Bruggi, seit drei Jahren kommentierst du die MotoGP bei ServusTV für die österreichischen Fans. Jetzt musst du aber auch hunderttausende deutsche Fans zufriedenstellen. Musst du dich dafür umstellen?
Christian Brugger: Ich bin kein Fan davon, sich irgendwie zu verstellen. Das Wichtigste ist, authentisch und natürlich zu bleiben. Natürlich hoffe ich aber, dass auch die deutschen MotoGP-Fans das gut finden, was ihnen "der Österreicher" erzählt. Die deutschen Zuschauer hatten in den letzten Jahren sicherlich eine harte Zeit und mussten viele Veränderungen bei Kommentatoren, Moderatoren, Experten oder TV-Sendern durchmachen. Ich hoffe, dass unsere Herangehensweise den Fans gefällt und dass ServusTV der neue Heimathafen für die MotoGP wird, in dem sich alle wohlfühlen. Und mit Alex Hofmann kommentiert ja ohnehin auch ein Deutscher mit mir alle Rennen.

Wie gut funktioniert denn dein Zusammenspiel mit Alex Hofmann nach drei Jahren?
Christian Brugger: Das Zusammenspiel zwischen Alex und mir könnte man als Liebe auf den ersten Blick bezeichnen. Wir verstehen uns nicht nur beruflich, sondern auch privat extrem gut und treffen uns auch im Winter mal. Wenn du dich beruflich so sehr schätzt, dann profitierst du auch vom jeweils anderen. In der Kommentatorenkabine ist nicht einer Chef und der andere nur Hilfsschani (österreichisch für Hilfsarbeiter/Aushilfe). Und wenn man sich dann auch privat auf dem Heimflug aus Fernost nach drei Tagen in der Sprecherkabine noch gut unterhalten kann, dann ist das echt Gold wert.

Wie wirst du dir die Aufgaben mit Alex aufteilen?
Christian Brugger: Ich bin wie bisher für den Lead-Kommentar zuständig und führe durch die Sendestrecken. Dabei habe ich immer ein Auge auf das Timing, die Positionen, die Startaufstellung und so weiter. Von Alex als Experten sollen die Bewertungen von Situationen kommen, die Meinung, das Erklären. Wenn zum Beispiel eine Zeitlupe von einem Sturz eingespielt wird, muss er die Ursache erklären. Ich hingegen muss dann die entsprechende Statistik parat haben. Hin und wieder bin ich auch der Stichwortgeber für eine seiner unzähligen Anekdoten aus der MotoGP.

Bei Eurosport hatte man immer wieder das Gefühl, dass die MotoGP im Programm nicht gerade den höchsten Stellenwert genießt. Wie würdest du den Stellenwert der Motorrad-WM bei ServusTV einschätzen?
Christian Brugger: Die MotoGP ist bei ServusTV das Top-Sportrecht. Wir haben auch andere Sport-Events im Programm wie Eishockey oder zuletzt die Australian Open, aber in kaum ein anderes Sportrecht investieren wir mehr Manpower und Aufwand als in die MotoGP. Darüber bin ich froh und hoffe, dass das lange so bleibt.

Wie viele Rennen werden Alex und du vor Ort kommentieren?
Christian Brugger: 2018 haben wir nur drei Rennen nicht vor Ort kommentiert und das wird auch 2019 in etwa so bleiben. Wenn Alex und ich nicht an der Strecke sind, dann kommentieren wir aus Salzburg. Ein ServusTV-Team aus Moderatorin und Experte wird aber bei allen 19 Rennen vor Ort sein, nur wir in der Kommentatorenbox bleiben eben ein paar Mal zu Hause.

Du bist jetzt seit drei Jahren im MotoGP-Paddock unterwegs. Was waren die einprägsamsten Erlebnisse für dich?
Christian Brugger: Du kannst das sicher bestätigen: Wenn man die MotoGP davor als "normaler Fan" verfolgt hat, dann aber plötzlich im Paddock arbeitet, erschließt sich dir eine völlig neue Welt. Einfach nur zu diesem inneren Kreis zu gehören, ist schön prägend. Ein Erlebnis, an das ich mich aber noch gut erinnern kann, war das allererste Mal an der Boxenmauer auf Start/Ziel in Katar: Wenn du zum ersten Mal realisierst, was da auf der Strecke tatsächlich abgeht und wie schnell die MotoGP-Bikes sind. Da bekomm ich heute noch Gänsehaut, wenn Alex und ich uns am Freitag die Trainings draußen an der Strecke anschauen. Diese perfekte Verschmelzung von Held und Höllengerät - das macht die Faszination MotoGP aus.

Zum Schluss bitte noch eine sportliche Einschätzung: Was erwartest du von der MotoGP-Saison 2019?
Christian Brugger: 2018 hatten wir einen dominanten Marc Marquez, aber dahinter eine extreme Dichte mit Wahnsinns-Rennen wie Assen oder Phillip Island. Alles deutet nun darauf hin, dass es sich nun noch enger zusammengeschoben hat. Ganz vorne könnten wir also einen Vierkampf zwischen Honda, Ducati, Yamaha und Suzuki sehen. Wenn daneben noch KTM das eine oder andere Mal in die Top-5 und Aprilia in die Top-10 fahren könnte, wäre alles wunderbar. Daneben gibt es auch in den Teams spannende Konstellationen, die für Zündstoff sorgen könnten. Da hätten wir etwa Marc und Jorge bei Honda, aber auch einen Petrucci, der stärker sein dürfte als von Ducati erwartet. Und dann gibt es auch noch Fahrer wie Iannone, die mit einer völlig neuen Situation zurechtkommen müssen. 2019 wird ein extrem cooles Jahr, weil es eine hohe sportliche Dichte geben wird, weil einige Helden die Seiten gewechselt haben und hoffentlich auch von KTM ein Schub nach vorne kommt.