Der polnische Medienwald steht Kopf: "Endlich! Ein Pole startet in der Formel 1", titelte der Super Express am Mittwoch. Keine 24 Stunden zuvor hatte das BMW Sauber Team die Bombe platzen lassen: Robert Kubica sitzt in Ungarn im zweiten Stammcockpit neben Nick Heidfeld. Jacques Villeneuve muss das Rennen wegen der Nachwirkungen seines Hockenheim-Unfalls auslassen.

"Das traf uns wie ein Blitz aus heiterem Himmel", war selbst Kubicas Manager Marcin Czachorski überrascht. "Die Freude ist riesig, aber wir verlieren nicht den Kontakt zur Wirklichkeit. Am wichtigsten ist, dass sich Robert endlich seinen Traum erfüllt, und dass das Team keinen Ersatz für Villeneuve von außen sucht."

Kein Superstar

Robert mag den vielen Rummel nicht..., Foto: Sutton
Robert mag den vielen Rummel nicht..., Foto: Sutton

Spätestens jetzt ist Kubica in seiner Heimat das, was er gar nicht sein möchte: Ein Superstar. "Ich bin kein Superstar und möchte auch keiner werden", verriet er vor einigen Wochen im Gespräch mit motorsport-magazin.com. "Alle die mich kennen wissen, dass ich nicht unbedingt gerne berühmt sein möchte und ich versuche so zu bleiben wie vor fünf Jahren. Allerdings wird das Interesse automatisch größer, wenn man gute Ergebnisse einfährt. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen berühmt und zu berühmt. Das liegt allerdings nicht unter meiner Kontrolle. Ich möchte lieber eine gute Leistung auf der Strecke bringen als nur berühmt zu sein."

Mit der Presse hat er dabei schon schlechte Erfahrungen gemacht. "Im letzten Jahr verfolgte man meine Rennen ganz genau und ich holte Siege und daher wurden hohe Erwartungen geschürt. Sie haben auch ein paar Sensationsmeldungen verbreitet, oft gab ich Interviews und man hat mir die Worte verdreht. Das Publikum dachte, ich würde gewisse Dinge sagen, dabei war das komplett falsch."

Überhaupt mag Robert den gesamten Rummel und die Show rund um die Königsklasse nicht - selbst der Glamour-GP schlechthin in Monaco war für ihn "nichts Besonderes". "Ich bin kein Showman, ich bin ein Rennfahrer. Niemand wird künftig sehen, dass ich meine Persönlichkeit ändern werde. Ich sehe keinen Grund, warum ich mich ändern sollte. Ich bin froh, so wie ich bin."

Der beste Freund eines F1-Piloten...

So wie er ist, hat er es in die Formel 1 geschafft und dort viel Lob für seine Einsätze als Freitagstestfahrer eingeheimst. Dabei hat ihm seine Nationalität gar nicht einmal so viel geholfen. "Meine Nationalität war nicht gerade eine Hilfe", verrät er. "Es waren schon einige sehr harte Jahre dabei, in denen wir in Polen nach Sponsoren suchen mussten. Eigentlich hatten wir nie richtige Unterstützung." Stattdessen wurde er von den Engländern und Deutschen als "Exot" belächelt. Seinen Humor hat er aber nicht verloren. "Es gibt ein Sprichwort: Wenn du als Formel-1-Fahrer einen Freund im Fahrerlager haben willst, musst du dir einen Hund kaufen!"

Oder wie Robert mit guten Leistungen überzeugen. Überrascht haben ihn seine Freitagsbestzeiten nicht. "Es klingt vielleicht etwas komisch, aber ich konnte nur die Menschen überraschen, die mich nicht kannten", sagte er gegenüber motorsport-magazin.com. "Ich habe schon oft gezeigt, dass ich in neuen Serien von Anfang an konkurrenzfähig bin. Das ist eine meiner positiven Eigenschaften."

Dazu gehört es auch neue Kurse schnell zu lernen und wie in Kanada auf Anhieb Bestzeit zu fahren. "Es ist für mich nicht wichtig der Schnellste zu sein", gibt sich Robert bescheiden. "Es geht darum gute Arbeit zu leisten. Das Team kennt meine Leistungsfähigkeit und meinen Fahrstil. Da spielt es keine Rolle, ob ich Erster oder Fünfter bin. Natürlich ist es besser ganz vorne zu stehen, aber es ist nicht entscheidend."

Roberts starke Leistungen entgingen niemandem in der F1., Foto: Sutton
Roberts starke Leistungen entgingen niemandem in der F1., Foto: Sutton

Wann also ist Robert so richtig zufrieden? "Ich bin zufrieden, wenn das Auto gut ausbalanciert ist und wir eine gute Leistung zeigen", ist er ganz der Teamplayer, wie ihn sich jeder Teamchef oder Motorsportdirektor wünscht. "Als Testfahrer geht es nicht nur um den puren Speed. Man muss gutes Feedback geben und ich bin zufrieden, wenn wir einen Fortschritt erzielen können. Dann spüre ich, dass ich nicht umsonst hier bin, sondern etwas bewirken kann."

Weiß-Blauer Rohdiamant

In Ungarn darf er nun erstmals auch am Samstag und Sonntag etwas bewirken. Selbstzweifel hegt er vor seinem Renneinsatz nicht. "Warum sollte ich es nicht schaffen? Wir haben bei den Tests und an den ersten Freitagen bewiesen, dass unser Speed nicht schlecht ist und die Konstanz ebenfalls vorhanden ist", sagte er uns bereits vor der Bestätigung seines Ungarn-Einsatzes. "Es ist natürlich ein großer Unterschied Einatz- statt Testpilot zu sein, aber ich bin 11 Saisons lang gefahren. Ich weiß was zu tun ist. Die F1 ist selbstverständlich noch einmal etwas anderes, aber ich habe Rennerfahrung."

Trotzdem gesteht er ein: "Bevor ich nicht einige Rennen gefahren bin, kann man nicht sagen, ob ich absolut bereit und rennreif bin." BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen ist davon aber überzeugt. "Robert hat bislang sowohl bei den Testfahrten als auch freitags an den Rennwochenenden einen exzellenten Eindruck hinterlassen. Jetzt werden wir sehen, wie er sich in einem Formel-1-Rennen behauptet." Eine Entscheidung über die Cockpitvergabe für 2007 sei damit aber noch nicht gefallen - obwohl es für BMW Sauber natürlich eine glückliche Fügung ist, dass man den "Rohdiamanten" nun bereits einmal unter Rennbedingungen testen kann.

Darauf freut sich auch Marc Surer: "Kubica ist ein Supertalent auf dem Niveau von Alonso und ein starker Testfahrer, ob er auch ein guter Einsatzfahrer ist, muss sich zeigen." Und zwar schon am kommenden Wochenende beim Großen Preis von Ungarn.