserproblem verhindert mehr als 32 Runden
04.02.2015 4. Tag, Jerez: McLaren schafft insgesamt nur 79 Runden in Jerez
19.02.2015 1. Tag, Barcelona I: Probleme mit einem Siegel an der MGU-K. Vorzeitiges Ende
20.02.2015 2. Tag, Barcelona I: 59 Runden für Alonso - Team lobt bislang produktivsten Testtag
21.02.2015 3. Tag, Barcelona I: Reifenschaden und erneutes Auftreten der MGU-K-Probleme
22.02.2015 4. Tag, Barcelona I: Zweiter Wintertest endet nach Unfall von Alonso vorzeitig
25.02.2015 Alonso nach 3 Tagen aus Krankenhaus entlassen - kein Start bei letzten Tests
26.02.2015 1. Tag, Barcelona II: Hydraulik legt das Auto lahm, nur 7 Runden am Ende
27.02.2015 2. Tag in Barcelona II: 101 Runden von Button - bester Testtag für McLaren
28.02.2015 3. Tag in Barcelona II: Ein Ölleck macht Probleme, Kevin Magnussen kommt auf 39 Runden
01.03.2015 4. Tag in Barcelona II: Test-Finale, erneut Probleme. Nach 39 Button-Runden ist Feierabend