19. August 2023 - An diesem Tag gewann Weltmeister Francesco Bagnaia zuletzt einen MotoGP-Sprint. Damals hatte er das Kurzrennen auf dem Red Bull Ring in Österreich noch völlig dominiert und seinen vierten Sieg im zehnten Sprint der MotoGP-Geschichte gefeiert. Anschließend fiel er aus diversen Gründen aber in ein Loch und Jorge Martin übernahm das Kommando. An diesem Samstag deutete nun lange Zeit vieles daraufhin, dass Bagnaia in Portimao endlich auch in einem Sprint wieder ganz oben stehen könnte - allerdings nur bis zum Beginn der neunten Runde.

Dann unterlief dem 27-jährigen Italiener nämlich ein folgenschwerer Fehler. Nachdem er früh im Sprint den ersten Platz übernommen und anschließend konstant mit 0,8 bis 1,2 Sekunden Vorsprung geführt hatte, musste er über die Kuppe hin zu Turn 1 einen heftigen Wackler abfangen. Das gelang zwar, doch Bagnaia konnte seine Ducati Desmosedici GP24 nicht mehr stark genug entschleunigen und kam von der Strecke ab. Er musste durch die Auslaufzone fahren und fiel bis auf Platz vier zurück, wo er schließlich auch ins Ziel kam. In seiner Medienrunde danach befragt, was passiert war, reagierte der amtierende MotoGP-Weltmeister ungewohnt selbstkritisch: "Ich habe es verkackt!"

Damit war also klar, dass sich Bagnaia selbstverschuldet um den (fast) sicheren Sprintsieg gebracht hatte. Eine mögliche Windböe, die ihn unerwartet erwischt haben könnte, oder ein potenziell zu hoher Reifendruck, der den Wackler verursacht haben könnte, waren vom Tisch. Doch was war denn genau passiert? Die Antwort ist überraschend: Der Spritverbrauch war das Problem.

Bagnaia erklärt: Benzinverbrauch beim Anbremsen nicht bedacht

"Ich habe mich gut gefühlt, attackiert und eine Lücke geöffnet, die ich dann verwaltet habe. Es war eigentlich alles perfekt. Ich habe dann allerdings nicht bedacht, wie viel Benzin ich verbrenne. Die erste Kurve ist hier nämlich etwas seltsam", beginnt Bagnaia seine Erklärung. Am Ende vom Start-Ziel fällt die Gerade in Portimao stark ab, es gilt einen großen Höhenunterschied zu bewältigen. Die Anbremszone zur ersten Kurve befindet sich genau in diesem Bereich und das Bergabfahren führt schließlich dazu, dass das Heck eines MotoGP-Bikes beim Bremsen in die Höhe steigt. Das war dem Ducati-Star zwar durchaus bewusst, allerdings vergaß er, dass das Heck im Rennverlauf durch den Spritverbrauch immer leichter wird, was es in der Anbremszone für Kurve eins noch instabiler macht.

Francesco Bagnaia hatte im Portimao-Sprint lange Zeit geführt, Foto: LAT Images
Francesco Bagnaia hatte im Portimao-Sprint lange Zeit geführt, Foto: LAT Images

"Das ist etwas, das ich berücksichtigen hätte müssen", erkennt Bagnaia. Einen Konzentrationsfehler sieht er jedoch nicht: "Ich war darauf fokussiert, meine Pace zu halten und den Vorsprung zu verwalten. In der letzten Runde davor war ich etwas langsamer und habe erneut gepusht, als ich die neue Lücke gesehen habe. So habe ich es in Katar auch gemacht [Dort gewann Bagnaia den Grand Prix, Anm.]. Um so konstant wie möglich zu sein, musst du immer gleich fahren. Und das hat heute gereicht, um diesen Fehler zu machen." Denn der Ducati-Pilot hätte seinen Bremspunkt im Rennverlauf natürlich anpassen müssen, um dem geringeren Gewicht im Heck entgegenzuwirken.

Da der gebürtige Turiner dies aber nicht tat, kam es in Runde neun eben zu besagtem Patzer. "Ich habe versucht, einen Sturz zu vermeiden, indem ich weitgehe, aber dadurch habe ich natürlich alles verloren. Ich wollte das Rennen dann nur noch beenden und so viele Punkte wie möglich mitnehmen", beschreibt Bagnaia, der sich weiterhin WM-Führer nennen darf. Sein erster Verfolger Jorge Martin liegt jedoch nur zwei Zähler zurück. Am Sonntag soll sich das ändern. "Ich weiß jetzt, was ich morgen bedenken muss. Ich werde am Heck einiges verändern, das wird morgen eine ganz andere Geschichte", kündigt er an.