Die deutsche Motorradnation trägt Trauer. Denn mit Stefan Kiefer hat sie eine ihrer Schlüsselfiguren verloren. Jener Mann, der sein ganzes Herzblut in seinen WM-Rennstall steckte, verstarb völlig überraschend in Sepang im Alter von nur 51 Jahren.

Stefan Kiefer verstorben: Erinnerungen an sein Lebenswerk (01:00 Min.)

Es ist ein schwerer Schlag für die gesamte deutschsprachige Szene, denn Kiefer Racing stellte nicht nur seit 2003 eine feste Größe im WM-Zirkus dar, sondern war auch stets eine wichtige Anlaufstelle für Talente aus Deutschland und der Schweiz.

Stefan Bradl wurde unter den Fittichen von Stefan Kiefer zum Weltmeister geformt und stemmte 2011 die Moto2-Trophäe. Florian Alt, Toni Finsterbusch oder Luca Grünwald bekamen von Kiefer ihre Chance auf den Einstieg in die Moto3-Weltmeisterschaft. Zuletzt war der Schweizer Dominique Aegerter für die deutsche Truppe unterwegs.

Großer Förderer des Nachwuchs

Aber auch unterhalb der WM gab Kiefer Gas und kümmerte sich um den heimischen Nachwuchs: Als der ADAC im Vorjahr mit dem "Northern Europe Cup" die Talentförderung in die Hand nahm, war Kiefer sofort mit vier Motorrädern am Start - und mit vier deutschen Hoffnungen.

Eine löbliche Aufgabe, denn Geld gibt es auf nationaler Ebene keines zu verdienen. Kiefer lag der heimische Nachwuchs sogar so sehr am Herzen, dass er in den schwersten Zeiten - als sein Team in der Moto3 jahrelang außerhalb der Punkteränge hinterherfuhr - mangels Sponsorengeldern Privatvermögen in die Hand nahm, um den WM-Betrieb weiter zu finanzieren.

Dieses Leid klagte Stefan Kiefer mir im Frühsommer 2013 - bei einem der ersten MotoGP-Rennen, die ich für Motorsport-Magazin.com besetzen durfte. Fast eine Stunde quatschten wir damals abends in der spartanischen Hospitality und ich hatte sofort das Gefühl: Diesem Mann liegt der deutsche Nachwuchs wirklich am Herzen.

Erinnerungen an Stefan Kiefer

Dieses Gefühl enttäuschte Kiefer in den darauffolgenden Jahren nie. Selbst als die Geldsorgen mit dem Einstieg des millionenschweren Sponsors Leopard 2015 und 2016 endlich vorbei waren. Denn in genau diesen Zeitraum fällt das große Investment in die nationale Nachwuchsklasse.

Unvergessen bleibt mir auch die Pressereise im Februar 2016 in das Hinterland Umbriens. Leopard Racing hatte zur Teampräsentation eingeladen und ich durfte bei der Rückreise zum Fiumicino Airport am Beifahrersitz neben Stefan Platz nehmen. Weil unser Navi den Geist aufgab und die unzähligen Umleitungen wegen diverser Baustellen selbst Google Maps überforderten, mussten wir uns wie Fährtenleser in dem nicht gerade dicht besiedelten Gebiet unseren Weg auf die Autobahn suchen. Gerade so schafften wir es noch rechtzeitig - Kiefers früherer Erfahrung als Rennfahrer sei Dank.

Wie es nun mit dem Konstrukt Kiefer Racing weitergeht, ist unklar. Denn die Rollen beim Gebrüderpaar Kiefer waren klar verteilt: Jochen kümmerte sich um die technische Komponente, Stefan um das organisatorische. So verhandelte er mit Sponsoren und Fahrern, buchte die Reisen seiner Truppe und gab stets bereitwillig Interviews.

Einen Mann von diesem Kaliber und mit diesem Enthusiasmus kann man nicht ersetzen. Daher ist Stefan Kiefers unerwarteter Tod ein gewaltiger Schicksalsschlag für die gesamte deutsche Nachwuchsszene.

Ruhe in Frieden, Stefan!