Dreifachsieg für Zuffenhausen! Porsche hat den Auftakt der WEC-Saison 2024 in Katar gewonnen und damit den ersten Sieg eines LMDh-Autos in der Langstrecken-Weltmeisterschaft gefeiert.

Schlussfahrer Kevin Estre im #6 Werks-Porsche 963 (Kevin Estre, Andre Lotterer, Laurens Vanthoor) überquerte die Ziellinie unter Flutlicht nach 335 Runden (9:55 Stunden) als Erster vor zwei weiteren Prototypen des deutschen Sportwagenbauers. Für Porsche war es nach dem Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Daytona bereits der zweite Prototypen-Triumph im jungen Motorsport-Jahr 2024.

Porsche feiert Dreifach-Sieg in Katar

Der von Penske Motorsport eingesetzte #6 Porsche 963 zeigte vom fünften Startplatz aus eine blitzsaubere Leistung, mit Ausnahme eines späten Kontakts mit einem GT3-Lexus und einem kurzen Reparatur-Stopp, und führte das Rennen ab der zweiten Stunde durchgängig an.

Porsche hatte beim WEC-Debüt auf dem Losail International Circuit allen Grund zum Jubeln: Das Kundenteam Jota mit seinem #12 Porsche (Will Stevens, Callum Ilott, Norman Nato) belegte mit 33 Sekunden Rückstand den zweiten Platz auf dem Podium. Dem britischen Team um den früheren Audi-Motorsportchef Dieter Gass gelang es erfolgreich, den zweiten Werks-Porsche und Pole-Setter, die #5 mit Matt Campbell, Michael Christensen und Fred Makowiecki, mit einer Sekunde Abstand hinter sich zu halten.

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Porsches Sieger-Trio in der #6: Laurens Vanthoor, Andre Lotterer und Kevin Estre, Foto: LAT Images

Podest-Drama um Peugeot

Bei den Porsche-Festspielen im Wüstenstaat, die sich bereits nach starken Leistungen bei den Testfahrten zu Beginn der Woche, den Freien Trainings und der Pole durch Matt Campbell angekündigt hatten, erlebte Peugeot ein spätes Drama in der vorletzten Runde: Jean-Eric Vergne im #93 Peugeot 9X8 (Mikkel Jensen, Nico Müller, Jean-Eric Vergne) sah bis zuletzt wie der sichere Zweitplatzierte aus, bis der Franzose wenige Minuten vor dem Zieleinlauf ein Technik-Problem erlitt und auf Platz sieben zurückfiel.

Mit diesem bitteren Ausgang schickt Peugeot seinen aktuellen 9X8 in die Rente: Beim nächsten WEC-Rennen in Imola (21. April) wollen die Franzosen ein großes Technik-Update inklusive eines echten Heckflügels einführen. Das Schwesterauto mit der Startnummer #94 (Di Resta, Duval, Vandoorne) hatte nach einer frühen Startkollision keine Chance auf einen Podestplatz und lief mit 19 Runden Rückstand auf Platz 17 ein. "Die Rennstarts heutzutage gleichen einem Demolition Derby", stellte Ex-DTM-Champion Di Resta enttäuscht fest.

Neuer Kunden-Ferrari bestplatzierter 499P in Katar

Weltmeister Toyota und Le-Mans-Sieger Ferrari taten sich schwer in Katar. Völlig überraschend war der neue, privat von AF Corse eingesetzte #83 Ferrari 499P das bestplatzierte Auto des italienischen Sportwagenbauers. Robert Kubica, Robert Shwartzman und Yifei Ye im gelb lackierten Ferrari belegten den fünften Platz hinter dem einzigen LMDh-Cadillac mit der Startnummer #2 (Bamber, Lynn, Bourdais).

Für das ebenfalls von AF Corse betreute Ferrari-Werksteam gab es hingegen nichts zu holen. Der #50 Ferrari (Fuoco, Molina, Nielsen) hatte das Rennen in den ersten Runden nach einem starken Start von Miguel Molina angeführt, bis der Spanier eine Durchfahrtstrafe (Übertreten der weißen Linie beim Boxengasseneingang) kassierte und sich das Trio von diesem Rückschlag nicht mehr erholte - nur Platz acht.

Ähnlich enttäuschend lief es für die amtierenden Le-Mans-Sieger Alessandro Pier Guidi, Antonio Giovinazzi und James Calado im #51 Ferrari 499P: Platz 14, nachdem Pier Guidi in Folge einer frühen Kollision (Runde 57) mit einem GT3-McLaren die Heckpartie auf der Strecke verloren hatte und einen ungeplanten Boxenstopp einlegen musste.

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Bestplatzierter Ferrari in Katar: die #83 von AF Corse, Foto: Ferrari

Toyota: BoP-Befürchtungen haben sich bewahrheitet

Ferrari erlebte ebenso eine Pleite wie der amtierende Weltmeister Toyota, der 2023 sechs von sieben Saisonrennen gewann. Die Japaner hatten nach Veröffentlichung der Balance of Performance ohnehin ein schwieriges Wochenende erwartet, und so sollte es auch kommen. Der #7 Toyota GR010 Hybrid mit Neuzugang Nyck de Vries (P2 im Qualifying), Kamui Kobayashi und Mike Conway musste sich mit dem sechsten Platz begnügen.

Die #7 hatte ebenso einen Rundenrückstand auf den siegreichen Porsche, wie das Schwesterauto mit der Startnummer #8 (Sebastien Buemi, Brendon Hartley, Ryo Hirakawa), das sogar mit zwei Runden Rückstand auf dem zehnten Platz einlief. "Wir haben nicht die Pace, die anderen sind viel schneller", sagte der frühere Formel-1-Fahrer und Le Mans-Sieger Hartley.

So lief Mick Schumachers WEC-Debüt

In einem nur durch zwei Full-Course-Yellow-Phasen (Ferrari-Kollision und Teile auf der Strecke) unterbrochen Rennen erreichte der neue Alpine A424 bei seinem Renndebüt den neunten Platz. Der französische LMDh-Bolide mit der Startnummer #35 (Ferdinand Habsburg, Charles Milesi, Paul-Loup Chatin) erwischte das bessere Ende des Zwei-Wagen-Aufgebots. Der zweite Alpine mit Langstrecken-Debütant Mick Schumacher, Nicolas Lapierre und Matthieu Vaxiviere landete auf P13.

Schumacher legte bei seinem ersten WEC-Rennen 128 Runden am Steuer zurück und kam damit auf eine Fahrzeit von 3:42 Stunden. Mit einer Rundenzeit von 1:42.014 Minuten fuhr der Sohn des siebenmaligen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher zudem die schnellste Rennrunde seines Teams mit beiden Langstrecken-erfahrenen Teamkollegen aus Frankreich. Einen heiklen Moment erlebte Schumacher, als er den Alpine nach einem Ausrutscher über auf der Strecke verteiltem Kies geradeso von einem Mauereinschlag bewahren konnte.

Alpine mit Mick Schumacher bei den WEC-Testfahrten in Doha, Katar
Mick Schumacher gibt sein WEC-Debüt mit Alpine, Foto: LAT Images

BMW, Lamborghini und Isotta Fraschini hinten

Im Reigen der WEC-Neueinsteiger hinterließ Alpine den besten Eindruck, während BMW mit seinem bereits in der US-Sportwagenmeisterschaft IMSA erprobten BMW M Hybrid V8 leer ausging. Die stark besetzten #20 (Sheldon van der Linde, Rene Rast, Robin Frijns) und #15 (Dries Vanthoor, Raffaele Marciello, Marco Wittmann) kamen nicht über die Plätze 12 und 16 hinaus.

Ernüchternd verlief auch das Renndebüt des Lamborghini SC63 (Mirko Bortolotti, Daniil Kvyat, Edoardo Mortara) mit Rang 15. Das neue LMH-Hypercar von Isotta Fraschini, zwischenzeitlich mit einer 200-Sekunden-Boxenstopp-Strafe wegen eines technischen Vergehens belegt, markierte neben dem #38 Jota-Porsche unter anderem mit Jenson Button den einzigen vorzeitigen Ausfall in der Topklasse.

LMGT3-Klasse: Manthey-Porsche siegt

Manthey-Porsche hat seine Rückkehr in die WEC mit einem Sieg in der neugeschaffenen LMGT3-Kategorie eingeläutet. Für die amtierenden DTM-Champions triumphierten Alex Malykhin, der Deutsche Joel Sturm und Porsche-Werksfahrer Klaus Bachler aus Österreich im #92 Porsche 911 GT3 R.

Das Manthey-Trio lieferte sich über einen Großteil der Renndistanz einen engen Zweikampf mit dem #27 Aston Martin GT3 Vantage von Heart of Racing (James, Mancinelli, Riberas) und behielt nach 299 gefahrenen Runden mit 4,8 Sekunden die 911er-Nase vorn. Der zweite Manthey-Porsche fuhr im Feld der 18 GT3-Autos von neun Herstellern in Folge von mehreren technischen Schwierigkeiten nur hinterher.

Valentino Rossi: Podium bei WEC-Debüt knapp verpasst

Der neunfache Motorrad-Weltmeister Valentino Rossi verpasste das Podest als Vierter knapp, nachdem sich sein WRT-BMW-Team in der Schlussphase dem #777 Aston Martin von D-Station Racing (Mateu, Bastard, Sorensen) geschlagen geben musste. Rossi spulte im #46 BMW M4 GT3 (Al-Harthy, Rossi, Martin) 100 Runden bzw. 3:14 Stunden ab.

"Für mich bedeutet es den nächsten Schritt, jetzt in einer Weltmeisterschaft zu fahren", sagte Rossi, nachdem er den BMW auf P5 an Schlussfahrer Martin übergeben hatte. "Hier musst du den Verkehr mit den schnellen Hypercars managen. Es ist eine große Ehre, die Strecke mit all diesen Fahrern zu teilen." Per Reglement muss jedes GT3-Team in der WEC einen Fahrer der FIA-Kategorie Bronze, einen weiteren Silber/Bronze-Piloten, sowie maximal einen Profi (Platin/Gold) einsetzen.