Wie kam es zu den Rekordzeiten am letzten Tag?

Marc Marquez um 0,924 Sekunden schneller als auf seiner Pole-Runde im Oktober, Dani Pedrosa gar um 0,967 unter seiner Qualifying-Zeit und Valentino Rossi gar um 1,3 Sekunden - die Bestzeiten purzelten am Finaltag in Sepang. Das lag aber nicht ausschließlich am technologischen Fortschritt der Werke über den Winter, sondern zu einem großen Teil auch an den Reifen. Bridgestone nahm sich das Feedback der Fahrer aus der vergangenen Saison zu Herzen und zaubert den MotoGP-Assen 2015 wahre Wunder-Pneus an die Felgen. "Ich glaube, dass diese MotoGP-Saison die schnellste der Geschichte wird", sagte Bridgestone-Entwicklungschef Shinji Aoki schon vor dem Start. Mit einem Rekordjahr hinterließe der japanische Hersteller eine große Bürde für Nachfolger Michelin.

Wie sieht das generelle Kräfteverhältnis aus?

Rossi übte schon eifrig Sieges-Wheelies, Foto: Milagro
Rossi übte schon eifrig Sieges-Wheelies, Foto: Milagro

Am Donnerstag meinte Yamaha-Boss Lin Jarvis noch: "Unsere Lage in der Konkurrenzsituation (mit Honda) dürfte in etwa so aussehen wie gegen Ende des letzten Jahres." Damals war Yamaha mit Honda auf einer Stufe, nahm dem Erzirvalen in vier der letzten sechs Rennen sogar noch Punkte in der Hersteller-WM ab. Doch am Freitag sagte die Stoppuhr in Sepang etwas Anderes. Marquez und Pedrosa enteilten Lorenzo und Rossi, der warnte: "Marc und Dani sind über eine Runde etwas schneller als wir. Auch ihre generelle Pace ist besser. Das bedeutet, dass wir weiterhin hart arbeiten müssen, wenn wir sie schlagen wollen."

Zumindest von hinten braucht Yamaha vorerst keine Gefahr fürchten. Zwar waren Andrea Iannone und Andrea Dovizioso mit ihren Ducatis bei den schnellsten Runden im Spitzenfeld dabei, allerdings verwendeten sie bei ihren Topzeiten stets die weicheren Reifen, die Yamaha und Honda nicht zur Verfügung stehen. In der Rennpace fehlen Ducati auf den härteren Reifen noch einige Zehntel auf die beiden japanischen Motorrad-Giganten. Daran wird wohl auch die neue GP15, die Ducati in Sepang II zum ersten Mal einsetzt, nicht genug ändern können.

Wie kam Stefan Bradl zurecht?

Sehr gut! Unter allen Fahrern auf Open-Motorrädern war Bradl in Sepang der mit Abstand beste. Der Forward-Neuzugang bewies an allen drei Tagen Top-10-Potenzial und war auf eine schnelle Runde in etwa auf dem Niveau von Bradley Smith auf der Factory-Yamaha. Im Longrun konnte er mit Suzuki und Pramac weitere Prototypen hinter sich halten. Die Abstimmungsarbeit mit der Einheitselektronik verlief ebenfalls zur Zufriedenheit des Deutschen. "Bradl hat beim Test bisher einen guten Job gemacht und es sieht aus, als wären wir erneut konkurrenzfähig", lobte Yamaha-Boss Lin Jarvis.

Sind Suzuki und Aprilia schon in Form?

Suzuki schon, Aprilia nicht. Die Japaner erlebten drei Testtage ohne platzende Motoren oder andere herbe technische Defekte. Aleix Espargaro konnte sowohl bei den Einzel- als auch den Longrunzeiten am letzten Tag an den Top-10 kratzen, Maverick Vinales seinen Rückstand auf den erfahrenen Teamkollegen von Mittwoch auf Freitag halbieren. Bringt das angekündigte Motor-Update noch das eine oder andere Zehntel, könnte Suzuki schon in Katar um einen hinteren Top-10-Platz kämpfen. Mehr hatte man sich in Japan nach dem verpatzten Wildcard-Wochenende in Valencia ohnehin nicht mehr erhofft.

Melandri hatte ein Abo auf letzte Plätze, Foto: Milagro
Melandri hatte ein Abo auf letzte Plätze, Foto: Milagro

Verzwickter ist die Lage bei Aprilia. An jedem der drei Tage lag eine der italienischen Maschinen auf dem letzten Rang, Stammpilot Marco Melandri fehlen auf den Speed der Top-15 zwei bis zweieinhalb Sekunden und selbst Alvaro Bautista, der am Mittwoch gar nicht so schlecht aussah, konnte sich binnen drei Tagen nur um mickrige drei Zehntelsekunden steigern. Aprilia betont zwar immer, 2015 als Versuchsjahr zu sehen, doch außerhalb der Punkteränge hinterher zu krebsen gereicht den hohen Ansprüchen eines Konzerns wie Piaggio sicher nicht.

Gab es große Überraschungen?

Positive Überraschungen gab es kaum. Eine negative war sicherlich Aprilia. Aber auch einige Neuzugänge kamen mit ihren neuen Motorrädern noch nicht so zurecht wie erhofft. Vor allem Cal Crutchlow und Scott Redding waren mit ihren Factory-Hondas noch nicht auf dem Tempo, das man im Vorjahr etwa von Stefan Bradl bei Testfahrten gewohnt war. Auch Hondas neues Open-Motorrad entpuppte sich bislang noch nicht als der große Wurf. Ohne HRC-Elektronik und ohne das stufenlose Getriebe ist das Weltmeister-Bike von Marquez um einiges zahnloser. Allerdings geht ein Teil der rund zweieinhalb bis drei Sekunden sicher auch auf die Kappe der Fahrer - bei allem Respekt sind Nicky Hayden, Eugene Laverty, Jack Miller und Karel Abraham um eine bis zwei Stufen unter dem Champion anzusiedeln.

Wie schlugen sich die vier Rookies?

Maverick Vinales war der überzeugendste Rookie, Foto: Milagro
Maverick Vinales war der überzeugendste Rookie, Foto: Milagro

Loris Baz, Eugene Laverty und Jack Miller fiel der Einstand noch etwas schwer. Auf ihren Open-Bikes spulten zwar alle brav ihre Runden ab, doch bei all der Einstellungsarbeit und der Gewöhnung an ganz neue Fahrlinien konnte das Trio noch nicht wirklich auf die Jagd nach schnellen Zeiten gehen. Zumeist fanden sich Baz, Laverty und Miller an den drei Tagen daher außerhalb der Top-20. Besser lief es bei Maverick Vinales, der von Tag zu Tag nicht nur auf seinen Teamkollegen Aleix Espargaro aufholte, sondern auch im Tagesklassement immer höher kletterte.