Für Mike Rockenfeller stehen die Tage der Entscheidung an, ob er nach dem schweren Norisring-Unfall rechtzeitig fit wird für das DTM-Rennwochenende in Russland. Bevor er mit seinen Kollegen nach Moskau reisen wird, soll ein Test im Audi-Simulator weitere Klarheit darüber bringen, ob er mit seinem Bruch im linken Mittelfuß einsatzfähig ist.

Die Crux dabei: Der linke Fuß ist der Bremsfuß in der DTM, auch bei Rockenfeller. Reicht die Kraft nicht aus oder sind die Schmerzen zu stark, müsste der frühere DTM-Champion gegebenenfalls umstellen und mit dem rechten statt dem linken Fuß bremsen.

"Schauen wir mal, wie es klappt", sagte Rockenfeller am Dienstag. "Natürlich ist das für mich die größte Herausforderung am Wochenende, das auf den Punkt zu bringen. Wir wissen ja, dass in der DTM Kleinigkeiten den Unterschied ausmachen."

Auch Auer hat Fuß

Der Bremsfuß war am Norisring nicht nur bei Rockenfeller ein Thema gewesen. Auf Mercedes-Seiten hatte sich Lucas Auer im Sonntagsrennen einen Krampf im linken Fuß zugezogen, musste in den Schlussrunden plötzlich mit rechts bremsen. Diese Umstellung führte zu einigen Fahrfehlern, die ihn am Ende sogar den Podestplatz hätten kosten können.

Doch Auer, bald erstmals im Formel-1-Auto unterwegs, hielt tapfer durch. "Wenn er das am Norisring hinbekommen hat, sollte ich das in Moskau auch hinkriegen", erwiderte Rockenfeller mit einem Lachen.

Gary Paffetts Mercedes war nur noch Schrott, Foto: LAT Images
Gary Paffetts Mercedes war nur noch Schrott, Foto: LAT Images

Links? Rechts? Egal?

Doch auch wegen der Auer-Angelegenheit hatte es Zweifel gegeben, wie sehr sich Rockenfellers Bruch im fünften Mittelfußknochen auswirken würde. Am späten Sonntagabend am Norisring hatte er in einem Interview mit der ARD gesagt, dass er nicht auf seinen linken Fuß angewiesen sei. "Zum Glück braucht man den linken Fuß eigentlich kaum im Rennauto, nur zum Losfahren", hatte Rockenfeller gesagt. "Ich denke, dass wir da eine Lösung finden, wenn alles optimal läuft."

Dabei nutzt Rockenfeller eben jenen linken Fuß, im in seinem DTM-Audi das Bremspedal sowie die Kupplung beim Start zu betätigen. Aber: Rocky kann es auch mit rechts. Im Audi R8 GT3-Boliden, früher in Audis LMP1-Auto und auch in der Corvette bei seinen US-Einsätzen nutzte er den rechten Fuß, um zu bremsen. Das lässt darauf hoffen, dass Rockenfeller auch im DTM-Auto das rechte Bein vermehrt nutzen kann.

"Im LMP1 habe ich auch immer mit rechts gebremst, das ist ein ähnliches Niveau wie in der DTM", sagte Rockenfeller auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Und im Vergleich zur Corvette ist es kein großer Unterschied. Da hatte ich im Nachhinein mehr Schmerzen unter dem Fuß, weil man da extrem hart bremsen muss und lange auf dem Pedal steht. Die Bremswege sind viel länger." In der GT3-Corvette kommen Stahlbremsen zum Einsatz, in der DTM die leistungsfähigeren aus Kohlefaser.

Norisring-Unfall: Paffett rutscht in Rockenfeller (00:59 Min.)

McLaren-Junior als Ersatzmann

Um mögliche Schmerzen nach dem Bruch zu minimieren, wurde für seinen linken Fuß eine Bandage angefertigt, die Sohle des Schuhs versteift und dieser insgesamt darauf angepasst. "Ich bin guter Dinge, dass ich fahren kann - und zwar so schnell wie mit einem gesunden Fuß", sagte Rockenfeller. Derzeit humpele er noch etwas und sei mit Krücken unterwegs. Auf den Renneinsatz habe dies aber keine Auswirkungen.

Nach der Session im Simulator wird Rockenfeller mit dem Rest des DTM-Trosses die Reise nach Moskau antreten. Die Trainings sollen dann letzte Zweifel darüber beseitigen, ob es für einen Renneinsatz reicht. "Davon mache ich es abhängig", erklärte er. "Ich sehe nichts, was das verhindern sollte. Außer ich habe plötzlich beim Fahren Schmerzen, die unerklärlich und nicht vorherzusehen sind. Dann muss man sich das auch ehrlich eingestehen."

Mike Rockenfeller war schnell klar, dass er sich etwas gebrochen hat, Foto: LAT Images
Mike Rockenfeller war schnell klar, dass er sich etwas gebrochen hat, Foto: LAT Images

McLaren-Junior als Ersatzmann

Als potenzieller Ersatzmann reist der junge Niederländer Nyck de Vries mit Audi nach Russland. Der Junior aus McLarens Formel-1-Team sammelte Ende 2016 bei einem Young Driver Test in Jerez erste Erfahrungen im DTM-Audi.

De Vries absolvierte vergangene Woche bereits einen Rollout mit Rockenfellers Audi, der komplett neu aufgebaut wurde auf Basis eines neuen Monocoques. Der innere Teil sei noch intakt gewesen, doch an der Außenhaut gab es einige Schäden, teilte Audi mit - wohl auch, weil der Mercedes von Gary Paffett nach seinem Mauereinschlag kaum noch Crash-Elemente an sich trug.

Testfahrzeug für Paffett

Bei Paffett kommt in Moskau ein ehemaliges Testfahrzeug zum Einsatz. Da der Einsatzmotor beim Unfall beschädigt wurde, hat der DMSB einem Motorenwechsel zugestimmt. Normalerweise muss ein DTM-Auto mit nur einem Antriebsaggregat durch die Saison kommen.

"Die Jungs haben unglaubliche Arbeit geleistet, um für Moskau ein anderes Chassis für mich vorzubereiten", bestätigte der Mercedes-Veteran. "Mein bisheriges Chassis ist in keiner so guten Verfassung und es wird lange dauern, bis es repariert ist." Paffett selbst hatte am Norisring keine ernsthaften Verletzungen erlitten.